In der EU gilt seit Juni eine neue Produktsicherheitsverordnung. Was vielleicht ein bisschen umständlich, aber eigentlich erfreulich klingt, hat gewaltige Auswirkungen auf den gesamten Nonfood-Sektor im B2C-Bereich und insbesondere die Eigenmarken. Davor warnt Prof. Dr. Thomas Klindt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht Industry & Digital Business. Dabei geht es einerseits um die staatliche Kontrolle durch Marktüberwachungsbehörden und andererseits um die Produkthaftung nach Unfällen.
So verlangt die neue EU-Produktsicherheitsverordnung bei vernetzten Geräten eine angemessene Cyber-Resilienz, also einen Schutz gegen Sabotage, der staatlich kontrolliert werden kann. „Eigenmarken aus dem Bereich Smart Garden, Smart House oder Smart Work werden also nicht nur weiterhin dem EU-Funkrecht unterliegen, sondern zusätzlich auf Angriffe durch Hacker hoheitlich kontrolliert werden dürfen“, erklärt Klindt.
Neue Regelungen gelten für Produktrückrufe: Künftig müssen nicht erst bei Feldaktionen wie Produktrückrufen, sondern bereits bei bekanntgewordenen Unfällen die Behörden unaufgefordert informiert werden. Und: Die neue Verordnung schreibt zwingend vor, dass eine Feldaktion für den Verbraucher kostenlos zu erfolgen hat. „Das wird für die DIY-Branche schlagartig eine neue finanzielle Risikoexposition bedeuten, die auch im Fahrwasser von Rückrufkostenversicherungen noch für viele kaufmännische Diskussionen sorgen wird“, erwartet der Rechtsexperte.
Außerdem plane die Kommission, die seit 1985 unveränderte Produkthaftungsrichtlinie zu aktualisieren. Hier kann im Schadensersatzrecht die mangelnde Cyber-Resilienz haftungsbegründend werden, wenn der Unfall durch einen Hackerangriff ausgelöst wurde.
„Scheinbar trivial“ sei die beabsichtigte Abschaffung des bisherigen Selbstbehalts in Höhe von 500 Euro; Bagatellschäden hat die EU bisher von der Produkthaftung ausgeschlossen. Würde sich das ändern, würde sich hier ein neues Geschäftsmodell für Sammelklagen anbieten, wie sie ja in Deutschland (und dem Rest der EU) gerade mit der Verbandsklage zur Einführung ansteht. „Auch das wäre für Eigenmarken ein neues Risiko“, warnt Professor Klindt. Vor allem Juristen beunruhige zudem die Regelung im Entwurf, über eine sogenanntes Disclosure of Evidence neue Beweisverfahren einzurichten, bei denen…