Vertreter von Herstellern, Logistik und Handel haben sich Mitte Juni zum Synlog-Tag in Nordrhein-Westfalen getroffen: Rund 120 Teilnehmer begrüßte Synlog-Geschäftsführer Markus Schering in der Rohrmeisterei in Schwerte zum Jubiläum des Verbands der DIY- und Gartenlogistik, der 1998 als Initiative vom Herstellerverband Haus & Garten (HHG) und vom Industrieverband Garten (IVG) gegründet worden war.
Schering, der die Synlog-Geschicke seit Anbeginn leitet, betonte, dass aus seiner Sicht eine Kooperation nicht selbstverständlich sei, die auf Freiwilligkeit beruht. „Menschen machen den Unterschied und mit vertrauensvoller und wertschaffender Zusammenarbeit haben wir immer auf Langfristigkeit gesetzt.“ Ein Wettstreit sei hier nicht im Sinn der Sache, sondern die Optimierung von Prozessen.
Professor Dr. Nektarios Bakakis von der Hochschule Worms gratulierte in seiner Zielrede „25 Jahre Synlog – die Bedeutung der Logistik in der DIY-Branche“ mit dem griechischen Wunsch „Mögen Sie 100 Jahre alt werden!“ Als Zeitzeuge von Handelsseite hatte Nekatarios die Anfänge selbst miterlebt und rief die Vorteile der Kooperation in Erinnerung: „25 Jahre Kontinuität hat nur die Synlog hinbekommen.“
Heute wolle „keiner zum Baumarkt, aber alle zu Google – das sollten wir ändern“, forderte Bakakis. Offenheit und Vertrauen seien für alle Teilnehmer wichtig – „lassen Sie uns gemeinsam gehen.“
Dr. Volker Lange vom Fraunhofer Institut IML verdeutlichte den Unternehmensvertretern in seiner „Perspektive Logistik 2030, resilient, effektiv und nachhaltig“, dass sein „Zukunftsinstitut“ zwölf Megatrends ausgemacht habe: Wissenskultur, Urbanisierung, Konnektivität, Gesundheit, New Work, Gender Shift, Neo-Ökologie, Globalisierung, Individualisierung, Silver Society, Mobilität und Sicherheit.
Er wies auf den Wandel in der Logistik hin, den gesellschaftlichen Wandel und schließlich den technologischen Wandel: ChatGPT kannte letztes Jahr noch fast niemand, nur ein halbes Jahr später spricht jeder darüber – „noch nie ist etwas so schnell auf den Markt gekommen.“ Die stetige Zunahme der Komplexität und der Geschwindigkeit sei eine Riesenherausforderung und eine Frage der Beherrschbarkeit.
Das zeige auch die Werteverschiebung: Während 1975 noch 83 Prozent der Vermögenswerte materiell waren und nur 17 Prozent immaterielle Unternehmensgüter, sah es im Jahr 2020 mit 10 zu 90 Prozent komplett gegensätzlich aus. Alles verschiebe sich, bald würden 50 Prozent der Beschäftigten in einem Unternehmen von Informatikern gestellt. KI und Datenanalyse seien die spannendsten Felder.
Dazu gebe es den Wandel der Generationen. „Da fühlt sich vielleicht der ein oder andere auf den Schlips getreten, aber: Echte Innovation geht weitgehend von Menschen unter 30 Jahren aus.“ Wer wirklich nach vorne kommen wolle, müsse junge Leute in Entscheidungen mit einbeziehen. „Natürlich nicht Auszubildende direkt auf Geschäftsführungsebene, aber beziehen Sie junge Mitarbeiter unbedingt mit ein“, riet Lange eindringlich.
Keine richtige Strategie
In Sachen Nachhaltigkeit wies Lange darauf hin, dass in der Logistik nicht nur das Packmaterial, sondern auch die Transport- und Prozessoptimierung, Wiederverwendung und -verwertung sowie die Sammlung und Entsorgung ökologisch relevante Faktoren seien, die Potential zur Verminderung des CO2-Ausstoßes – und der Kosten – bieten.
Moderator Schering freute sich: „Nur zwei Leute haben während des Vortrags aufs Handy geschaut – es war wirklich fesselnd.“ Und leitete über zur Podiumsdiskussion und der Frage „Sind DIY-Lieferketten nachhaltig und effizient?“ Alexander Alberts vom gleichnamigen Systemhersteller für Baumärkte und Fachhandel aus dem Sauerland sowie Andreas Walz von der Ego Europe GmbH bejahten das, „aber es ist nicht ganz einfach, in Einklang zu bringen“.
Prof. Nektarios Bakakis blieb eher beim Fragezeichen, auch Gerritt Höppner-Tietz von Hagebau Logistik zeigte sich skeptisch: „Es gibt noch keine richtige Strategie, um das Thema Nachhaltigkeit erfolgreich zu bewältigen – aber es ist ein Unternehmensziel.“ Ego versuche, weniger Retouren zu bekommen sowie weniger Plastik zu verwenden und weniger Luft zu transportieren, machte Andreas Walz klar.
