Wirtschaftsexpertinnen und -experten in Europa sind skeptisch, was die zukünftige Entwicklung der EU als Wirtschaftsstandort angeht. Auch der zukünftige politische Einfluss der EU wird sich aus Sicht der Befragten verringern. Das zeigt die neue „Economic Expert Survey“ (EES) des Ifo-Instituts und des Schweizer Instituts für Wirtschaftspolitik (IWP). Insbesondere Antwortende in Frankreich, Deutschland und Tschechien blicken pessimistisch auf die Entwicklung der EU. Befragte außerhalb Europas glauben ebenfalls, dass die EU an Bedeutung verliert.
„Um im wirtschaftlichen Wettbewerb mit China und den USA zu bestehen, sollte von der neuen EU-Kommission ein stärkerer Fokus auf gemeinsame Außen- und Wirtschaftspolitik gelegt werden“, erläutert Ifo-Forscher Philipp Heil. Befragte in Europa, die eine abnehmende Attraktivität der EU als Wirtschaftsstandort erwarten, geben ebenfalls an, dass die Ergebnisse der Wahl des Europäischen Parlaments einen negativen Effekt auf das nationale Wirtschaftswachstum in ihren Ländern haben könnte. Der Großteil der Expertinnen und Experten erwartet aber keinen direkten Einfluss der Wahlen auf die Wirtschaftsentwicklung in ihren Ländern.
Eine Mehrheit der Befragten befürwortet demnach, mehr Gesetzgebungskompetenzen an die EU zu geben. Gleichzeitig erwarten die europäischen Expertinnen und Experten, dass die Bedeutung der nationalen Politikgestaltung im Vergleich zur Politikgestaltung auf EU-Ebene eher zunehmen wird, so das Ifo-Institut. „Dies verdeutlicht, dass eine gemeinsame europäische Politik wichtig ist, um wirtschaftlich und politisch relevant zu bleiben. Dass Experten dennoch mehr nationale Politikgestaltung erwarten, liegt möglicherweise am Erstarken populistischer Parteien in vielen europäischen Ländern“, sagt ifo-Forscher Timo Wochner.
Die Befragung wurde zwischen dem 12. und 26. Juni durchgeführt. Insgesamt nahmen knapp 1.600 Wirtschaftsexpertinnen und -experten an der Umfrage teil. Die Umfrage wurde durchgeführt, bevor sich eine Koalition im Europäischen Parlament gebildet hatte und bevor die Präsidentin der Europäischen Kommission ernannt wurde. Die Wahlen zum Europäischen Parlament fanden zwischen dem 6. und 9. Juni 2024 statt.