diy: Herr Essl, Baumax ist ein Unternehmen, dass erstens sehr geschichtsbewusst und das zweitens familiengeführt ist. Wie wirkt sich dies auf Ihr Unternehmen aus?
Martin Essl: Sie haben recht: Dass wir ein Familienunternehmen sind, unterscheidet uns grundsätzlich von den meisten anderen konzerngeführten Baumarktbetreibern. Und es ist eine unserer ganz spezifischen Stärken. Hinzu kommt aber auch unsere Religiosität. Wir sind Protestanten und sehen uns wirtschaftlich auch als Sachwalter.
Im Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns steht der Kunde – und das meinen wir im Gegensatz zu manch einem der Mitbewerber auch wirklich ernst. Wir wollen mehr als nur verkaufen, wir wollen eine emotionale Brücke zu dem Kunden schlagen. Deshalb müssen wir wissen, was wir machen müssen, dass sich der Kunde in unseren Märkten besser fühlt. Wir wollen ihm helfen, erfolgreich zu heimwerken. Baumax ist nicht nur bei 97 Prozent der Österreicher bekannt, sondern gleichzeitig auch die beliebteste Marke. Das erreicht man sowohl durch ein gelebtes Vorbild, als auch durch direkte Einforderung an alle Mitarbeiter, die Unternehmensphilosophie auch zu leben, sie in den Märkten umzusetzen.
Doch darüber hinaus sind wir auch immer an Neuentwicklungen interessiert. Wir sehen Wirtschaft als Prozess. Deshalb haben wir bereits 1989 mit „Baumax 2000“ elf Jahre vor der Jahrtausendwende einen stetigen Reformprozess eingeleitet.
diy: Wandelt sich der Charakter von Baumax durch die zunehmende Europäisierung Ihres Unternehmens?
Essl: Ja! Wir sind ja heute schon sechssprachig, das hat sonst keiner. Wir empfinden unsere Mitarbeiter als wichtigsten Faktor. Ihnen gegenüber haben wir eine große Verantwortung. Wir hauen nicht einfach 500 Mitarbeiter raus, um den Aktienwert zu steigern. In unserem Unternehmen menschelt es mehr als in anderen. So brauchen wir auch zwei Jahre, um in einem Land neu aktiv zu werden. Wir sehen in die Wohnungen hinein, machen Befragungen etc. Daraus entwickeln wir ein speziell auf den Landeskunden abgestimmtes Konzept. So nehmen wir beispielsweise bei der Sortimentierung Änderungen vor.
Ich habe die Entscheidung, in Tschechien rein zu gehen, zum Beispiel zusammen mit meinem Vater 1989 spontan auf dem Wenzelsplatz in Prag getroffen. Damals war das Kaufkraftverhältnis zwischen Tschechien und Österreich oder Deutschland noch eins zu sieben, jetzt liegt es bei eins zu vier. Daher sind natürlich die…