Auf der einen Seite boomt der Gartenmarkt wie schon lange nicht mehr. Auf der anderen Seite erschweren Rohstoffmangel, gestörte Lieferketten und erhöhte Energiepreise die Situation für alle Marktteilnehmer. Im Vortragsprogramm des 13. IVG Forums Gartenmarkt am 9. November in Düsseldorf werden daher Fragen beantwortet, die in herausfordernden Zeiten die Grüne Branche betreffen. Martin Langhauser wird in seinem Beitrag auf die Entwicklung des Gartenmarktes und die Rolle der Kunden eingehen. Er ist als Director bei der GfK für die Betreuung der Nonfood-Kunden verantwortlich. Zu den Schwerpunkten seiner Forschung gehören die Themen Category Management, Shopper-Marketing und Omnichannel Retailing, insbesondere mit Fokus auf dynamische Änderungen im Kaufverhalten.
Die Corona-Pandemie hatte ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die einzelnen Branchen. Wie hat der Gartenmarkt in den letzten beiden Jahren abgeschnitten?
Langhauser: Das ist eine einfach zu beantwortende Frage: Während der Corona-Pandemie haben wir alle viel Zeit zu Hause verbracht und entsprechend haben wir es uns gemütlich eingerichtet – Stichwort ist hier „Homing“. Vom Homing-Trend haben natürlich der Garten, die Terrasse und der Balkon mit allen dazugehörigen Warengruppen ebenfalls stark profitieren können. Dies hat zu einem dynamischen Wachstum in allen Gartenwarengruppen geführt. Man kann schon von goldenen Zeiten sprechen.
Wird sich diese Entwicklung im dritten Covid-Jahr fortsetzen? Liegt der Gartenmarkt weiterhin in der Gunst der Shopper?
Langhauser: Das ist schon schwieriger zu beantworten. Wir sehen aktuell einen Rückgang in den Gartenwarengruppen. Das war aber nach dem dynamischen Wachstum der letzten Jahre zu erwarten. Trotzdem bin ich bei den riesigen Potenzialen für die Branche sehr positiv gestimmt. Auch wenn es eine kleine Delle im Wachstum in diesem Jahr geben sollte, das Thema Garten ist ein Trendthema beim Shopper. Immer mehr Verbraucher beschäftigen sich mit Leidenschaft mit der Warengruppe. Wenn Handel und die Industrie den Kunden verstehen und es schaffen, seine Bedürfnisse anzusprechen, ist das der Schlüssel für weiteres gesundes Wachstum in dieser Trend-Warengruppe.
Der Gartenmarkt setzt sich aus unterschiedlichen Warengruppen zusammen. Werden sie sich gleich entwickeln oder gibt es Unterschiede?
Langhauser: Bei dem dynamischen Wachstum in den letzten Jahren ist tatsächlich jede Warengruppe gewachsen, unterschiedlich stark zwar, aber jede Warengruppe hat eine Schippe Wachstum abbekommen. Das ist jetzt dieses Jahr schon deutlich differenzierter, gerade die Lifestyle Warengruppen wie beispielsweise die Grills oder die Gartenmöbel sind vor dem Hintergrund des starken Wachstums in den letzten Jahren gerade nicht so im Fokus. Trotzdem bin ich, auch wenn ich mich wiederhole, sehr positiv gestimmt, dass der Gartenmarkt ein sehr wichtiger emotionaler Markt für den Shopper ist, der für immer mehr Haushalte relevant ist.
Wer sind die typischen Kunden im Gartenmarkt?
Langhauser: Das ist ja das Schöne am Gartenmarkt: Jeder Haushalt hat das Bedürfnis, es sich zu Hause beziehungsweise im Garten oder auf der Terrasse schön zu machen und dort eine gute Zeit zu erleben. Das Potenzial ist riesig! Und die Gartenbranche kann den Kunden bei der Inszenierung und Realisierung dieser Erlebnisse mit all den schönen Garten-Artikeln unterstützen.
Wie wird der Kunde der Zukunft aussehen?
Langhauser: Der Kunde der Zukunft ist in vielerlei Hinsicht anspruchsvoll und verwöhnt: Wenn der Kunde in den stationären Handel kommt, möchte er ein Erlebnis haben, keine reine Warenverfügbarkeit präsentiert bekommen. Für die Warenverfügbarkeit ist der Online-Handel zuständig. Aber auf dem Gebiet des Erlebnisses kann der stationäre Handel seine Stärken ausspielen. Die Gartenwarengruppen sind eine Steilvorlage für eine emotionale Inszenierung am POS, egal ob bei den Grills, Pflanzen oder Gartenmöbeln.
