Neue Mitarbeiter und Auszubil­dende erhalten einen Flyer. 
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Wagner System | Langfassung

Fairplay (nicht nur) im Pausenraum

Fairer Umgang ist bei Wagner zentral – egal, ob es um Menschen mit Behinderung, Kollegen mit Migrationshintergrund oder um Meinungsverschiedenheiten geht. Mit dem Siegel „Fairplay@WAGNER“ hat dieser Anspruch einen offiziellen Charakter bekommen.    

Ellen Wagner führt gemeinsam mit ihrem Bruder Ulrich das Familienunternehmen Wagner System GmbH, das in Lahr im Schwarzwald Alltagsprodukte wie Türstopper, Möbelgleiter, Transporthilfen, Pflanzenroller und Wandhaken anbietet.  

Das Roll-Up erinnert in der täglichen Arbeitsumgebung daran, welche Werte im Unternehmen geteilt werden.
Das Roll-Up erinnert in der täglichen Arbeitsumgebung daran, welche Werte im Unternehmen geteilt werden. (Quelle: Wagner System)

Ist Wagner divers aufgestellt?

Ellen Wagner: Wir haben nicht den Anspruch, eine Quote zu erfüllen, weder eine Frauenquote noch eine Behindertenquote oder religiöse Anteile. Auf der anderen Seite sehen wir tatsächlich immer wieder, wenn wir unsere Statistiken anschauen, dass wir zu 50 Prozent weiblich und zu 50 Prozent männlich sind. Wir haben viele Frauen in Führungspositionen. Auch Team- oder Gruppenleiterfunktionen sind nicht männlich dominiert. Mindestens ein gleichwertiger Anteil an Kolleginnen und Kollegen hat einen Migrationshintergrund. Außerdem sind wir altersmäßig sehr ausgewogen aufgestellt, etwa die Hälfte der Belegschaft ist im Alter bis 30 Jahre und die andere Hälfte über 30 Jahre alt bis zum Rentenalter. Ich frage auch niemanden, welcher Religion er angehört oder welche politische Einstellung er hat. Kurz: Wir sind im besten Sinne divers.

 

Sie sind mehrmals als behindertenfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet worden. Ist das bei Ihnen schon lange ein Thema?

Das Thema begleitet uns schon ewig. Das war schon in den Anfängen des Unternehmens so, also vor fast 50 Jahren. Zahlreiche Mitarbeiter mit Einschränkungen sind Teil unseres Teams. Alle haben ihren Platz im Unternehmen gefunden. Das sind Kolleginnen und Kollegen, die wir uns nicht wegdenken können, sie sind für uns unverzichtbar. Auch für die Menschen ohne Behinderung ist die Zusammenarbeit ein Gewinn, denn man bekommt eine andere Perspektive vermittelt. Wir lassen zum Teil auch in Werkstätten fertigen, damit die Einrichtungen am Leben erhalten werden können.

 

Gibt es dabei auch Herausforderungen?

Klar. Zum Beispiel für neue Mitarbeiter, die erstmals damit konfrontiert werden und noch gar nicht wissen, wie sie mit Kolleginnen oder Kollegen mit Handicaps umgehen sollen. Da muss man dann schon für entsprechende Informationen sorgen. Wir können außerdem nicht erwarten, dass behinderte Kolleginnen und Kollegen die gleiche Leistung bringen wie Mitarbeiter ohne Einschränkungen. Es kann auch sein, dass ein Mensch mit Behinderung eine schlechte Phase hat. Das kann von der Jahreszeit abhängen oder von familiären Situationen. Da muss man sie oder ihn auch privat begleiten oder man muss sich Hilfe holen. Wir haben eine tolle Betreuung durch den Integrationsfachdienst. Sie beraten uns, schauen aber auch mit uns gemeinsam, wie die Kollegen im Moment gerade aufgestellt sind. Geht es ihnen gut? Stimmt alles am Arbeitsplatz? Ist die Psyche stabil? Wenn es ein Problem gibt, dann sind sie immer ansprechbar. Auch unsere Personalabteilung ist hier involviert. Unsere Teamleiterin Stefanie Roth ist Ansprechpartnerin Nummer 1 geworden, sie hat sich in dieses Thema eingearbeitet. Es ist eine Herzensangelegenheit für sie. Gemeinsam finden wir dann die passende Lösung.

