Seit 2005 veröffentlicht das internationale Handelsberater-Netzwerk Ebeltoft Group jährlich den englischsprachigen „Retail Innovation Screen“, der internationale Trends im Einzelhandel und Händler, die diese Trends erkannt und umgesetzt haben, vorstellt. Die acht im Report 2010 präsentierten Trends werden unter griffigen Stichworten zusammengefasst: Smart Pricing, Customer-oriented, Anti-snob quality, Socialtailing, Liquid Retail, I trust you, Pro-client efficiency und Glocalism. Am Beispiel von zwei bezeichnenden Einzelhandelskonzepten, einem aus Großbritannien und einem aus Indien, wird im Folgenden gezeigt, wie die Trends „Liquid Retail“ und „Socialtaling“ umgesetzt werden. Liquid Retail: Komplexe Produkte neu aufbereiten Dass Erlebnis und Interaktivität beim Einkaufen von großer Bedeutung für den Kunden sind, ist inzwischen bekannt. Einkaufen hat sich zu etwas entwickelt, das die Wünsche einer erlebnisorientierten Gesellschaft widerspiegelt und hat dem Begriff „Shopping“ eine neue Bedeutung gegeben. „Shopping“ kann als eine ziellose und unterhaltsame Tätigkeit beschrieben werden, bei der weniger der Erwerb notweniger Produkte im Fokus steht als vielmehr der spontane und konstante Vergleich von Qualitäten, Materialien, und Preisen sowie die Kontaktpflege. Handel wird somit „liquide“ – er muss mehr leisten als einzig „verkaufen“. Mit einem für dieses Sortiment gänzlich neuen Konzept eröffnete Graavaa, eine Marke der Pearl Mineral Group, Indien, 2009 den ersten Flagship Store in Neu Delhi. Auf einer Ladenfläche von 450 m2 werden über 150 Variationen von Natursteinen und Marmor präsentiert. Die sperrigen, im Rohzustand unansehnlichen und exklusiven Produkte erfordern eine Planung hinsichtlich der Anschaffung: Lange Bestellzeiten und handwerkliche Maßarbeit machen sowohl einen Umtausch unmöglich als auch verhindern sie eine „Einprobe“ des Produktes in den vorgesehenen Raum. Hier setzt Graavaa an. Wie in einem herkömmlichen Möbelhaus ist der Ladenaufbau so gestaltet, dass die Kunden über verschiedene Ebenen des Geschäftes geleitet werden, in denen die Produkte in einer „natürlichen“ Umwelt, sprich in Räumen wie Ess- und Badezimmer, ausgestellt sind. Das wirklich Innovative ist jedoch der Fokus: Der Verkauf ist sekundär, der Kunde soll das Material bzw. die Produkte kennenlernen. In diesem Sinne zielt nicht nur das breite Sortiment, sondern die gesamte Darstellung von der Fassade bis zum POS-Konzept darauf ab, den Kunden den End-Effekt eines möglichen…