Rainer Strnad

Editorial

Grüner wird’s nicht

Das konjunkturelle Umfeld, in dem der DIY-Handel sich bewegt, zeigt sich zur Zeit so ersprießlich wie schon lange nicht: Die Konsumneigung bewegt sich auf hohem, die Inflationsrate auf historisch niedrigem Niveau. Vor allem aber: Der Bau boomt und will gar nicht damit aufhören. Im vergangenen Jahr hat das Bauhauptgewerbe seinen Umsatz um elf Prozent gesteigert. Die Versorgung mit Wohnraum ist zu einem politischen Top-Thema avanciert, die Konjunkturampeln am Bau stehen auf Dunkelgrün.
In dieser Situation melden die Baumärkte für das Jahr 2018 - gemeint ist die noch vorläufige Zahl aus dem IFH und von Klaus Peter Teipel - ein Plus von sagenhaften... 1,7 Prozent.
In einer ähnlichen Größenordnung bewegen sich die Zahlen, die der Dähne Verlag für seine jährliche Statistik Baumarkt + Garten erhebt, die Ende Mai erscheint. Darin zeichnet sich ab, dass die Top 20 mit ihren deutschen Standorten im vergangenen Jahr nicht über ein Umsatzplus von zwei Prozent hinauskamen - trotz der guten Vorgaben aus der Baukonjunktur. DIY ist nicht gleich Bau, schon klar. Aber trotzdem: Wie kann das sein?
Wo wir schon bei der Farbe der Hoffnung sind: Während die Gartenabteilungen der Baumärkte und die Gartencenter business as usual machen, geht um sie herum gerade die grüne Post ab. Das Thema Garten und Grün ist derzeit so was von in, und zwar auch in gartenfernen Segmenten. Wenn beispielsweise Aldi Damen-Oberbekleidung bewirbt, dann flanieren die Models nicht in einer kühlen Glitzer-Kulisse, sondern... richtig: im Garten.
Sogar die notorisch verschlafene Deutsche Bahn springt auf diesen Zug auf. Die Kundenzeitschrift Mobil, die mit einer Auflage von knapp 500.000 Exemplaren geschätzte 1,3 Millionen Leser erreicht, hat in ihrer März-Ausgabe ein Garten-Spezial gebracht und volle 27 Seiten Deutschlands kleinen und großen Gärten und der Freude am Pflanzen, Gießen und Ernten gewidmet.
Auch dieser Trend kommt nur gedämpft in den Zahlen an. IFH und Teipel beziffern das Plus der Baumärkte im Gartengeschäft mit 2,3 Prozent, das der Gartencenter mit 2,6 Prozent.
Wo liegt das Problem? Ein Verdacht wäre: Nachdem der DIY-Handel in fünf Jahrzehnten sein sehr erfolgreiches Geschäfts­modell vorangetrieben hat, ist er vielleicht ein bisschen zu satt geworden, um neue Entwicklungen agil aufzunehmen. Auch auf die gewaltigen Heraus­forderungen des On­line-­Handels hat er ja zunächst nur zögerlich reagiert.
Die gegenwärtige Boom-Phase am Bau und der Trend zu Grün würden ihm Chancen bieten, mit seinen Kernkompetenzen wieder mehr Tritt zu fassen. "Einfach machen!", möchte man rufen. Denn grüner wird's nicht.Herzlichst IhrRainer Strnad
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