So haben wir beispielsweise einen Kollegen, der autistisch veranlagt ist. Für ihn haben wir einen Einzelarbeitsplatz eingerichtet. Wir können ihn nicht in eine Teamarbeit integrieren, das funktioniert nicht. Er braucht seinen eigenen Platz und es muss immer der gleiche Arbeitsablauf sein. Auch das sind Dinge, auf die man sich einstellen muss.

 

Sie sagten, sie beschäftigen auch viele Menschen mit Migrationshintergrund?

Ja. Wir haben Bedarf an Menschen aus allen Nationen, mit allen Qualifikationen. Wir müssen sie hier in Deutschland integrieren, wenn wir uns nicht nur auf Robotik oder Digitalisierung verlassen wollen.

Wir haben irgendwann gesagt, es geht hier aber nicht nur um die Integration von ausländischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, es geht grundsätzlich um ein faires Miteinander, egal woher ich komme, wie alt ich bin, welche Hautfarbe ich habe oder welches Geschlecht, welche Religion. Egal welche Ansichten man privat hat, wir müssen uns auf eine Basis einigen und auf Prinzipien, die alle teilen. Und wer die nicht teilen kann, ist bei uns langfristig nicht richtig. In einer Arbeitsgruppe haben wir diese Grundwerte für uns definiert und sie dann unter dem Siegel „Fairplay@WAGNER“ zusammengefasst.

 

Seit wann gibt es das?

Seit 2021. Damals haben wir gesagt, wir brauchen jetzt eine Form dafür, einen offiziellen Charakter. Inoffiziell kann ich natürlich immer viel verkünden und sagen, ich will hier ein faires Miteinander, und wenn jemand ein Problem hat, dann meldet er sich bitte. Ich kann viel verschriftlichen, aber ich muss es natürlich auch kommunizieren. Deshalb haben wir in allen unseren Pausenräumen große Roll-Ups mit den Regeln für ein faires Miteinander stehen. Jeder neue Kollege und jede neue Kollegin erhält zudem ein kleines Handout mit unseren Werten.

Wer bei uns arbeitet, der muss sich committen. Das fängt damit an, dass wir keine Gewalttätigkeiten dulden. Auch das kann es im betrieblichen Alltag geben. Da muss man vorher schon eingreifen oder zumindest erkennen, dass es ein Problem gibt. Dafür sind regelmäßige Meetings gut. Wenn ein Team- oder Gruppenleiter Spannungen erkennt, kann er einschreiten. Denn Gewalt geht gar nicht. Das betrifft auch Mobbing, also psychische Gewalt.

Wir haben im Zuge dessen Ansprechpartner definiert, aus ganz verschiedenen Bereichen, damit es für jeden eine Person gibt, bei der man sich gut aufgehoben fühlt. Wenn man merkt, dass es irgendwo brennt, können wir einschreiten. Aber dafür brauchen wir Hinweise. Inzwischen haben wir Postkästen im Eingangsbereich, da darf man neben seiner Personalpost auch Hinweise einwerfen, wenn man etwas bemerkt hat, nicht gefällt oder man Angst vor etwas hat.

Natürlich kommt es auch einmal vor, dass wir uns die Meinung sagen. Trotzdem müssen wir uns gegenseitig respektieren. Und dazu gehört ein entsprechender Umgang. Eigentlich sind das alles Selbstverständlichkeiten. Aber manchmal ist es dann eben doch nicht so. Wir tolerieren uns gegenseitig, egal welche Ansichten man hat. Das hat erst einmal für unseren Arbeitsalltag keine Bewandtnis, außer es braucht vielleicht Sonderregeln. Dafür muss ich dann alle an Bord holen.

„Fairplay @WAGNER“ 

Unter dieser Überschrift hat eine Arbeitsgruppe unternehmens­interne Grundsätze für alle Kolleginnen und Kollegen zusammengefasst. Dabei geht es um Respekt, Fairness, Vertrauen, Offenheit, Ehrlichkeit, Wertschätzung, Toleranz, Gewaltfreiheit, Gleichstellung sowie den Umgang mit digitalen Medien und in sozialen Netzwerken. Die Belegschaft wird in einer Broschüre und mittels Roll-Ups dazu aufgefordert, für diese Werte einzustehen und sie einzufordern. Dafür steht ein Fairplay-Team mit Ansprechpartnern aus verschiedenen Bereichen zur Verfügung. 

Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 4/2024

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