Stephan Engster (l.) und Dr. Herbert Propfe wollen die Entwicklungsgeschwindigkeit in Richtung Bio und Nachhaltigkeit weiter beschleunigen.
Stephan Engster (l.) und Dr. Herbert Propfe wollen die Entwicklungsgeschwindigkeit in Richtung Bio und Nachhaltigkeit weiter beschleunigen.

Compo | Langfassung

Im Gespräch mit einem grünen Vordenker

Zu Anfang des Jahres hat Compo die Heinr. Propfe Chem. Fabrik GmbH übernommen, ein weiterer Schritt im Rahmen der definierten Nachhaltigkeitsstrategie. diy hat sich mit Compo-CEO Stephan Engster und Dr. Herbert Propfe, dem bisherigen Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Propfe GmbH, zum Gespräch getroffen.

Anfang des Jahres, in der März-Ausgabe, haben Sie vom großen Zuspruch im Bio-Sortiment berichtet. Seitdem hat sich einiges getan, gerade politisch, aber auch verbraucherseitig. Inwiefern war und ist Compo von den Auswirkungen betroffen?

Engster: Das Jahr war bisher eine Achterbahnfahrt für viele Unternehmen. Unterbrochene Lieferketten stellten viele Branchen vor gewaltige Herausforderungen, um das Lieferversprechen gegenüber Handel und Konsumenten sicherzustellen. Auch in der Gartenbranche prägten Engpässe in vielen Bereichen den Jahresbeginn, dies einhergehend mit Preissteigerungen auf der Rohstoff-, Frachten- und Energieseite, die wir seit über 30 Jahren nicht mehr erlebt haben. Priorität Nr. 1 für uns war es, die Lieferfähigkeit auf dem gewohnten Qualitätsniveau sicherzustellen und Preise so lange wie möglich stabil zu halten. Mit der Entwicklung in der Ukraine kamen neue Herausforderungen auf uns alle zu. Rohstoffe und Frachten verknappten noch einmal, die Preise stiegen kontinuierlich rasant an. Unsere Ware rechtzeitig und vollständig zum Handelspartner zu bekommen und für den Endkunden dort verfügbar zu halten, wurde zu einer Riesenaufgabe. Natürlich mussten über die gesamte Kette die Preise angepasst werden, bei der blitzartigen Entwicklung war dies aber nur zum Teil möglich, und die Industrie musste einen großen Anteil vorübergehend intern kompensieren. Die Preissteigerungen, die beim Endkunden angekommen sind, waren natürlich ein Thema, sinkende Kaufbereitschaft und -frequenz waren die Überschriften.

Wir haben in diesem Jahr aber gesehen, dass der Endverbraucher sich zwar ein Stück weit eingeschränkt und größere Anschaffungen insbesondere im Gebrauchsbereich aufgeschoben hat, aber die Freude am Garten nicht verloren gegangen ist und qualitativ hochwertige Verbrauchsgüter weiterhin stark nachgefragt wurden. Entsprechende von uns in Auftrag gegebene Studien bestätigen diesen Trend und prognostizieren eine Fortsetzung in Deutschland und in Europa. Auch wenn vielleicht nicht das Geld da ist, den Garten komplett neuzugestalten, sind Hobbygärtner aber doch bereit, weiterhin in die Pflege ihrer Pflanzen zu investieren. Interessant ist auch, dass gerade in diesen Zeiten Markenpräferenz und Loyalität zu einer starken Marke eine besondere Rolle spielen; für Experimente bleibt wenig Geld und Raum.

Dabei ist es besonders erfreulich, dass auch die Nachfrage nach den traditionell etwas höherpreisigen Bio-Produkten beständig ist. Der Bedarf an biologischen Lösungen wurde sogar ein Stück weit beschleunigt. Nachhaltiges Gärtnern ist dem Endverbraucher immer mehr ein wichtiges Anliegen; insbesondere auch im Nutzgarten. Wir sehen dies bei unserer Marke Compo, aber auch in der Handelsmarke.

