„Burnout am Markt“

Verbände wollen mehr Sozialwohnungen durch niedrigere Standards

Allein in Berlin fehlen 35.000 Wohnungen. (Quelle: Pexels)
Allein in Berlin fehlen 35.000 Wohnungen. 
06.02.2025

In Deutschland fehlen derzeit rund 550.000 Wohnungen, allein in Berlin: 35.000 Wohnungen. Diese Zahl hat das auf den Wohnungsmarkt spezialisierte Pestel-Institut ermittelt. Sein Chef-Ökonom Matthias Günther spricht von einem „chronischen Burnout am Sozialwohnungsmarkt“. Konkret müssen bis 2030 nach Berechnungen des Instituts pro Jahr mindestens 210.000 Sozialwohnungen neu geschaffen werden (Berlin: 30.000) – vor allem per Neubau, aber auch durch den Ankauf und die Verlängerung von Belegungsrechten. Nur so könne es gelingen, in fünf Jahren die Zielmarke von zwei Millionen Sozialwohnungen zu erreichen. Das wären rund 930.000 mehr als heute. „Würde der Staat die Menschen, die einen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, tatsächlich versorgen, dann wären bundesweit sogar rund 5,6 Millionen (Berlin: 840.000) Sozialwohnungen notwendig“, so Günther.

Das Pestel-Institut hat zusammen mit dem Bauforschungsinstitut Arge (Kiel) des Landes Schleswig-Holstein eine Studie zur Lage auf dem Wohnungsmarkt vorgestellt: „Das Bauen und Wohnen in Deutschland sozial neu justieren“ – so der Titel der Untersuchung, die die beiden Institute im Auftrag des Bündnisses „Soziales Wohnen“ gemacht haben. In dem Bündnis haben sich der Deutsche Mieterbund (DMB), die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) und die Bau-Gewerkschaft (IG Bau) zusammengeschlossen, ebenso die Bundesverbände der Mauerstein-Industrie und des Baustoff-Fachhandels (BDB).

Die Institute plädieren für ein Absenken der Baustandards, um Sozialwohnungen günstiger bauen zu können. „Die reinen Baukosten bei Sozialwohnungen lassen sich um bis zu einem Drittel senken. Unterm Strich würde die bisherige vom Staat gezahlte Fördersumme von gut 3.200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche sogar ausreichen, um damit den Bau von Sozialwohnungen komplett zu finanzieren. Alles, was Sozialwohnungen darüber hinaus kosten, geht in ‚Nice-to-have-Extras‘“, meint Arge-Chef Prof. Dietmar Walberg.

Dazu zählen nach Ansicht von Arge zum Beispiel zu viel Wand- und Deckenstärken, dreifach verglaste Fenster, „überzogener“ Klima- und Lärmschutz, Kellerräume und auch Tiefgaragenplätze. Wichtig dabei sei jedoch, dass „der ‚Sozialwohnungsbau im Sparmodus‘ die geltenden Bauvorschriften auf Punkt und Komma berücksichtigt und gleichzeitig noch einen Beitrag zur Baukultur leistet“. 

 

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