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Obi | Langfassung

Mythos Beilage

Der promovierte Markenexperte Christian von Hegel sieht sich auch als Marketingchef von Obi als Wissenschaftler. Umso leichter fällt ihm der Kommunikationskurs ohne Print.
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Man könnte Obi als den mutigsten Baumarktbetreiber Deutschlands bezeichnen. Denn vor zwei Jahren hat Deutschlands größte Baumarktgruppe die Printwerbung abgeschafft – für die Wettbewerber das Medium der Angebotskommunikation.

Die Reaktionen auf die Ankündigung vom Juni 2022 fielen entsprechend aus. Sie schwankten zwischen ungläubigem Staunen und (mutmaßlich gespieltem) Mitleid. Wie konnte eine durch und durch professionelle Organisation wie Obi sich dermaßen verrennen und der Täuschung durch einen vermeintlich zeitgeistigen Kurzfristtrend aufsitzen? War es eine Panikattacke wegen der seinerzeit enorm gestiegenen Papierpreise oder die Arroganz nerdiger Jungmanager, die jegliches Heil im Digitalen suchen?

Nichts von alledem. Christian von Hegel, heute Senior Vice President Marketing & Retail Media von Obi, war damals als Verantwortlicher fürs Corporate Marketing dabei, als die Entscheidung fiel, und er sagt: „Dahinter stehen mehr als zehn Jahre Analyse.“ Es war keine spontane Entscheidung – allerdings eine schnelle: An einem Donnerstag kam das Thema wegen der Papierpreise, die im ersten Quartal um 16 Prozent und im zweiten um 36 Prozent gegenüber dem jeweils vorangegangenen Quartal gestiegen waren, auf den Tisch; für das dritte wurden noch einmal 50 Prozent mehr erwartet. Fünf Tage später stand die Entscheidung zum Print-Ausstieg fest. „Wir hatten eine wahnsinnig große Sicherheit, dass uns das Ding nicht auf die Füße fallen würde.“ Man setzte nicht auf Mythen, sondern auf Zahlen.

Denn Obi hat sich eben nicht nur in diesen fünf Tagen damit beschäftigt, sondern bereits seit 2012. Damals hat die Zentrale zusammen mit McKinsey das Projekt „Beyond the leaflet“ gestartet. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler Hegel kam ein Jahr später zu Obi, um den Bereich Commercial Analysis zu leiten. Er sieht sich nach wie vor als Wissenschaftler, der statistisch sauber zu arbeiten hat.

Im Rahmen des Projekts wurde auch die bereits seit 2007 laufende Analyse der Auswirkungen von Beilagen noch einmal statistisch verfeinert. Das Ergebnis: Nur 5 Prozent der Kunden kommen wegen der Beilage in den Markt, nur 2,5 Prozent kaufen deswegen dann auch.

Mindestens genauso schwer wiegt in den Augen von Christian von Hegel der Fehler, dass man sich bei der Beurteilung, welchen Umsatzeffekt eine Werbebeilage hat, die falsche Kennzahl anschaut: den sogenannten Werbeumsatz. Das ist der mit den Artikeln aus der Beilage gemachte Umsatz – mit Artikeln also, die saisonal geschickt ausgesucht…

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