Allzu lange ist mit dem monotonen Hinweis auf Globalisierungstendenzen, zu hohen Lohn- und Produktionskosten, dem nationalen und internationalen Wettbewerb oder dem asiatischen Markenklau jede Diskussion über Managementfehler und falsche strategische und produktspezifische Weichenstellungen abgebügelt worden. Immer wieder hieß es: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann wird es wieder besser. Nun: In den vergangenen Jahren ist schon einiges geschehen, der Arbeitsmarkt wurde reformiert, eine Steuerreform durchgeführt. Und: Immer noch schallt es uns aus den oberen Wirtschaftskreisen entgegen, dass die Verantwortung bei anderen liege. Man wolle ja in Deutschland bleiben, aber leider, leider...
Die aktuellen Entwicklungen bei EADS und beim Airbus, bei BenQ und Siemens, bei so manchen Banken und Dienstleistern und auch einigen Unternehmen in der Baumarktbranche kann man es inzwischen nicht mehr verheimlichen: An deren Problemen war kein Politiker, Arbeitnehmer oder Wettbewerber Schuld, dort tragen die Führungskräfte die Verantwortung für die Firmenmalaise.
Dass es anders geht, sehen wir ja in unserer Branche auch. Da habe ich allerdings fast immer den Eindruck, dass die Chemie in dem Unternehmen stimmt, dass die Informationswege stimmen, dass „Verantwortungssucher“ und keine „Verantwortungsflüchter“ den Kern dieser Unternehmen bestimmen. So gibt es immerhin noch Mittelständler, die in Deutschland oder in der Schweiz produzieren und deren Export zu 70 Prozent nach Osteuropa geht. Oder der eine Produktion wieder von Tschechien nach Deutschland zurückholt, weil er feststellt, dass er dort einfach nicht die Produktqualität wie bei uns sicherstellen kann. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!
Hoffen wir, dass sich eine neue Verantwortungskultur breit macht, die eine Kultur ablöst, die nur über die eigenen vollen Taschen bestimmt wurde.
Dr. Joachim Bengelsdorf