Nachhaltiges Gärtnern ist dem Endverbraucher immer mehr ein wichtiges Anliegen
Stefan Engster, CEO, Compo

Ein Meilenstein in dieser Phase war die Integration der Propfe GmbH. Sie haben vorher schon zusammengearbeitet, wie darf man sich diese Kooperation bisher vorstellen?

Propfe: Der Verkauf der Firma ist sicherlich einer der einschneidendsten Schritte in unserer Geschichte. Ich kann aber beruhigt sagen: Wir haben aber bereits seit über zwei Jahrzehnten eine intensive Geschäftsbeziehung mit Compo geführt. Dabei haben sowohl Compo als auch wir uns immer in die gleiche Richtung bewegt: Für beide Seiten ist Bio nicht nur ein Schlagwort. Wir möchten Ökonomie und Ökologie in Einklang bringen.

Insbesondere in den zurückliegenden durch Corona geprägten Jahren und diesem sehr einprägsamen Jahr,Nun ist häufig von einer Zeitenwende die Rede. Eine Zeitenwende erleben wir aktuell auch im Gartenbereich: immer mehr Kunden erkennen, dass Bio mehr als nur ein Etikett oder eine Mode ist und substanziellen Mehrwert bietet. Und das möchten wir für den Verbraucher greifbar machen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Compo und seine europäischen Handelspartner sind in der Lage, breiten Konsumentengruppen flächendeckend Zugang zu diesen Produkten und Innovationen zu geben -‚Bio ist das neue Normal‘.

Dabei wird auch das angestammte Geschäft der Propfe GmbH in Zukunft nicht vernachlässigt: Traditionell haben wir zahlreiche Unternehmen aus der Branche mit unseren Lösungen und Produkten versorgt, unsere Marke Biotrissol ist hier natürlich nicht unbekannt. Wir werden so gemeinsam das Thema Bio noch einmal deutlich beschleunigen und auch über bewährte Handelsmarken hochwertige Lösungen schaffen.

Die Bio-Produktlinien bieten ein ausdifferenziertes Sortiment.
Die Bio-Produktlinien bieten ein ausdifferenziertes Sortiment.

Würden Sie in Anbetracht dessen sagen, dass Sie als Partner auch noch einmal neue Impulse zur Nachhaltigkeitsausrichtung von Compo geben können?

Propfe: Unser gemeinsames Ziel ist es, quantitatives Wachstum immer auch mit qualitativem Wachstum zu verbinden. Dazu gehört es Impulse zu setzen. Die Unternehmen haben über die Jahre eine große Expertise erarbeitet, die Propfe GmbH hat sich dabei hervorgetan, möglichst innovative, rein organische Rohstoffe zu verarbeiten und einer sinnvollen und nachhaltigen Verwertung zuzuführen. Lassen Sie mich ein Beispiel anführen: Gärtner stehen vor neuen Herausforderungen wie dem Trocken- und Hitzestress, dem Pflanzen vermehrt ausgesetzt sind. Dementsprechend müssen wir den Verbrauchern frische Produkte an die Hand geben, um diese neuen Herausforderungen zu bewältigen. Hier können wir einen großen Mehrwert bieten, der nicht zuletzt durch die aktuelle Wetterentwicklung dieses Sommers mehr als unterstrichen wird.

 

Die Eingliederung von Propfe war eine Integration von strategischer Bedeutung – wie wirkt sich das auf das Sortiment und die Positionierung aus?

Engster: Die Zusammenarbeit mit der Firma Propfe und Herrn Dr. Propfe als Person ist für uns ein konsequenter Schritt. Bereits seit vielen Jahren haben wir umfangreiche und auf die besonderen Bedürfnisse differenzierte Bio-Produktlinien im Sortiment, bauen diese kontinuierlich aus und bieten mit der fortlaufenden Optimierung unseres nachhaltigen Verpackungskonzepts eine 100 Prozent nachhaltige Lösung. Die gesamte Industrie deckt aber bis heute nur einen Teil der Möglichkeiten ab. Die Kompetenz und Reputation von Herrn Dr. Propfe und das Know-how der Gesellschaft haben eine herausragende Bedeutung. Die Compo-Gruppe hat das technische Verständnis und die technischen Möglichkeiten, diese Expertise zu skalieren und innovative Lösungen in der Breite zur Verfügung zu stellen. Und das in der gewohnten Qualität und zu marktfähigen Preisen.

