Die Solidarität der Menschen in Deutschland, aber auch im Ausland (ich erinnere an das Solidaritätskonzert im vor einigen Jahren auch von einem starkem Hochwasser betroffenen Mosambik, wo deutsche Rettungsflieger im Einsatz waren) war und ist phänomenal, fast traumhaft. Dass die sogenannte „Ich-Gesellschaft“ auch ein „Wir“ kennt, wer hätte das noch gedacht?
Auch viele Unternehmen und Mitarbeiter aus der DIY-Szene engagierten sich, sendeten Geld- und Sachspenden in die Überschwemmungsgebiete, verteilten Essen, richteten Übernachtungsquartiere her, gewährten Rabatte. Leider wurden bestimmte Aktionen in der Presse so ausgelegt, als wären gleich wieder Absahner und Katastrophenschmarotzer am Werke. Dabei waren viele Aktionen, gleich ob von Lieferanten- oder von Handelsseite, wirklich vorbildlich.
Es gab allerdings auch berechtigte Kritik, die meist hinter vorgehaltener Hand und in der Regel von den Lieferanten geäußert wurde. Mancher Baumarktbetreiber versuchte, seine angekündigten Preisreduzierungen direkt an die Hersteller weiter zu geben mit der Bitte „um Unterstützung in dieser außergewöhnlichen Situation“. Nun gut, eine neue Definition der Selbstlosigkeit, aber altbekannt und schon so oft angewendet.
Dem Bodenbelaghersteller Tarkett Sommer fiel auf, dass immer mehr Händler aus Gebieten, die gar nicht vom Hochwasser betroffen waren, auch Preisnachlässe einforderten. Gott sei Dank blieb das Unternehmen hart und spendete Schulen und Kindergärten Bodenbeläge lieber direkt. Auch dass Rabatte über sämtliche Sortimentsbereiche hinweg angeboten werden, verwundert. Nicht alle Produkte sind zum Renovieren gleichermaßen notwendig oder werden erst zu einem späteren Stadium gebraucht. Gerade in den dekorativen Randbereichen kann man nach Sinn oder Unsinn von Rabatten fragen. Und auch dort, wo sie außerhalb der Kernkompetenzsortimente der Baumärkte gewährt werden, wie beispielsweise bei GPK, weißer Ware, Küchen etc., muss nach der Sinnhaftigkeit gefragt werden.
Da wird, was mancher Händler auch zugibt, in der Not ein Verdrängungswettbewerb gefahren: gegen Mitbewerber aus anderen Branchen (Möbelhäuser, Elektrofachgeschäfte etc.), aber auch gegen den Baumarktbetreiber nebenan. „Dass wir diese Situation nicht zur Marktbereinigung nutzen, ja was erwarten Sie denn von uns?“, wird lakonisch festgestellt. Willkommen in der Realität.
Dr. Joachim Bengelsdorf