50 Jahre Baumärkte bei Hornbach. Was bewog die Hornbach-Verantwortlichen damals dazu, in den Einzelhandel zu gehen?
Dr. Ursula Dauth: Hornbach hatte in seiner nahezu 150-jährigen Firmengeschichte immer auch mit Handel zu tun. Schon zu Zeiten als Schieferdecker hat Firmengründer Michael Hornbach zusätzlich mit Baustoffen gehandelt. Ab 1900 gab es die Baumaterialienhandlung von Sohn Wilhelm Hornbach in Landau. Ab da wurde der Handel zunächst das wichtigste Standbein. Parallel dazu gab es andere Geschäftsfelder wie den Kläranlagenbau. Handel war also nichts Neues, als Otmar Hornbach vor 50 Jahren zum Einzelhändler wurde, weil mit Baustoffgroßhandel allein nicht mehr genug Geld zu verdienen war.
Und weshalb entschied man sich gerade für dieses "typische Hornbach-Format"?
Dauth: Das typische Hornbach-Format war geprägt von der Erkenntnis, dass ein Baumarkt ohne Gartenmarkt keinen Sinn macht, so wie ein Häuslebauer ja auch immer einen Garten anlegen würde. Hinzu kam, dass Otmar Hornbach in den USA gesehen hat, wie wichtig es ist, möglichst viele Warenbereiche unter einem Dach zu vereinen. Das erforderte aber auch eine bestimmte Größe. Größe wurde zur Hornbach-DNA, schon der erste Markt 1968 in Bornheim war über 3.000 m² groß.
Wie sehr prägt die Familie Hornbach bis heute das Unternehmen - und haben Außenstehende da überhaupt eine Chance?
Dauth: Die Familie Hornbach prägt seit 1877 das Unternehmen und hatte immer das Glück, dass es in jeder Generation Söhne gab, die das Unternehmen weitergeführt haben. Das hat sich bis heute so gehalten, und die sechste Generation ist auch schon an Bord. Selbstverständlich haben auch Außenstehende eine Chance, der siebenköpfige Vorstand der Baumarkt-AG besteht aus sechs externen Managern. Allerdings ist die Hälfte von ihnen seit mehreren Jahrzehnten bei der Firma, so wie es immer Hornbach-Prinzip war, die Führungskräfte möglichst aus den eigenen Reihen zu rekrutieren und für die angestrebte Position entsprechend weiterzubilden. Der erste Manager, der von außen "geholt" wurde, war Finanzvorstand Roland Pelka, der 1996 gleich in dieser Funktion zu Hornbach gekommen ist.
Gibt es Phasen in der Entwicklung der Hornbach-Baumärkte?
Dauth: Unter dem Aspekt "Was braucht der Kunde, wie ändern sich seine Bedürfnisse" hat Hornbach immer an der Optimierung der Baumärkte gearbeitet. Ich möchte hier vier Phasen nennen: 1980 entstand in Karlsruhe der erste "8.000er", um eine möglichst große Warenfülle präsentieren zu können. 1984 folgen in Frankfurt und Darmstadt die "10.000er", die sogenannten "Warehouse-Stores". Dies bedeutet den Wechsel von den "Bau-Warenhäusern" zu den "Bau-Lagerhäusern" mit Bevorratung der Ware im Markt auf Hochregalen. 1991 wurde in Bamberg der mit 12.000 m² größte Baumarkt Deutschlands eröffnet, der Vorbild wurde für die folgenden Märkte in den neuen Bundesländern. Charakteristisch war hier der Baustoff-Drive in, der allerdings schon 1990 erstmals in Koblenz eingeführt wurde. 2003 nun folgte mit der Eröffnung von Göteborg ein Markt von über 14.000 m² (BHB-Fläche) mit dem Baustoff-Drive in in seiner heutigen Form, d. h. mit einer großen Halle und direkter Vernetzung mit dem Markt. Seit 2011 befinden sich auch wieder kleinere Formate im Markt-Portfolio, um bei der Expansion flexibler zu sein, weil die ganz großen Flächen zumindest in Deutschland rar werden.
Von außen erscheint die Hornbach-Entwicklung immer extrem stringent. Ein Eindruck, der täuscht?
Dauth: Dass die Hornbach-Entwicklung stringent erscheint, hat aus meiner Sicht folgende Gründe: Ausschließliche Konzentration auf die Bedürfnisse der Kunden, dementsprechend ein überdurchschnittliches Warenangebot und sehr gute Erreichbarkeit der Märkte. Eher Verzicht als Kompromisse bei der Standortqualität. Festhalten am organischen Wachstum statt Übernahme anderer Ketten mit allen bekannten Risiken. Natürlich gab es auch Versuche, weitere Geschäftsfelder zu entwickeln, wie etwa die eigenständigen "Lafiora-Gartenmärkte". Als sie keinen Erfolg hatten, wurde dieses Konzept wieder aufgegeben. Auch das gehört zu Hornbach: Wenn sich etwas als erfolglos erweist, wird der Plan revidiert und nicht zähneknirschend daran festgehalten.
Von der Pfalz nach Europa: Welche Rolle spielen die Grenzsituation zu Frankreich und die pfälzische Regionalität in der Entwicklung von Hornbach?
Dauth: Die Nähe zu Frankreich brachte zwar den Wunsch, dort Fuß zu fassen, doch Baugenehmigungen waren nicht zu bekommen, eine Expansion aussichtslos. Zumindest kommen französische Kunden in die Märkte der Grenzregion Saarbrücken, Bornheim und Binzen. Als seitens der Politik Mitte der 90er Jahre die Weichen gestellt waren, bekam die Expansion ins Ausland hohe Priorität. Heute beträgt der Auslandsanteil am Gesamtumsatz nahezu 50 Prozent. Gleichwohl fühlt man sich regional verwurzelt und zahlt hier seine Steuern - auch die Holding ist in der Pfalz geblieben!
Noch in diesem Jahr erscheint ja auch ein Buch, das sich speziell mit der Geschichte der Hornbach-Baumärkte beschäftigt. Sie sind die Autorin. Was ist Ihrer Meinung nach "typisch Hornbach" und was macht das Besondere an diesem Unternehmen aus?
Dauth: Typisch Hornbach ist für mich: der Mut zu Neuerungen seit der Firmengründung, selbst als Aktiengesellschaft mittelständisch-kaufmännisches Denken statt Hasardeurtum, trotz des Selbstbewusstseins eines internationalen Konzerns Bodenständigkeit und Bescheidenheit, kein hierarchischer Dünkel, sondern Kommunikation mit allen Ebenen. Eine familiengeprägte Firmenkultur, die Mitarbeiter fair behandelt und durch die Hornbach-Stiftung auch in Notlagen nicht allein lässt. Und, last but not least, eine Werbung, die immer wieder Maßstäbe setzt. Kurzum: Ein gesund gewachsenes Unternehmen, das noch Werte hochhält.