Normal. Das ist wohl das Wort, das am häufigsten fällt, wenn man beim Hagebau-Gesellschafter Batzner nachfragt, wie das so ist mit den Mitarbeitern – sie sagen hier: Kollegen – aus anderen Ländern, die hier arbeiten. Es sei eben, sagen sie hier, ganz normal, dass rund 10 Prozent der Kollegen in der Region Nürnberg/Feucht keine Deutschen sind, und eine Selbstverständlichkeit, dass man sie behandelt wie … nun ja: wie ganz normale Kollegen eben.
Aber es gibt einen im positiven Sinne nicht ganz so normalen Aufhänger dafür, dass das Thema Diversität mit Blick auf die Herkunft der Mitarbeiter für diese diy-Ausgabe ausgerechnet am Beispiel des Bauzentrums Batzner in Feucht bei Nürnberg aufgegriffen wird. In Feucht arbeitet nämlich Mohammad Gholami; er hat einen Sonderpreis bekommen, als die Hagebau-Zentrale im Dezember 2023 die besten Azubis der Gruppe ausgezeichnet hat.
Wie dramatisch die Geschichte hinter dieser Auszeichnung, oder besser: hinter dieser Person ist, wurde in der Pressemitteilung seinerzeit nur angedeutet. Der heute 34-jährige Gholami stammt aus dem Iran, hat dort Architektur studiert, floh vor acht Jahren nach Deutschland – und keiner seiner Abschlüsse wurde anerkannt. Also hat er von ganz vorne angefangen, einen Job in einem Lager angenommen und sich schließlich beim Hagebau-Gesellschafter Batzner beworben. Das Unternehmen hat ihm eine Ausbildung zum Fachlageristen angeboten. Gholami griff zu.
Für ihn ist das freilich mehr als eine Ausbildung und nun ein Arbeitsplatz. Er sagt: „Das ist meine Familie“ – ein Satz, der seiner Chefin sehr zu Herzen geht. Deniz Segenschmidt leitet den Baustoffhandel am Kombistandort in Feucht. Sie ist es, die in enger Abstimmung mit Claudia Fischer-Curdts, der Personalleiterin der Batzner-Gruppe, Karrieren wie die von Mohammad Gholami möglich gemacht hat.
Auch das hört sich wieder weniger dramatisch an, als es war. Der Kampf mit den Behörden war oft genug zäh – und mehr als das: Mehrfach stand Gholami vor der Abschiebung. „Hier geht es einfach auch um menschliche Schicksale“, begründet Claudia Fischer-Curdts das Engagement des Arbeitgebers, der – natürlich – auch das Thema Fachkräftemangel im Blick hat. Hinzu kommt: Gholami hat von Anfang an in Deutschland gearbeitet, er hat keine Transferzahlungen bekommen – und wollte sie auch gar nicht.
Deniz Segenschmidt fasst die Haltung aus Firmensicht so zusammen: „Das sind alles junge Leute mit viel Potenzial. Da sind auch Intelligenz und Motivation dahinter. Wir brauchen Nachwuchskräfte an allen Stellen.“
Was den Umgang mit Behörden angeht, hat das Batzner-Team inzwischen eine gewisse Übung. Die hat es gebraucht, um Youness Alami mit dem entsprechenden Aufenthaltstitel im Unternehmen zu halten. Der 25-jährige Marokkaner macht im Hagebaumarkt in Feucht eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann.
Als Alami nach Deutschland kam, konnte er bereits deutsch: Er hat in seiner Heimat ein Germanistik-Studium begonnen und dann ein Auslandssemester in Nürnberg absolviert – wo es ihm so gut gefallen hat, dass er den Entschluss gefasst hat, zu bleiben. Nach einigen Praxistagen im Baumarkt hat man sich bei Batzner entschieden, ihm den Ausbildungsplatz zu geben.
Bei Mohamad Faruck hingegen war das Aufenthaltsrecht nicht das Thema. Er ist in Nürnberg geboren, hat aber kurdische Wurzeln: Seine Eltern sind aus dem Nordirak mit Anfang 20 geflohen. Der 21-Jährige macht eine Ausbildung im Groß- und Außenhandelsmanagement und sagt ganz offen: „Meine Noten waren nicht so gut.“ Und was sagt die Personalchefin zu so einem Zeugnis? „Es gibt immer ein paar Tage Praktikum. Dann ist das Bild viel klarer“, erklärt Fischer-Curdts. „Dann sehen wir: Ist er motiviert, will er etwas lernen und sich weiterentwickeln?“
„Man wird hier an erster Stelle als Mensch gesehen und respektiert“, spiegelt Faruck diese Haltung zurück – mehrmals im Gespräch. Fast so oft wie „normal“ fallen die Wörter „Mensch“ und „Kollege“. Alle drei betonen: Ohne die Kollegen ginge das alles nicht. Sie haben es beispielsweise auch ermöglicht, dass Mohammad Gholami mit absoluter Ausnahmegenehmigung vom Arbeitgeber vier Wochen Urlaub nehmen konnte, um nach acht Jahren seine Eltern im Iran wieder sehen zu können.
Oder als weniger spektakuläres Beispiel: In so einer Atmosphäre ist es selbstverständlich, dass die muslimischen Kollegen beim Grillfest nicht zum Biertrinken gedrängt werden – und dass das Schweinefleisch zuletzt auf dem Grill landet, um islamische Speisevorschriften zu respektieren.
„Wir gehen mit Respekt miteinander um“, sagt Deniz Segenschmidt fast schon achselzuckend. Das sei doch … richtig: ganz normal.
Möglicherweise hat ihre Sensibilität dafür etwas damit zu tun, dass sie selbst einen Migrationshintergrund in zweiter Generation mitbringt. Ihr Vater war Türke.
Und um dem Bild von der bunten Vielfalt am Kombistandort Feucht noch einen weiteren Farbtupfer hinzuzufügen: Auch Segenschmidts Gegenüber im Einzelhandel, der Marktleiter des Hagebaumarkts, hat seine Migrationsgeschichte: Die Eltern von Thomas Bogatscher sind in den 90er Jahren aus Rumänien nach Deutschland ausgewandert.
Das ist natürlich Zufall. Kein Zufall ist, dass die Haltung in der Unternehmensgruppe so ist, wie sie ist: Die Leitung des in vierter Generation von der Familie Batzner geführten mittelständischen Handelsunternehmens mit seinen rund 400 Mitarbeitern und 18 Standorten will das so, versichert Claudia Fischer-Curdts: Es geht um die Menschen, so, wie sie sind. „Das Leben“, sagt sie, „ist schließlich vielfältig.“
Rainer Strnad