Der Markt für Outdoor Adventure wächst. Was in Amerika schon länger Thema ist, schwappt mehr und mehr auch über den großen Teich nach Europa – das hat auch die diesjährige Spoga+Gafa aufgegriffen und hat dem Thema einen eigenen Bereich gewidmet. Petromax-Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Jürgen Herr sieht darin Chancen für den Gartenmarkt und hat mit diy darüber gesprochen.
Wie wird sich der Markt für Outdoor Adventure Ihrer Meinung nach entwickeln?
Hans-Jürgen Herr: Wir setzen beim Outdoor Adventure mit Petromax auf einen globalen Trend auf. Die Outdoor-Branche befindet sich in einem langfristigen Aufwärtstrend. Die Steigerungen in den vergangenen Jahren sind stabil. Besonders spannend ist das intensive Interesse der Verbraucher an allen Facetten dieses tollen Themas.
Neben den etablierten Outdoor-Segmenten wie Wandern oder Campen haben wir es bei Outdoor Adventure mit einem völlig neuen Bereich zu tun. Outdoor ist nicht mehr nur wetterfeste Kleidung, strapazierfähiges, leichtes Gepäck oder auch Camping-Ausrüstung. Bisher wurde Outdoor oft nur als Teilsegment des Sportartikelmarkts gesehen. Outdoor Adventure umfasst alle Abenteuer in der Natur – wie die konkret aussehen, ist ganz unterschiedlich. Für den einen ist es eine Offroad-Tour, für den anderen wird die Abenteuerlust mit einer Feuerschale im Garten gestillt. Der Tourismus, die Mode und sogar die Autobranche stellen sich inzwischen auf dieses vielseitige Thema ein.
Woher kommt das Wachstum? Und wieso gerade jetzt?
Wir sehen hier den Zeitgeist, der durch und nach Corona entstanden ist. Seit den Pandemiejahren entdecken die Menschen die Natur in ihrer Nähe oder auch direkt hinter ihrem Haus neu. Die Menschen wollen raus – eine Markt- und Verbraucheranalyse hat uns das bestätigt. Wir denken, wir stehen am Beginn eines sehr großen Trends, der die wilde Natur in den Fokus rückt und sie zu den Menschen nach Hause holt.
Was suchen die Menschen?
Das ist sehr vielfältig. Diese Sehnsucht, mit der Natur in Kontakt zu sein und draußen abzuschalten, wird oft als Reaktion auf die permanente Reizüberflutung in unserem digitalen Zeitalter beschrieben. Digital Detox ist ein großes Thema. Die Menschen suchen einen Ausgleich zum Leben vor Bildschirmen. Es ist nachgewiesen, dass sich draußen unser Wohlbefinden steigert. Wir reduzieren Stress, finden Erholung, tanken Kraft. Entscheidend ist aber: Jeder definiert das Ausmaß seines individuellen Outdoor-Abenteuers selbst. Auch Individualisierung ist eines der zentralen Prinzipien unserer Zeit.
Wie sieht die Zielgruppe dafür überhaupt aus? Sind das mehr Männer oder mehr Frauen? Welche Altersgruppe dominiert?
Alle – das ist das Gute, aber auch das Schwierige. Wir reden hier nicht über eine Nische. Es ist vielmehr ein Zeitgeist, der sich hier manifestiert. Natur verbindet uns alle; und die Möglichkeiten, die Natur zu erkunden, sie zu erleben und zu nutzen, sind doch für uns alle relevant. Es sind nicht mehr nur die sehr aktiven Outdoor-Enthusiasten wie Bergsportler oder auch Bushcrafter. Das heißt, zu denen, die schon immer Abenteuer und Naturerlebnisse gesucht haben, kommt nun der Otto Normalverbraucher hinzu.
Ist die Zielgruppe groß genug, hat sie das Geld dafür – und will sie es dafür ausgeben?
Wie bereits beschrieben, ist diese Haltung der Naturverbundenheit eher ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Aber man kann schon beobachten, sprich wir sehen schon, dass beispielsweise besonders Menschen in der zweiten Lebenshälfte offen sind, in gute Ausrüstung zu investieren. Gute Beispiele sind der E-Bike-Boom oder auch die Entwicklung bei Camper-Vans.
Ist dieses Segment auch im Baumarkt und Gartencenter gut aufgehoben?
Ich wüsste nicht, wo es besser aufgehoben sein könnte. Gerade da das Zielgruppenspektrum so breit ist. Obwohl es ziemlich deckungsgleich mit den Bestandskunden ist, bietet es eine große Chance, durch Erlebnis und attraktive Sortimentsgestaltung Neukunden anzusprechen. Gerade nach der zeitlich überschaubaren Gartensaison bietet das Outdoor-Adventure-Segment Saisonhöhepunkte bis in den Winter hinein, was einen sehr positiven Effekt auf die Flächenrentabilität haben wird.
Wie fügt sich dieses Segment in den Gesamtmarkt Garten ein? Zieht es die Zielgruppe nicht vom Garten ab? Anders gefragt: Werden Umsätze im Handel nicht einfach verlagert statt ausgeweitet?
Das Gegenteil ist der Fall: Outdoor Adventure ist ein Wachstumssegment, ein Zeitgeist, den wir gemeinsam mit unseren Handelspartnern bedienen. Was liegt näher, als dass sich die Gartenbranche das auch wirtschaftlich zunutze macht? Wir füllen eine Lücke und weiten die Saison über die Gartensaison hinaus aus. Es ist eine logische und mächtige Erweiterung.
Unsere Produkte sind für die Wildnis gemacht, aber wir gehen davon aus, dass rund drei Viertel der Produkte ohnehin im Garten oder auf der Terrasse genutzt werden. Die Kunden holen sich das Abenteuer nach Hause. Der Garten wird zur Wildnis direkt vor dem Haus. Damit bauen wir ein neues Geschäftsfeld aus. Immerhin reden wir hier von drei Saisons: beginnend mit Cooking im Frühjahr, gefolgt von Cooling & Heating und schließlich von der starken Gift Season.