Wenn Sie diese Zeilen lesen, dann ist – vielleicht – die Zukunft Praktikers, der ehemaligen Nummer Zwei in der deutschen Baumarktlandschaft, besiegelt. Denn am Mittwoch, dem 4. Juli 2012, findet/fand in Hamburg die diesjährige, terminlich verschobene Aktionärsversammlung des Baumarktbetreibers statt. Vielleicht ist dann aber auch noch nichts entschieden, denn gewichtige Teile der Aktionäre verfolgen so unterschiedliche Ziele, haben so unterschiedliche Interessen und stellten so unterschiedliche Anträge, dass über den Verlauf und die Beschlüsse der Aktionärsversammlung nur gemutmaßt werden kann. Selbst Gerichte mussten sich mit der Frage befassen, ob bestimmte Anträge zum Treffen der Anteilseiger zulässig waren oder nicht. Eines ist aber auf jeden Fall sicher: Der Praktiker-Karren steckt so was im Sumpf fest, dass man fast nicht mehr daran glauben mag, dass er noch einmal frei kommt. Das Hauptproblem ist, dass durch das Hin und Her der Markenführung seit über zehn Jahren der Markenkern des Unternehmens inzwischen so sehr beschädigt ist, dass es erstens viel Zeit und Geduld, zweitens viel Geld und Durchhaltevermögen und drittens einer kompetenten Führungsfigur samt Führungsmannschaft bedarf, um Praktiker auf neue, zukunftsweisende Schienen zu setzen. Und, ehrlich gesagt, keiner der drei Punkte wird derzeit erfüllt. Man ist ratlos, was man denn den Praktiker-Verantwortlichen raten soll: Quasi-Discounter, Retter Max Bahr, Verkauf der Auslandsstandorte, Verkleinerung des Filialnetzes in Deutschland? Egal: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“. Ob Wilhelm Busch diese Zeilen für Praktiker geschrieben hat? Es steckt da nämlich durchaus ein Stück Wahrheit drin. Vielleicht glimmt doch noch irgendwo ein Hoffnungsschimmer, gerade weil keiner mehr etwas von Praktiker erwartet. Vielleicht werden die Restrukturierungspläne jetzt realistischer. Und die Entscheidungsträger pragmatischer. Vielleicht kann man den Karren tatsächlich leichter aus dem Sumpf ziehen, wenn der Ballast an Erwartungen endlich ins Moor gekippt worden ist. Denn gleich, welche Pläne welcher Anteilseignerseite auch immer man sich im Vorfeld des Aktionärstreffens ansah, realistisch, überzeugend und umsetzbar, was Strategie, Finanzierung und Zeitrahmen betraf, war keiner. Das Zeitfenster für Praktiker wird immer kleiner. Dr. Joachim Bengelsdorf Download: Ist der Ruf erst ruiniert ... (PDF-Datei)