Inspiration ist nicht genug

 
Gut, die Baumärkte machen ihre Hausaufgaben. Was in letzter Zeit, wir sprechen hier von den letzten zwei bis drei Jahren, an neuen Konzepten erarbeitet und auch großteils auf der Fläche umgesetzt worden ist, das ist schon beachtlich. Sie haben das "Aber" erwartet? Hier kommt es. Wer sich ernsthaft in den bundesdeutschen Heimwerkermärkten umsieht, dem fällt auf, dass in erster Linie an der Präsentationsform der Ware gearbeitet worden ist. Das geht über die PoS-Gestaltung, Wegführung, Leitsysteme bis hin zu Themenboxen, Anwendungsbeispielen etc. Grob gesagt: die Baumärkte präsentieren heute die Produkte, die sie anbieten, besser als noch vor Jahren. Ja, dadurch, dass einige kleine Wohn- und Erlebniswelten schaffen, inspirieren sie auch ihre Kunden deutlich mehr als früher. Inspiration ist aber nur ein Glied in der Entscheidungs- und Kaufkette des Kunden. Es ist die erste Phase. Begeistern lassen sich viele sehr schnell. Die Motivation ist hoch, doch ach!, was kommt danach? Wenn es nach der ersten Inspirationsphase in die Phasen zwei bis vier geht, wenn es sich dann nämlich um Planung, Beschaffung und Umsetzung eines Projektes handelt, dann sinkt die Motivationskurve des Kunden rasch und dramatisch ab. In den allermeisten Fällen, das wissen die Planungsexperten ja selbst, kommt es dann auch nicht zum Produktkauf im Baumarkt. Schnell fühlt sich der Kunde überfordert und allein gelassen. Was nützen die besten Warenpräsentationskonzepte, wenn der Endverbraucher sich zwischen dem übergroßen Angebot nicht entscheiden kann oder er aus Unkenntnis der korrekten Verarbeitung eines Produktes sein Heimwerkerprojekt aufgibt? Ich weiß, es gibt Ansätze in den Baumärkten, dieses Problem zu lösen, oft scheitert es aber bereits am fehlenden und qualitativ ungeeignetem Beratungspersonal auf der Fläche. Der Kunde will an die Hand genommen werden. Er will Sicherheit, er will Vertrauen. Ich habe gelernt, dass Marke zuerst einmal Vertrauen heißt: Vertrauen des Kunden in die Fähigkeiten und das Grundversprechen einer Marke. Vielleicht spiegelt sich hier auch wider, dass Endverbraucher einzelne Baumarktgruppen eine geringe Markenqualität zubilligen. Es mag ja sein, dass viele Baumarktbetreiber inzwischen Wohnraum- und Gartenplanung, Projektbegleitung und betreuten Einkauf, Handwerkervermittlung und weitere Dienstleistungen rund um das Bauprojekt anbieten. Aber: Wie wird alles kommuniziert? Wo spiegelt sich das im Marketing wider? Wo finde ich was in welchem Standort? Kurzum: Die Hausaufgaben sind noch lange nicht gemacht.
Dr. Joachim Bengelsdorf
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