Dr. Joachim Bengelsdorf
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Das politische und kommunikative Chaos, das wir ausgelöst durch die Corona-Pandemie erleben, überrascht mich jeden Tag aufs Neue – und das seit fast zwei Jahren. Habe ich mich zwischenzeitlich an die Kakophonie von Statements, Meinungen, Verordnungen und Lockdownmaßnahmen gewöhnt? Nein – und ich will es auch nicht! Stringenz und Konsequenz, Einheitlichkeit und Geschlossenheit scheinen in der großen (= Berliner) und in der kleinen (= Bundesländer und Kommunen) Politik gleichermaßen abhandengekommen zu sein. Wenn Verwirrung und Konfusion zu stiften das politische Ziel ist, so haben wir Deutsche mal wieder einen Spitzenplatz errungen.

Dass die Wirtschaft – vom produzierenden Gewerbe über den Handel bis zu den Dienstleistungsunternehmen der Hotel- und Gaststättenbranche und Messeveranstalter – ob der sich im Tagesrhythmus widersprechenden Signale und Maßnahmen seitens der Politik verwirrt, ja sauer ist, kann ich gut nachvollziehen. Verfolgen wir irgendeine Art von Strategie in diesen Covid-19-Zeiten? Ich habe da meine Zweifel.

Den Politikern (und auch manchem Epidemiologen, Virologen, Arzt und Statistiker) wird dann oft vorgeworfen, dilettantisch zu agieren. Dabei tut man dem Wort „Dilettantismus“ eigentlich unrecht, leitet es sich doch vom lateinischen „delectare“ ab, auf Deutsch also „sich erfreuen“. Der Dilettant war demnach ursprünglich zwar ein Amateur, aber ein Liebhaber eines Fachs. Es waren Personen wie Joseph von Fraunhofer (= Glasschleifer), Jane Goodall (= Sekretärin) oder auch Alexander von Humboldt (mein persönlicher Held in der Geschichte), Charles Darwin oder Alfred Wegener.

Das Gegenstück zum Dilettanten ist der Experte, zum Amateur ist es der Profi. Dirk Maxeiner und Michael Miersch haben schon vor über zehn Jahren in einem Beitrag der „Welt“ konstatiert: „Der wissenschaftliche Fortschritt bedingt auf vielen Gebieten eine Spezialisierung, das lässt sich wohl nicht vermeiden. Andererseits ist der geistige Radius von Experten oft viel eingeschränkter als der des Dilettanten.“ Man habe es heutzutage mit einer Inflation des Expertentums zu tun, auch dort, wo es überhaupt nicht gebraucht werde.

Wir Journalisten neigen dazu, unsere Meinung durch Experten absichern zu wollen. Und da ist es schon erstaunlich, wer alles in den vergangenen 20 Monaten…

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