Grün, so weit das Auge reicht – oder im Hinblick auf die Stadtentwicklung eben nicht. Denn die Grünflächen in den Städten werden weltweit weniger und das schon seit mehreren Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt der „Urban Green Space Report 2024“ von Husqvarna. Für den Bericht wurden Satellitendaten und KI-Auswertungen aus 62 Ländern analysiert. Die gewonnenen Erkenntnisse bezeichnen die Experten als „besorgniserregend“: 75 Prozent der untersuchten 344 Städte hatten einen Rückgang ihrer Grünflächen zu verzeichnen – damit setzt sich ein trauriger Abwärtstrend fort.
„Grünflächen sind die Lungen der Stadt, verbessern die Luftqualität, reduzieren Lärm und fördern die Biodiversität, während sie gleichzeitig Erholungsmöglichkeiten bieten. Deshalb wollen wir das Bewusstsein für die Entwicklung städtischer Grünflächen schärfen, um nachhaltige Städte zu fördern“, sagt Erik Swan, Grünflächenspezialist und Projektmanager für HUGSI (Husqvarna Urban Green Space Insights) bei der Husqvarna Group. Seit 2019 erhebt die Unternehmensgruppe mit HUGSI Daten zur Entwicklung städtischer Grünflächen. Die HUGSI-Tools werden dabei laut Husqvarna in der internationalen Forschung und als Entscheidungsgrundlage für Städte auf der ganzen Welt verwendet, um auf der Grundlage des Bedarfs an Grünflächen in der Stadt zu planen.
158 Mio. m² Gesamtverlust
Im Vergleich zum Vorjahr haben die 344 analysierten Städte 63 Mio. m² weniger Grünfläche – das entspricht etwa der Fläche von 7.700 Fußballfeldern. Diese Entwicklung steht laut den Experten allerdings im direkten Widerspruch zum wachsenden Konsens über die Bedeutung städtischer Grünflächen. So wurde in den untersuchten Städten ein Gesamtverlust von 158 Mio. m² an Grünfläche verzeichnet, als Hauptgrund identifiziert der Bericht menschliche Aktivitäten wie Bauarbeiten und städtebauliche Erweiterungen.
Andererseits wurden insgesamt 95 Mio. m² neue Grünflächen geschaffen oder ausgebaut. Der Großteil dieser Zunahme ist laut Husqvarna auf die Ausweitung von Grasflächen zurückzuführen, was sich wiederum mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Wetterereignisse und andere passive Faktoren und nicht auf aktive Begrünungsmaßnahmen zurückführen lasse.
„Die Urbanisierung führt zu Zielkonflikten für Entscheidungsträger, wenn beispielsweise ein Krankenhaus oder eine Schule an einem Standort gebaut wird, an dem sich zuvor ein kleiner Park befand. Wenn Grünflächen zugunsten bebauter Flächen reduziert werden, neigen Städte dazu, wärmer zu werden, und die Fähigkeit der Stadt, mit starken Regenfällen umzugehen, nimmt ab, da die harten Oberflächen Wasser nicht auf die gleiche Weise aufnehmen können“, führt Swan aus.
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Europa hat die grünsten Städte
Die untersuchten Städte reichen dabei von gerade einmal 3.000 Einwohnern in der niederländischen Stadt Renswoude bis zu 30 Mio. Einwohnern in Shanghai. Der Report zeigt: die durchschnittliche städtische Grünfläche beträgt 43 Prozent der Gesamtfläche und variiert zwischen 25 Prozent in Süd- und Westasien und 47 Prozent in Europa. So hat beispielsweise Riad (Saudi-Arabien) nur 1 Prozent Grünflächen, während in einigen kleineren niederländischen Städten mehr als 70 Prozent der gemessenen Flächen grün sind. In den untersuchten Metropolen und Mega-Städten (der Report definiert eine Mega-Stadt ab einer Einwohnerzahl von 10 Mio. Menschen, insgesamt wurden 18 solcher Städte untersucht) nehmen Grünflächen rund 34 Prozent ein. Erwähnenswert ist hier, dass der Durchschnittswert zum Vorjahr unverändert geblieben ist, obwohl 65 neue Städte in die Analyse aufgenommen wurden.
Europa ist dabei nach wie vor die grünste Region, Städte wie Rom (plus 283.800 m²) und Edinburgh (plus 242.100 m²) haben einen deutlichen Anstieg an Grünflächen verzeichnet. Vilnius (Litauen) sticht dabei laut dem Report unter den europäischen Hauptstädten durch seine ausgedehnten und gut verteilten Grünflächen hervor. Ebenfalls über beachtliche und gesunde Grünflächen verfügen Prag, Warschau und Berlin. Insgesamt liegen die europäischen Hauptstädte (41 Prozent) aber unter dem europäischen Durchschnitt (47 Prozent).
Nur Südamerika mit Zuwachs an Grün
Kumuliert steht dennoch ein Verlust von 11,4 Mio. m² an Grünflächen in den beobachteten Städten in Europa zu Buche, verglichen mit dem Jahr 2022. Von allen beobachteten Regionen (Afrika; Zentral-Ost-Asien; Ost- und Südost-Asien sowie Ozeanien; Europa; Lateinamerika; Nordamerika; Süd- und West-Asien) weist lediglich Südamerika einen Zuwachs auf: etwa 6 Mio. m² oder 725 Fußballfelder an neuen Grünflächen finden sich dort im Vergleich zum Jahr 2022.
Trotz des allgemeinen Rückgangs ist es zudem 87 der 342 analysierten Städte gelungen, mehr Grünflächen hinzuzugewinnen als zu verlieren. Als nennenswertes Beispiel führt die Analyse Santiago de Chile mit einem Nettozuwachs von 9,8 Mio. m² Grünflächen an, was die Experten vornehmlich auf die starken Regenfälle im Juni 2023 zurückführen – gleichzeitig ist der Zuwachs der Grund für das positive Ergebnis der gesamten Region Lateinamerika.
„Durch die Verfolgung von Veränderungen in der städtischen Vegetation können wir das Gleichgewicht in jeder Stadt überwachen. Die Tatsache, dass es 25 Prozent der Städte gelungen ist, ihre Grünflächen zu erhalten oder zu vergrößern, zeigt, dass eine Umkehrung des Abwärtstrends möglich ist“, befindet Projektmanager Swan.