Fast könnte man es übersehen bei der medialen und mentalen Übermacht, die das Thema Wirtschaftskrise in den Zeitungsspalten und den Köpfen hat: Viele Branchen sind mächtig in Bewegung, speziell auch der Einzelhandel und seine Lieferanten. Zu groß war der Margendruck auch schon in vorgeblich normalen Zeiten, als dass man sich auf Althergebrachtem hätte ausruhen können. Längst sind Neuerungsbewegungen auch im grünen Markt angekommen. Einige Betriebstypeninnovationen stellen wir in diesem Heft vor: Dehner schickt seine Kompakt-Klasse an den Start und testet die Idee, sich auch im Gartencentergeschäft ganz auf Schnelldreher und Mengenartikel zu konzentrieren. Beispiel zwei spielt sich im stark verkleinerten Maßstab, aber möglicherweise doch mit Signalwirkung ab. Gemeint ist Müller Lebensraum Garten, eine Endverkaufsbaumschule, die mit dem Konzept der Lebenswelten in aller Konsequenz Ernst macht. Weitere Beispiele gefällig? Man schaue etwa auf die Zeus, die mit der Multiplizierung ihres Floraland-Formates nun in größeren Schritten vorankommt, oder richte seine Aufmerksamkeit auf die gern übersehene Raiffeisenszene: Die RWZ setzt in ihren Landwelt-Märkten auf Regionalität, die Agravis mit Floreno auf Exklusivität – einerseits. Andererseits etablieren die norddeutschen Raiffeisen-Genossen ebenfalls ein neues (und ebenfalls in diesem Heft vorgestelltes) Nahversorgerkonzept. Vielleicht noch stärker ist der Drang zu Innovationen auf der Industrieseite zu spüren. Die Hersteller folgen nicht erst jetzt dem allgemeinen Trend, dass praktisch alle Lebensbereiche mit den Begriffen „Lifestyle“ und „Design“ aufgeladen werden. So auch im Garten: Bosch macht seinen Akku-Schneider Isio zum Geschenk- und Kultartikel, Al-Ko tunt seine Benzinmäher (nicht nur) optisch zu Highwheelern und damit zu Wunschobjekten Boliden-verliebter Männer hoch. Und es gäbe jede Menge weiterer Beispiele zu nennen. Dass da der eine oder andere Anbieter das eine oder andere Produkt lediglich aufhübscht, um es dann als Neuheit zu verkaufen – geschenkt. Wichtig ist, dass sowohl Produkt- als auch Betriebstypeninnovationen das Thema Garten anschlussfähig an die großen Verbrauchertrends machen. Und genau das gelingt der Branche derzeit. Deshalb braucht sie auch nicht zu fürchten, dass das Gärtnern aus der Mode kommt. An seine Stelle tritt das Gardening (mit allen Denominationen vom Basic Gardening über das Wildlife Gardening bis zum – ja, auch das – Guerilla Gardening). In den Garten ist Bewegung gekommen.
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