Was unterscheidet die Baumärkte von anderen Branchen, wenn es um Merchandising, Regalpflege und Instore-Services geht?
Sebastian Schmidt: In der DIY-Branche wird noch viel Wert auf den Außendienst und die Präsenz am POS gelegt. Die ist nach wie vor sehr wichtig, auch wenn manchmal die gegenteilige Meinung zu hören ist. Aber es ist in dieser Branche essenziell, dass der Lieferant oder ein Dienstleister am POS Flagge zeigt. Auch die Marktmitarbeiter brauchen einen Ansprechpartner, da es einen hohen Erklärungsbedarf der Produkte gibt, die im Baumarkt vertrieben werden. Hier ist das ein bisschen anders zu sehen als im LEH. Hier weiß ich: Wenn ich eine Tütensuppe kaufe, dann ist es eine Tütensuppe. Wenn ich aber, sagen wir einmal, einen Bohrhammer erwerben möchte, dann sind hier schon mehrere Aspekte zu beachten. Warum dieses und nicht jenes Produkt? Hier müssen die Mitarbeiter in den Abteilungen entsprechend beraten können. Fazit: Der Erklärungsbedarf ist deutlich höher.
Über welche Vertriebsschienen reden wir hier?
Wir sprechen explizit den Bereich Baumarkt an. Den Fachhandel klammere ich aus, weil das ein anderes Geschäft ist. Da kommt der Handwerker rein und weiß, was er sucht. Der Heimwerker dagegen will angesprochen werden und sucht in der Regel die Beratung.
Wie steht die Merchandising-Branche im Moment da?
Wir befinden uns in meinen Augen gerade in einem großen Wandel, was das Thema Außendienstbetreuung angeht. Da ist zum einen das Thema Kosten. Ein eigener Mitarbeiter ist für den Lieferanten ein kostenintensiver Faktor, aber er verfügt auch über ein breitgefächertes Sortimentswissen. Umgekehrt muss man als Lieferant, wenn man mit einem Dienstleister arbeitet, folgendes beachten: Der eigene Mitarbeiter hat einen großen Rucksack, aus dem er immer die gleichen Informationen zu seinen Produkten zieht. Ein Dienstleister hat einen gleich großen Rucksack – dieser beinhaltet aber noch fünf kleinere Rucksäcke mit den Informationen zu den Produkten weiterer Lieferanten. Das bedeutet: Er hat natürlich ein limitiertes Wissen zum einzelnen Produkt, aber, gerade wenn man lange in der Branche arbeitet, auch viel mehr Expertise zum Gesamtmarkt.
Außerdem gibt es natürlich einen Umweltaspekt: Wenn fünf Lieferanten mit ihrem Außendienst die Märkte anfahren, dann entstehen dadurch fünfmal mehr CO2-Emissionen, als würde ein Dienstleister für die fünf Unternehmen einmal die Märkte besuchen. Diesen „grünen Aspekt“ schreiben wir uns schon auch auf die Fahne.
Wie ist Ihre Einschätzung: Wie entwickelt sich das generell? Greift die Industrie stärker auf solche Dienstleistungen zurück?
Ich weiß nicht, ob wir in Zukunft so stark wachsen werden. Der eine oder andere, der bislang auf Dienstleister gesetzt hat, wird möglicherweise glauben, er könnte die Marktbetreuung einstellen und damit Kosten sparen. Auf der anderen Seite stehen Lieferanten, die genau das Gegenteil erreichen wollen – konstante Marktbetreuung und eigene Personalkostenreduzierung –, indem sie mit einem Dienstleister zusammenarbeiten. Und dann gibt es Lieferanten, die so viele Produkte im Baumarkt haben, dass sie beides machen: Der eigene Außendienst bearbeitet die übergreifenden Themen, der Dienstleister sorgt dafür, dass der POS aufgeräumt und gut aussieht.
Aber unterm Strich wächst die Nachfrage nach Merchandising-Dienstleistungen?
Ja. Zwar sehen wir, dass zurzeit auch der Rotstift angesetzt wird, um bei externen Dienstleistern zu sparen. Aber aus unserer Sicht ist es gerade umgekehrt: Mit Dienstleistern lassen sich im Merchandising Kosten sparen oder beispielsweise auch Personalspitzen abdecken, um auf der Fläche einen durchgängig qualitativ hochwertigen Service anzubieten.
Da wird vom Dienstleister viel Flexibilität verlangt.
Ja, aber das zeichnet Dienstleister ja aus – auch wenn sie damit das grundsätzliche Problem der Baumärkte mit der Personaldecke nicht lösen können. Was sie außerdem leisten müssen: Sie brauchen ein sehr gutes Reporting, um ihre Arbeit zu dokumentieren.
Unterscheidet sich die Arbeit in Deutschland eigentlich von der im Ausland?
In der DACH-Region ist das deckungsgleich. In anderen Ländern wie Frankreich oder Spanien ist das Doing zwar gleich, aber hier haben wir ein anderes Marktgefüge mit anderen Playern. Ein Zusammenschluss mit Dienstleistern dort ist deshalb schwierig.
Noch eine Frage zur Digitalisierung: Wie wirkt sie sich auf Ihre Branche aus?
Das haben wir schon vor Jahren erkannt: Früher sind wir in den Baumarkt gefahren, haben den Bestand ermittelt und dann eine Bestellung ausgelöst. Mit der Digitalisierung sind nun aber automatische Bestellsysteme möglich. Deshalb haben wir bei uns das Thema Active Sale implementiert. Den profanen Dispo-Service und das einfache Verräumen der Ware – wird das unsere Daseinsberechtigung sein? Unsere Aufgabe wandelt sich: Wir sind das Auge und das Ohr des Lieferanten, wir haben den Blick auf das Regal. Das heißt: Wir können auf die Umsätze reagieren und Zusatzverkäufe generieren. Dafür müssen wir noch individueller auf unsere Kunden eingehen.
Und wie sehen Sie den E-Commerce: Ist er eine Bedrohung auch für Sie, weil es weniger stationäre Flächen gibt?
Vor fünf Jahren hat uns das Thema tatsächlich große Sorgen bereitet. Aber inzwischen bin ich sicher: Der E-Commerce ist einfach ein Bestandteil neben dem stationären Handel, beides läuft nebeneinander. Der physische POS behält seinen Stellenwert und seine Berechtigung.