Corona hat den E-Commerce stark befeuert. Wie sieht hier die Entwicklung im Gartenmarkt aus? Kauft der Gartenkunde online oder stationär?
Langhauser: Tatsächlich ist der Online-Anteil in vielen Warengruppen auch im Gartenmarkt während Corona sprunghaft angestiegen. Das wird in 2022 wieder zu einem Teil zurückgedreht. Trotzdem kauft der typische Gartenmarkt Kunde omnichannel ein, das heißt je nach Warengruppe, je nach Tag, ja nach Laune kauft er mal stationär, mal online ein. Wenn auch der weitaus größere Teil der Umsätze stationär generiert wird, gehört eine funktionierende Omnichannel-Ansprache der Konsumenten auf jeden Fall dazu. Nur mit einem ausgewogenen Omnichannel-Konzept können Unternehmen die riesigen Potenziale im Gartenmarkt optimal ausschöpfen.
Informieren sich viele Kunden stationär und kaufen dann online?
Langhauser: Dieses Thema ist seit dem Beginn des Online Booms vor circa zehn Jahren sehr genau analysiert worden, Stichwort ist hier der „Beratungsklau“: Das gibt es natürlich, aber viel relevanter ist die andere Richtung, das heißt der Kunde informiert sich online und geht dann vorbereitet in den stationären Handel, um zu kaufen. Auch das ist nochmal ein starkes Argument für ein funktionierendes Omnichannel-Konzept: Handel und Industrie können den Shopper online ansprechen und dann stationär konvertieren.
Wird der Online-Anteil im Gartenmarkt weiterwachsen?
Langhauser: Aufgrund der Corona-Pandemie haben wir ein rasantes Wachstum im Online Anteil bei vielen Gartenwarengruppen gesehen. Kurzfristig erwarte ich eher eine Konsolidierung und eventuell einen leichten Rückgang im Online-Anteil. Und natürlich gibt es immer noch große Unterschiede im Online-Anteil, je nachdem ob wir über Grills, Gartenmöbel oder Pflanzenerde sprechen. Aber die Zeiten, als das Geschäft rein stationär gemacht wurde, sind definitiv vorbei. Auch für den Gartenmarkt gilt: Der Shopper möchte omnichannel informiert werden und einkaufen und darauf sollten sich Handel und Industrie einstellen.
Deutschland hat derzeit mit einer steigenden Inflation zu kämpfen. Wie wirkt sich diese auf das Kaufverhalten der Kunden aus?
Langhauser: Wir sehen eine maximale Verunsicherung der Konsumenten, die wir so mit unseren Panels noch nie beobachtet haben. Dies liegt zum einen an der Inflation, aber auch an vielen anderen Unsicherheitsfaktoren wie dem Krieg in der Ukraine, den Energiekosten und der immer noch nicht überwundenen Pandemie. All das macht dem Shopper den Einkauf nicht leicht. Und wir merken schon in diesem Jahr, dass die Haushalte auf das Geld achten oder achten müssen. Trotzdem sehe ich für die tollen, emotionalen Garten-Warengruppen weiter große Potenziale beim Shopper. Der Gartenmarkt kann die Rolle eines sicheren Hafens in einer turbulenten Welt übernehmen.
Das Thema Nachhaltigkeit spielt ebenfalls eine große Rolle. Wie sehr achten die Kunden darauf?
Langhauser: Nachhaltigkeit wird eine zunehmend wachsende Rolle spielen. Es handelt sich hierbei nicht mehr um einen Trend, sondern um eine Lebenseinstellung einer zunehmend größeren und relevanter werdenden Zielgruppe. Klar wird das Thema im Moment von der Preisdiskussion und sinkenden Reallöhnen überlagert, aber das ist nur dem Moment geschuldet. Im Hintergrund nimmt der Anteil derjenigen, die sensibler mit den Ressourcen unseres Planeten umgehen, weiter deutlich zu. Wenn das Thema der steigenden Preise erst einmal überwunden ist, werden die Themen Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung ganz schnell wieder eine wichtige Rolle beim Shopper spielen. Dies bringt große Chancen für die Branche: Wenn Handel und Industrie sich jetzt schon auf diese Themen vorbereiten und die Bedürfnisse der Shopper aufnehmen, ist das die Grundlage für weiteres solides Wachstum in diesen faszinierenden Garten-Warengruppen.
Dies ist die Langfassung des Beitrags aus der Printausgabe diy 10/2022.