Man stellt sich das alles oft einfacher vor als es ist: Es ist tatsächlich eine extreme Herausforderung, Düngemittel im Bio-Bereich herzustellen, die unseren hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden und das Compo Logo tragen dürfen. Das ist im klassischen Bereich, bei mineralischen Düngern, deutlich leichter. Die Integration ermöglicht es uns, die Entwicklungsgeschwindigkeit in Richtung Bio und Nachhaltigkeit deutlich zu erhöhen und gemeinsam mit unseren Handelspartnern, die hier ebenfalls sehr klar positioniert sind, den Bio-Anteil im Markt nachhaltig in die richtige Richtung zu entwickeln. Wir haben die Möglichkeit, im großen Stil zu produzieren und diese Produkte vielen Händlern und Konsumenten anzubieten, ob eben über die Marke Compo oder über eine Handelsmarke. Dadurch sind wir in der Lage, die Produkte in hervorragender Qualität zu fairen Preisen einer breiten Gruppe zur Verfügung zu stellen. Und, dass dank unserer Zusammenarbeit, deutlich schneller, als wenn es einer alleine machen würde.

 

Was bedeutet das für die Standorte in Mannheim und in Münster?

Engster: Die Produktion wird komplett am Standort Münster durchgeführt, da wir hier in den letzten Jahren die erforderlichen Technologien und Kapazitäten aufgebaut haben. Der Standort in Mannheim wird künftig einer alternativen Nutzung durch Herrn Dr. Propfe zugeführt werden.

 

Und für Ihre Kommunikation Richtung Handel und Endkunde?

Engster: Als Marktführer haben wir die Grundlage geschaffen, organische Produkte und Innovationen in die breite Fläche zu bringen. Die Umsetzung kann nur in partnerschaftlicher Zusammenarbeit gelingen. Und der Endkunde wird auf die neuen Möglichkeiten und den besonderen Nutzen, nicht nur am POS sondern über alle Kanäle hingewiesen. Hersteller und Handel stehen dem Endkunden auf allen Kanälen mit Hilfestellungen zur richtigen Anwendung dieser Produkte zur Seite.

Sowohl im Erden- als auch Düngersortiment hat Compo eigene Bio-Linien entwickelt.
Sowohl im Erden- als auch Düngersortiment hat Compo eigene Bio-Linien entwickelt.

Was ist Ihre Vision für die weitere Zusammenarbeit und den Gartenmarkt?

Propfe: Wir müssen mehr Emotionen in das Thema Pflanzenpflege hineinbringen. Es geht heute nicht mehr nur darum, der Pflanze die optimalen Nährstoffe zu geben, damit sie wächst und gedeiht, sondern vor allem auch darum, sie tolerant zu machen und an neue Bedingungen wie zum Beispiel Hitze- und Trockenstress anzupassen. Mit anderen Worten: Dünger dürfen nicht nur der Pflanzenernährung dienen, sondern müssen auch die Pflanzen in solchen Stresssituationen schützen. Und da hat Compo mehr als ein Eisen im Feuer.

Engster: Dem kann ich mich nur anschließen. Wir werden unser Angebot an Flüssigdüngern in den nächsten Jahren erheblich ausweiten. Bereits für die neue Saison werden wir mit zahlreichen neuen Produkten kommen. Der Zug in Richtung Bio wird sich durch unsere Zusammenarbeit nochmals enorm beschleunigen; da sind wir uns sicher. Es gibt viele spannende Ideen, die bereits vorhanden sind, die wir jetzt einfach auf eine breitere Basis stellen wollen und damit unseren Handelspartnern und dem Konsumenten einen echten Mehrwert bieten.

 

Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 9/2022

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