Alexander Alberts gab an, dass sein Unternehmen erstmal eine Bilanz aufstelle, um zu sehen, wo man verbessern könne. „90 Prozent entstehen bei uns im Vormaterialbereich, die Stahlherstellung können wir kaum beeinflussen.“ Aber Transporte könnten gebündelt werden und auch die wiederverwendbaren Chap-Paletten hätten Vorteile. „Aber für mich ist wichtig, dass irgendwann vorne die Null stehen muss. Wie das machbar ist, muss jedes Unternehmen für sich herausfinden“, meint Alberts. „Das ist ein extrem dickes Brett, was wir da bohren, wenn wir 2045 klimaneutral sein wollen – in 23 Jahren, das ist nichts!“
Eifrig wurde diskutiert, ob Kunden immer jede gewünschte Menge bestellen können müssen. „Diese Büchse der Pandora haben wir doch selbst geöffnet“, bekannte Gero Liebig von GLS. Ralf Thiel von Hailo hielt dagegen: „Die Zeiten der Anforderungen der Baumärkte an uns, dass eine Leiter verkauft wurde und wir sofort eine nachliefern, sind vorbei.“ Man müsse miteinander reden, dann finde man auch eine Lösung.
Tolle Zusammenarbeit
Ein Beispiel sei die tolle Zusammenarbeit mit Hornbach, fuhr Thiel fort, ein Vorteil aus dem Arbeitskreis Synlog: „Lieferanten und Händler können sich gegenseitig besuchen und sehen, was besser gemacht werden kann.“ Das ergänzte Frank Peter von Hornbach: „Kommt gerne zu uns! Jeder Lieferant ist gern gesehen und kann sich anschauen, wie es bei uns läuft.“
Jörg Stulken, Sales Consultant der Smapone AG, stellte deren Prozessverwaltungssoftware vor, die als SaaS-Plattform startete und Mitarbeiter in die Lage versetzen soll, selbstständig ohne Programmierkenntnisse Digitalisierung zu betreiben. „Beim Citizen Development ist nicht der Ansatz, dass nur die IT sich mit den Prozessen auskennt, sondern dass man das den Mitarbeitern selber an die Hand gibt.“
Für Digilo präsentierten Tino Koumasse und Nicolas Lassai das Real-Time-Lkw-Lademodul Digiload, mit der es kein Risiko mehr gebe, eine Palette nicht oder in einen falschen Lastwagen zu laden. Digipick ist das zugehörige Modul für die Kommissionierung und Digitrack das automatisierte Modul, mit dem Fotobeweise am Gabelstapler oder Handgerät erstellt werden, dass Lagerungsaufgaben korrekt durchgeführt wurden.
Gero Liebig erläuterte die GLS-Strategie „Better Route“, mit der durch bessere Planung der Stopps für den Fahrer eine 10 bis 15 Prozent effektivere Zustellung möglich sei. Außerdem seien mit den Parcel Lockern nachhaltige Paketboxen geplant, die 24/7 für den Endkunden da seien. 40 Parcel Locker gebe es schon, 500 seien zum Geschäftsjahr 2023/24 geplant, so Liebig.
Die SSD-Logistik – sperrig, schwer und direkt – für den Baumarkt von L.I.T. führte Ralf Bunzek vor. Die wurde am Standort Moers entwickelt und von dort werden die unhandlichen Waren bundesweit direkt ausgeliefert. Die Fahrer seien somit gleichzeitig die Zusteller. „Im Vergleich zur konventionellen Stückgutverteilung hat das den Vorteil, dass die Güter nicht in einem Hub umgeschlagen werden.“
Die Trends in der DIY-Logistik seien Digitalisierung, Omnichannel und Nachhaltigkeit, führte Jens Wollmann aus, Leiter von Dachser DIY-Logistics. Dabei gebe es in zwölf Städten bereits die emissionsfreie Auslieferung aller Sendungen mit E-Lastenrädern und E-Lkw, berichtete Wollmann. Bis Ende 2024 sei das Dachser Emission-Free Delivery in mehr als 20 Metropolregionen Europas geplant.
Antonios Rigalos, Managing Partner, und Kevin Feuser, Head of Commercial, berichteten von den Vorteilen der Einkaufskooperation Xstaff, die von vier BCOs (Beneficial Cargo Owners) für Seefracht gegründet wurde, Coop aus der Schweiz, Colruty Group aus Belgien, Mango aus Spanien und der weltweit agierenden Modemarke Tendam. Schutz und Verhandlungsposition des Einkaufsverbunds, Optimierung der Lieferketten sowie All-in-one-Lösungen bieten den Mitgliedern viele Vorteile, so Rigalos und Feuser. Derzeit arbeite Xstaff daran, seine Vision auch auf Luftfracht auszuweiten sowie auf eine interkontinentale Eisenbahn zwischen China und Europa.
Mehrere Vertreter betonten immer wieder die Notwendigkeit noch stärkerer und besserer Zusammenarbeit in der Branche. Auch Markus Scherings Fazit lautete: zusammensetzen, zusammen reden, zusammen abstimmen – Kollaboration. „Netzwerken ist so wichtig, das haben wir während Corona gemerkt: Man entfremdet sich.“ Für ihn am wichtigsten: „Mehr miteinander reden, nicht übereinander!“
Der nächste Synlog-Tag ist am 17. September 2024 in Schwerte.
Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 8/2023.