Wer gedacht hatte, dass die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und die nationalen und globalen Auswirkungen von Covid-19 und seinen Konsorten zwar dramatisch und einschränkend, aber doch wenigstens nur vorübergehend sein würden, der sieht sich jetzt bedingt durch die Konsequenzen des russischen Überfalls auf die Ukraine, die daraus resultierenden Gegenmaßnahmen vieler Staaten und die Unwägbarkeiten Flüchtlingsströme, Rohstoffengpässen, Erdöl- und Erdgasknappheiten sowie Lieferwege betreffend einem Rattenschwanz neuer, noch größerer Herausforderungen gegenüber.
Dachten nicht die meisten von uns, dass man so langsam in einen neuen „Normalzustand“ hinübergleiten würde, dass man sich so langsam von der Maske verabschieden könne? Nun, letzteres mag ja der Fall sein, die Probleme sind dadurch aber nicht kleiner, die Unsicherheiten nicht geringer geworden.
Unsere Beziehungen zu Russland werden neu austariert werden – und zwar in vielerlei Hinsicht. Es wird ein „Vor dem 24. Februar 2022“ geben und – nach einer von Unsicherheit geprägten Zwischenphase – ein „Nach dem ...“. Obi hat – wenn auch vielleicht etwas von Tengelmann getrieben – schon einmal Konsequenzen gezogen und sich aus Russland zurückgezogen. Auch einige deutsche Lieferanten sind diesem Schritt gefolgt. Andere wiederum zögern noch. Teils ist das Russlandgeschäft für sie noch zu wichtig, teils agiert man ganz nüchtern kaufmännisch und blendet moralisch-ethische Argumente ganz einfach aus.
Wir befinden uns, bildlich gesprochen, wie in besten Corona-Zeiten immer noch in einer dichten Nebelwand und können unseren politischen und wirtschaftlichen Kurs nur auf Verdacht und Vermutungen halten. Vielleicht ist die Nebelsuppe zwischenzeitlich sogar noch etwas dichter geworden. Man hört jetzt häufig das Wort „Zeitenwende“. Die Spielkarten, wenn ich diesen Begriff gebrauchen darf, werden neu gemischt, neue Optionen gibt es en masse. Mitentscheidend wird sein, wie sich die Staaten Europas neu ausrichten, ja, ob sie überhaupt dazu in der Lage sind. Bilden sich neue Koalitionen, kommen neue Akteure hinzu? Und wie reagieren die Volkswirtschaften – mit mehr Protektionismus, mehr Diversifizierung, mehr Kooperation? Es ist die Zeit der Fragen, die Zeit der Antworten ist…