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Werte statt Shareholder-Zockerei

Personalentwicklung ist Knochenarbeit. Sie wird aber allzu oft zu lax betrieben, meint Christoph Zeiss von Hofmann & Heads!

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Die wirbeligen Bilanz-Zauberer sind auf dem Rückzug. Zu viele ihrer Patienten wurden ins Koma therapiert und dann im Stich gelassen. Jetzt stehen sie da mit abgemagertem Middle-Management, mit amputierten Fachabteilungen. Sparen will eben gelernt sein. Denn ohne präzise Kenntnis der Prozesse, Arbeitsmittel und Verfahren gerät jede Kündigungs-Aktion zur Geisterfahrt. Oder umgekehrt: Personalentwicklung (PE) ohne Bodenhaftung wird zur Fahrt ins Blaue.
Christoph Zeiss
Hofmann & Heads! AG & Co., München
PE bedeutet vorausschauendes Anpassen der Personalkapazität an absehbare Anforderungen. Das ist natürlich keine Einbahnstraße. Denn die Anforderungen können qualitativ wie quantitativ zu- oder abnehmen.
Sozialpädagogisch dilettierenden Führungskräften und Beratern erscheint dies allerdings banal. Deswegen verpassen sie der Personalentwicklung das Etikett „Persönlichkeitsentfaltung“ und entwickeln statt mühsam zu erstellender, aber sehr leicht überprüfbarer Entwicklungspläne phantasievolle Schulungs- und Trainingsprogramme, deren Wirksamkeit nicht kontrollierbar ist.
Es gibt zwar keinerlei Mandat für derlei persönliche Wohl- und Guttaten – ein Unternehmen ist schließlich keine sozialpädagogische Anstalt. Dafür gibt es aber so manchen Personaler, der sich auf diese Weise der Mühsal entzieht, punkt-genau Mitarbeiter zu beschaffen, für konkrete Anforderungen zu qualifizieren oder – im schlimmsten Fall – wieder freizustellen.
Im Vergleich dazu ist tatsächliche PE schiere Knochenarbeit. Da will sehr präzise und sachkundig definiert sein, was sich denn warum in den betrieblichen Abläufen ändern muss. Da müssen Wissen und Fertigkeiten der betroffenen Mitarbeiter analysiert und systematisch dargestellt werden. Da muss realistisch abgeschätzt werden, ob Wissen und Fertigkeiten ausgebaut oder anderweitig genutzt werden können. Wer sich hier vor seinen Hausarbeiten gedrückt hat, wird ahnungslos auch unersetzbares Wissen vor die Tür kehren, mühselig entwickelte betriebliche Netzwerke zerreißen und den Betrieb am Ende durch bilanzgesteuerte „Fast- und Mast-Kuren“ paralysieren.
Verblüffend ist bei alledem, wie gern sich viele Börsen-Analysten Sand in die Augen streuen lassen wollen. Denn nach wie vor sehen sie in Entlassungsaktionen eine vertrauensbildende Maßnahme, die den Kurs in die Höhe treiben kann. Noch immer lesen sie lieber im Kaffeesatz der Personalkosten als in der Personalbilanz. Und sie schätzen die Vokabel „strategisch“, als wäre sie ein Qualitätsmerkmal.
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