Preissieger, Preis-Champion oder Preis-Leistungssieger – das sind Beispiele für Auszeichnungen und Gütesiegel aus dem Einzelhandel. Dabei werden solche oft ohne Faktengrundlage und Kontrolle verliehen, teilweise von den Händlern selbst, wie eine Recherche des rbb-Verbrauchermagazins im LEH ergab. Dabei steigen der repräsentativen Studie „Gütesiegel Monitor 2023“ des Hamburger Marktforschungsinstituts Splendid Research vom Januar zufolge Kauf- und Preisbereitschaft, sobald ein Produkt mit einem Gütesiegel ausgezeichnet ist.
Demnach profitieren Produkte in zahlreichen Fällen von positiven Imagetransfers, die sich im Zuge einer Siegelauszeichnung einstellen, denn immer mehr Menschen achten beim Einkauf auf Produkte, die langlebig und umweltfreundlich sind. Entscheidend für das Vertrauen in ein Siegel sei der Hintergrund der jeweiligen Vergabestelle: „Gerade Non-Profit-Organisationen genießen besonders hohes Ansehen“, weiß Samuel Seebaß, Studienleiter bei Splendid Research. Gütesiegel beeinflussen demnach den Kaufprozess in erheblichem Maße: Durch Platzierung eines Siegels steige die Kaufwahrscheinlichkeit für ein Produkt im Durchschnitt um 5 Prozent. Gleichzeitig falle auch die Preisbereitschaft um etwa 4 Prozent höher aus.
Ein verlässliches und zugleich bekanntes Gütesiegel ist der Blaue Engel. „Er war das erste Umweltzeichen der Welt und ist seit jeher Vorreiter, um über die Vergabekriterien umweltfreundliche Produkte zu fördern“, erklärt Christoph Eßer-Ayertey, Leiter der Abteilung RAL Umweltzeichen bei der RAL gemeinnützigen GmbH. Unternehmen können mit dem Blauen Engel zeigen, dass ihre Produkte mehr können als gesetzlich gefordert.
Der Blaue Engel ist seit über 45 Jahren das Umweltzeichen der Bundesregierung und kennzeichnet umweltschonende und nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Die Kriterien werden auf wissenschaftlicher Basis unabhängig durch das Umweltbundesamt und Forschungsinstitute erarbeitet und so definiert, dass nur die besten 10 bis 30 Prozent der jeweiligen Produkte am Markt sie erfüllen können. Die Auszeichnung ist wirtschaftlich unabhängig, unparteiisch und freiwillig. Umfragen des Umweltbundesamts zufolge genießt der Blaue Engel einen hohen Bekanntheitsgrad von 90 Prozent und 23 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher geben an, dass der Blaue Engel einen Einfluss auf ihre Kaufentscheidungen hat.
Für einen Antrag auf Zertifizierung sind laut Christoph Eßer-Ayertey je nach Produktgruppe – aktuell sind über 30.000 Produkte von 1.600 Unternehmen ausgezeichnet – unterschiedliche Nachweise vorzulegen wie Herstellererklärungen, Prüfberichte und Sicherheitsdatenblätter, etwa zu Rezepturen, Emissionsmessungen oder Konservierungsmitteln. Daneben berücksichtigt das Umweltzeichen aber auch den Produktlebenszyklus in Hinblick auf ressourcenschonende Herstellung, nachhaltige Produktion von Rohstoffen sowie die Gebrauchstauglichkeit des Artikels. Mitunter werden auch „Anforderungen an Werbeaussagen und Produktinformationen gestellt, um dem Verbraucher eine transparente Hilfe vor dem Kauf anzubieten“, sagt Eßer-Ayertey.
Fazit: Der Blaue Engel zeige, ob ein Produkt umweltfreundlicher ist und mehr Gesundheitsschutz bietet als vergleichbare Produkte. Erfolgreiche Beispiele waren FCKW-freie Spraydosen und Kühlschränke oder asbestfreie Bremsbeläge – diese Anforderungen haben sich längst komplett durchgesetzt, sodass für diese Produktgruppen gar kein Blauer Engel mehr nötig ist.
Ein Beispiel aus der DIY-Branche ist die erste Duschbrause, die nach Überarbeitung der Kriterien – auch das geschieht natürlich regelmäßig – zertifiziert wurde, führt Abteilungsleiter Eßer-Ayertey an. So wurde im Juni die Urkunde für die ersten zertifizierten Duschbrausen nach der neuen Revision der Vergabekriterien für energie- und wassersparende Hand- und Kopfbrausen übergeben. Solche Ware finden sich auch in jedem Baumarkt. Der Handel setzt den Blauen Engel gerne auch offensiv in der POS-Kommunikation auf seiner Fläche ein.
Für diese Produktgruppe ist beispielsweise nicht nur sicherzustellen, dass nicht mehr als 8 Liter Wasser pro Minute durch den Duschkopf rauschen. Es müssen auch nachweislich die Werkstoffe und Materialien hygienisch unbedenklich sein und dürfen die Qualität des Trinkwassers nicht beeinträchtigen. Außerdem wurde etwa ein Kaminofen von Xeoos mit dem Blauen Engel ausgezeichnet, der weniger als 15 Milligramm Staub pro Kubikmeter ausstößt (der gesetzliche Grenzwert liegt bei 40 mg/m3) oder die emissionsarmen Holzwerkstoffplatten SterlingOSB-Zero von West Fraser.