Editorial

Vorsicht: Sackgasse!

Wenn Duplizitäten auftreten, sollte man schon einmal genauer hinsehen, ob diese tatsächlich rein zufällige Ereignisse oder doch eher Manifestationen sich bildender, fester Strukturen sind und sie sich deshalb nicht "einfach so" gebildet haben, sondern Beispiele für etwas sich neu Bildendes und Bleibendes sind.
Das erging mir so, als ich nach dem Lesen des Beitrags von Dr. Mirko Warschun in diesem diy-Heft ("Lieber in der Nische punkten", S. 16) eine nahezu identische Aussage zu der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Baumarktbetreiber in Hinsicht auf die Sortiments- und Produkttiefe der großen elektronischen Handelsunternehmen von Daniel Ohr auf dem diesjährigen  BHB Garden Summit in Köln hörte.
Zitat Warschun: "Die heimischen (Baumarkt-) Anbieter müssen sich klar abgrenzen. Sie stehen jetzt vor der Entscheidung, in welchen Sortimenten sie Best-in-class sein wollen. Amazon bei der Angebotsvielfalt toppen zu wollen, ist jedenfalls keine zielführende Option." Und Zitat Ohr: "Der Wettbewerb funktioniert in Zukunft nicht mehr über die Produkte bzw. die Produktanzahl, sondern über die Marke und das Marketing. Der Online-Handel ist über Produkte und Produktanzahl jedenfalls nicht mehr zu schlagen."
Das sind zwei knackige Feststellungen, die in großen Teilen diametral entgegenstehen zu dem, was so mancher Baumarktbetreiber mit seinem Shop-Auftritt im Internet macht bzw. erreichen will. Häufig genug höre ich jedenfalls, dass man "zwingend" das gesamte stationäre Sortiment elektronisch abbilden müsse, um gegen Amazon, Ebay und Co. bestehen zu können. Auch was das Thema "Pricing" angeht, sind die großen elektronischen Wettbewerber den Baumärkten und ihren Online-Shops um Längen voraus.
Folgt man Warschun und Ohr, ist dieser Kampf aussichtslos, vergeudete Energie, ein Anreiten gegen Windmühlen. Beide Experten betonen, welche Bedeutung in dieser Frage das Category Management habe. Während Warschun dieses in erster Linie strategisch interpretiert und auf das Online-Geschäft abzielt ("Anschauliche Produktinformationen, ausführliche Vergleiche, interessanter Content oder bequeme Zahlungsmodalitäten bieten Mehrwert, den die Kunden honorieren."), betont Ohr die Wichtigkeit, immer die Wertschöpfungskette im Blick zu haben. Das CM solle sich zuerst einmal fragen, in welcher Kundengruppe man denn überhaupt wachsen wolle und was man tun müsse, um hier auch Wachstum zu erreichen. Ohr hat damit zuallererst das stationäre Geschäft im Blick.
Wie man zu diesem Themenkomplex auch immer stehen mag: Die Baumarktbetreiber müssen aufpassen, bei ihren Strategien gegen Amazon und Co. nicht in eine Sackgasse zu geraten. Viele Chancen (und viel Zeit) haben sie nämlich nicht mehr.  
Joachim Bengelsdorf
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