Man hat sich ja irgendwie schon an diesen Satz gewöhnt: Wir leben in unruhigen Zeiten. Nur weil es ein Gemeinplatz ist, ist es nicht weniger wahr.
Erst die Pandemie, dann der Krieg und schließlich die Rezession haben auch die DIY-Branche kräftig durchgeschüttelt, und auch die „Wirtschaftspolitik“ der Zöllner im Weißen Haus bleibt nicht ohne Folgen für die Welt des Home Improvement.
Der Satz, dass alles zwei Seiten hat, ist ebenfalls nicht weniger wahr, nur weil es ein Gemeinplatz ist. Die Erschütterungen der Baumarktlandschaft bringen nämlich auch Gewinner hervor. Aktuell heißt einer von ihnen Obi.
Vor drei Jahren noch gebeutelt wegen der verlorenen russischen Märkte und Umsätze, dann von Bauhaus auf dem deutschen Markt überholt, setzt der größte deutsche Baumarktbetreiber zum Umsatzsprung an – mit einer Strategiewende um 180 Grad, die Sebastian Gundel eingeleitet hat: Obi hat das Franchising wiederentdeckt.
Fast drei Jahre nach dem Schwenk entfaltet die Strategie ihre Wirkung: Obi meldet einen Franchisenehmer-Zugang nach dem anderen. Ein Grund, den die neuen Franchiser, die aus der Hagebau gewechselt sind, nennen: Sie trauen Obi mehr Kompetenz in Sachen Omnichannel zu.
Die Hagebau-Führung steuert gegen – mein Interview mit Frank Staffeld dreht sich unter anderem darum. Dabei stand die Hagebau in Sachen Onlinehandel schon einmal viel besser da, als sich Obi 2008 nach acht Jahren aus dem Joint Venture mit Otto verabschiedet und die Hagebau diesen Platz eingenommen (und just in diesem Jahr den ersten Wechsel eines Obi-Franchisenehmers zur Hagebau angekündigt) hat. Das hat Obi später korrigiert und ab 2017 massiv in die Digitalisierung investiert.
Auch in seiner Franchise-Politik bleibt Obi beweglich. In der Schweiz werden die ehemals von der Migros betriebenen Standorte wieder in Eigenregie von der Zentrale betrieben.
Die Schweiz ist ja auch so ein Markt in Bewegung, dem gerade eine ganze Vertriebslinie abhandenkommt. Vor einem Jahr habe ich darüber berichtet, wie die Migros ihre Kette Do it + Garden mit einem neuen Konzept wieder flott bekommen wollte. Ob das Thema „selbstgemachte Lebensfreude“ das richtige war, lässt sich diskutieren. Was man sicher sagen kann: Der angestrebte Relaunch kam zu spät.
Ein Großteil der Standorte wird nun aus dem DIY-Markt des Landes verschwinden (auch dazu gibt es einen Beitrag in diesem Heft). Das hat nicht die Dimension der Praktiker-Pleite 2013, als ein hohes Umsatzvolumen aus dem DIY-Handel zunächst in andere Handelsbranchen…