Dr. Joachim Bengelsdorf

Editorial

Nicht nur eins ist keins

Ich weiß, dass man vorsichtig sein soll, eigene Erfahrungen, die man in Baumärkten gemacht hat, allzu hoch zu hängen oder diese zu verabsolu­tieren. Der vermeintliche "Branchenexperte" läuft auch mit einer ganz speziellen Brille durch den Markt, eine Kundenbrille ist es oft nicht (mehr).
Und dennoch: Es gibt manches Mal Duplizitäten von Ereignissen, die einfach zu einer Stellungnahme geradezu zwingen. In den vergangenen Wochen habe ich zahlreiche Vorträge von Händlern, Lieferanten, Logistikern und Experten gehört, die sich mit den Themen Warenfluss, Lieferkette und Beschaffung beschäftigten und dort insbesondere die Problematik sogenannter Regallücken oder Out-of-Stocks (OoS) zum Thema hatten. Gleichzeitig war ich auch privat relativ häufig in Baumärkten unterwegs und war nach einiger Zeit erstaunt, vor wie vielen Regallücken ich regelmäßig stand. Ich gebe zu: Je kleinteiliger die Produkte waren, desto häufiger starrte mich ein leerer Regalhaken an.
Lamentiert wird branchenintern oft und seit langem über dieses Thema, doch hat sich da etwas getan, gibt es Verbesserungen? Keiner weiß es genau, weil es vor allem keine aktuellen Marktuntersuchungen und Kundenbefragungen im Baumarktbereich gibt. Eine bereits zehn Jahre alte Untersuchung spricht von einer OoS-Quote im gesamten deutschen Einzelhandel von 8,3 Prozent. Die häufigsten Ursachen für ungeplante Regallücken sind demnach Listungsdifferenzen, Bestellprobleme, Unzulänglichkeiten bei der Regalbefüllung sowie Liefer- und Platzierungsprobleme.
"Eins ist keins" ist ein Spruch, den viele in der Branche kennen. Gemeint ist: Wenn nur noch ein Produkt am Haken ist, ist die nächste Regallücke bereits vorprogrammiert, verliert der Händler demnächst Umsatz. Dabei müssten gerade im kleinteiligen Sortimentsbereich die Alarmglocken viel früher angehen. Nach der Studie reagieren elf Prozent der Kunden in einer OoS-Situation mit dem Kaufabbruch, 22 Prozent mit einem Kaufaufschub, 37 Prozent mit einem Geschäftswechsel, neun Prozent mit einem Markenwechsel und 21 Prozent mit einem Variantenwechsel.
Geschätzt betragen die Umsatzrückgänge durch Kaufabbrüche und Geschäftswechsel drei Prozent. Besonders ärgerlich sind "Phantom-OoS", die auftreten, wenn der Artikel noch im Laden ist, sich jedoch nicht am richtigen Regalplatz befindet.
Wer passende Lösungen für dieses Problem entwickeln will, muss aber zuerst einmal die vielen Fragezeichen beseitigen, denn aktuell und damit valide sind die Zahlen leider nicht. Der Dähne Verlag wird sich dieses Themas zusammen mit seinen Marktforschungspartnern annehmen, dann wissen wir vielleicht bereits im nächsten Jahr mehr.Herzlichst IhrJoachim Bengelsdorf
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