Eine würfelförmige 3-D-Gitter-Konstruktion, und oben fahren rote Roboter herum und sammeln graue Boxen aus dem Würfel auf: So sieht die Zusammenarbeit von Katoen Natie mit seinem Kunden Intergamma aus. Gerade haben der belgische Logistikdienstleister und die niederländische Baumarktgruppe ihre vor zehn Jahren eingegangene Partnerschaft um weitere fünf Jahre verlängert.
Ein zentraler Baustein des gemeinsamen Zukunftsprojekts ist eben dieser Würfel, der in einer der großen Logistikhallen von Katoen Natie am Standort Kallo bei Antwerpen steht. Es handelt sich um ein neues Lager- und Kommissioniersystem mit Namen Auto-Store, den Angaben zufolge das weltweit schnellste System dieser Art. Ende September haben die Partner die neue Anlage in Betrieb genommen.
Der Auto-Store wird für die Online-Bestellungen der Kunden eingesetzt. Intergamma ist die größte Baumarktgruppe in Benelux mit 384 Märkten in Belgien und den Niederlanden unter den Marken Gamma und Karwei und einem Jahresumsatz von rund 1,5 Mrd. Euro. „Die kontinuierlichen Entwicklungen in den Online-Kanälen von Intergamma haben zu einem Anstieg des Volumens geführt“, bestätigt Joost De Beijer, CEO von Intergamma.
„Die jüngste Investition in den Auto-Store in Zusammenarbeit mit Katoen Natie passt perfekt zu unserer Strategie, bei der E-Commerce auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird, während wir gleichzeitig unsere Lieferkette nachhaltiger gestalten. Unser Ziel ist es, uns zu einem ‚One-Stop-Shop‘ zu entwickeln, in dem die Verbraucher ihr gesamtes Heimwerkerprojekt mit Gamma und Karwei in einem Rutsch bewältigen und sich ihre Ware liefern lassen oder abholen können, wo immer sie wollen.“ Intergamma geht davon aus, dass die Investition zu größeren Kapazitäten, mehr Flexibilität und höherer Zuverlässigkeit führt und gleichzeitig die Kosten senkt.
„Für Katoen Natie ist das gesammelte Know-how mit Auto-Store bereits ein zusätzlicher Anreiz, mit innovativen Lösungen neue Kunden auf unseren Logistikplattformen zu gewinnen“, sagt Fernand Huts, Präsident und Inhaber von Katoen Natie. Der Standort Kallo gilt als die größte „Multi-Customer“-Logistikplattform in Europa.
Der Auto-Store ist ein würfelförmiges Automatisierungssystem in einer Gitterstruktur und einem Volumen von rund 900 m³. Es arbeitet nach dem Goods-to-man-Prinzip. Die Behälter mit den bevorrateten Produkten sind in dem Gitter 16-fach neben- und übereinander gestapelt. Dieses Gitter ist ein Aluminiumschienensystem, das die Behälter und Roboter umgibt. Oben auf dem Gitter fahren 20 autonome Roboter, die Lagerbestände für Bestellungen aus dem Gitter entnehmen.
Dazu heben sie Behälter aus dem Gitter und ordnen sie neu an, bis sie den richtigen Behälter haben. Dieser Behälter wird dann an einer der drei Kommissionierstationen bereitgestellt. Der Kommissionierer entnimmt die Ware aus dem Behälter und führt den Auftrag aus; der Behälter wird wieder in das Raster zurückgestellt. Ein Algorithmus stellt sicher, dass der Bestand für die Aufträge immer auf die jeweils effizienteste Weise entnommen wird. Durch die Automatisierung fallen, versichert der Logistiker, keine Jobs weg. Dasselbe Team der Kommissionierer kann jetzt schlichtweg mehr Aufträge abarbeiten. Darüber hinaus werde die Fehlerrate reduziert, das Bestandsmanagement verbessert und so die Warenverfügbarkeit optimiert, versichert das Unternehmen.
Online-Bestellungen, die bis 21 Uhr eingehen, werden von Katoen Natie bis 23 Uhr an den Paketdienstleister übergeben und können am Folgetag ausgeliefert werden. Nachts arbeiten die Roboter weiter und sortieren die Boxen wieder neu: Die Schnelldreher von Intergamma kommen immer in die obersten „Schubladen“ des Rasters, damit sie am nächsten Tag wieder am schnellsten kommissioniert werden können.
Von der Baumwolle zum Baumarkt
Was hat Baumwolle (Katoen – vergleiche cotton!) mit DIY-Logistik zu tun? Im Jahr 1854 als „Baumwoll-Gilde“ im Hafen von Antwerpen für das Entladen der Baumwoll-Frachter gegründet, ist Katoen Natie heute einer der weltweit führenden Full-Service-Logistikdienstleister für eine Vielzahl von Branchen. Das Unternehmen bietet Logistik- und Engineering-Lösungen und betreibt 180 Logistikplattformen in 40 Ländern. Die Kunden kommen hauptsächlich aus den Bereichen Konsumgüter, Industriegüter, Petrochemie, Feinchemikalien und Schüttgut.
Die E-Commerce-Bestellungen gehen über EDI (Elecronic Data Interchange) ein und werden direkt an den Auto-Store übermittelt. Der wiederum ist auch an die bereits bestehende Verpackungsautomatisierung von Katoen Natie angeschlossen. So wird jeder Karton nach der Kommissionierung automatisch verschlossen und bis zum Verladen nicht mehr angefasst.
Einen Eindruck von der Komplexität des Systems vermitteln die Artikelzahlen, um die es hier geht. Seit Ende Oktober lagert Katoen Natie einen Intergamma-Bestand von mehr als 21.000 Artikeln ein. Er ist auf 31.000 Behälter verteilt, von denen 6.528 wiederum in vier Fächer unterteilt sind. Die Gesamtzahl der Lagerplätze beläuft sich damit auf 50.584.
Ob der Auto-Store in seiner Leistungsfähigkeit tatsächlich hält, was er verspricht, schaut sich Katoen Natie Engineering Solutions, die Inhouse-Forschungsabteilung von Katoen Natie, jetzt im Live-Betrieb der Anlage an. Das Ergebnis dieses Monitorings wird nicht zuletzt in die Entscheidung darüber einfließen, ob das Unternehmen in weitere Auto-Store-Anlagen an anderen Standorten investiert.