670 gestrichene Veranstaltungen

Corona-Schlussrechnung der Messewirtschaft

Besucher auf der BAU-Messe im Jahr 2022.
Besucher auf der BAU-Messe im Jahr 2022.
03.04.2023

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Messeverbote haben tiefe Spuren in der deutschen Messewirtschaft hinterlassen: fast 670 gestrichene Messen seit März 2020, bis zu 87 Prozent weniger ausstellende Unternehmen und Besucher auf den wenigen veranstalteten Messen zwischen den Lockdowns sowie mehr als 60 Milliarden Euro gesamtwirtschaftliches Minus und rund zehn Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen. Das ist die Schlussrechnung der Branche zum Auslaufen der Corona-Normen im Infektionsschutzgesetz am Karfreitag, so der Dachverband der deutschen Messewirtschaft Auma.

In der Hochphase der Pandemie konnten demnach bis zu 180.000 Arbeitsplätze in der Branche nur noch durch Kurzarbeit gesichert werden. Wegen lange fehlender Öffnungsperspektive hätten ungezählte Fachkräfte dennoch die Messewirtschaft verlassen. Nach mehr als zwei Jahren Eiszeit hätten sich Messen im dritten Jahr unter Corona-Bedingungen seit dem vergangenen Frühjahr als enormer Anziehungspunkt bewiesen.

„Novemberhilfen, Überbrückungsgelder sowie Kurzarbeit haben funktioniert und geholfen, das Schlimmste zu verhindern“, gibt AumaGeschäftsführer Jörn Holtmeier zu. Aber: „Beißende Widersprüche in dieser Pandemie bleiben: Messeprofis wurde zwar der schnelle, unkomplizierte und ideenreiche Aufbau von Test- und Impfzentren anvertraut, nicht aber das sichere Durchführen ihres Kerngeschäfts zugetraut.“ Bei dreimal so hoher Inzidenz wie in Deutschland seien in Madrid Messen unter erprobten Hygienekonzepten durchgeführt, in Amsterdam das Messe-Gelände von Lockdowns ausgenommen worden. „In Paris, London und Dubai waren Messen längst möglich, als hierzulande Lockdowns noch ein großes Thema waren. Gezieltes Ermöglichen wie in Nordrhein- Westfalen hätte den enormen Schaden am Welt-Messeplatz Deutschland begrenzen können."

Der vom Bund aufgelegte Sonderfonds Messen sei überwiegend ins Leere gelaufen, so Holtmeier. Dieser sollte Veranstalter, die Messen aufgrund eines behördlichen Messeverbots absagen mussten, entschädigen. „Fast immer waren die Gründe für Absagen aber andere: Strenge Regelungen wie starre Personenobergrenzen, führten dazu, dass Messen wirtschaftlich nicht mehr machbar waren. Ein weiterer Grund war, dass Aussteller wegen Restriktionen nicht an- oder einreisen konnten. Auch wurden Messeverbote meist kurzfristig verhängt. Veranstalter, die freiwillig Messen wegen des Infektionsgeschehens absagten, gingen komplett leer aus. Für ausstellende Unternehmen fehlte ein Absicherungsprogramm.“

Beim Neustart des Messegeschäfts im späten Frühjahr vergangenen Jahres entstanden neue Hindernisse: Allein für die Anerkennung aller Corona-Impfstoffe der Weltgesundheitsorganisation habe das Bundesgesundheitsministerium ein halbes Jahr länger als die meisten anderen Länder gebraucht, so die Auma. Unzählige ausländische Messeteilnehmer konnten dadurch nicht nach Deutschland einreisen.

Jüngste Zahlen des Welt-Messeverbandes UFI spiegelten den Hürdenlauf der deutschen Messewirtschaft auch im sogenannten Global Barometer wider: Während in etlichen Wettbewerbsmärkten die Umsätze bereits ein Vor-Corona- Niveau erreichen, würden viele deutsche Messegesellschaften in diesem Jahr noch dahinter zurückbleiben. Mehr als 7,2 Millionen Besucherinnen und Besucher sowie über 142.000 ausstellende Unternehmen seien in Summe 2022 zu Gast auf deutschen Messen gewesen. „Das sind etwa 70 Prozent der Aussteller und knapp 65 Prozent der Besucher der Vor-Corona-Zeit.“

Während der Pandemie haben Veranstalter in kürzester Zeit sehr unterschiedliche Formate digitaler Ersatz-Messen entwickelt – 2020 waren es 50. Die Nachfrage danach ist mit jedem Öffnungsschritt zurückgegangen. 2022 fand nur noch eine Messe digital statt, in der Pandemie-Spitze 2021 waren es fast 70. Je nach Wirtschaftszweig dienen digitale Formate mittlerweile als Verlängerung oder Erweiterung der Präsenzmesse, teilweise auch als ganzjährige Branchenplattform.

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