Natürliche Farben, besonders weiche oder interessant strukturierte Oberflächen – die Messe lud Besucher dazu ein, die neuen Stoffe live zu erleben.
Natürliche Farben, besonders weiche oder interessant strukturierte Oberflächen – die Messe lud Besucher dazu ein, die neuen Stoffe live zu erleben.

Heimtextil | Langfassung

Frankfurt feiert die Vielfalt

Auf der Heimtextil präsentierten sich Hersteller mit technisch ausgefeilten Produkten und Konzepten, trendigen Designs und individuellen Lösungen. Die Messe lieferte dazu die passenden Trendanalysen.   

Anfassen erlaubt! Sogar gewünscht war es auf der Messe Heimtextil, die gezeigten Stoffe und Materialien zu berühren. Und sie luden auch dazu ein – die Teppiche sehr grob, die Tapeten stark texturiert oder matt und eben, die Decken und Kissenbezüge sehr flauschig. Und auch die verschiedenen Farben, Formen und Motive der Ausstellungsstücke fielen ins Auge. „Wir feiern hier die Vielfalt textiler Designs“, sagte Marketing Director Ivonne Seifert zum Auftakt des Messegeschehens vom 14. bis 17. Januar 2025 in Frankfurt am Main.

Vieles war neu in diesem Jahr: Zum einen die Zusammenarbeit mit der spanischen Architektin Patricia Urquiola, die mit der Sonderschau „Among-us“ zeigte, was sich aktuell im Textildesign tut, und zum anderen das Kuratorenteam der Heimtextil-Trends, Alcova, das mit einer ungewöhnlichen Installation in Halle 3.0 Aufmerksamkeit auf sich zog. Und auch die Messe selbst stellte in Sachen Internationalität neue Rekorde auf: Mit 96 Prozent sei der höchste Anteil erreicht, berichtete Messechef Detlef Braun. Insgesamt präsentierten mehr als 3.000 Unternehmen sich und ihre Konzepte, darunter allein 300-Teppichproduzenten – der Bereich mit dem stärksten Wachstum.

Auf Teppiche hat sich etwa Lalee spezialisiert. Das Unternehmen, das auf der Heimtextil und Domotex vertreten ist, zieht für den ersten Messetag ein vorläufiges zufriedenes Fazit. Laut Vertriebsleiter Armin Laqua boomt immer noch das Segment Kunstfelle, weshalb Lalee diesen Bereich ausgebaut hat. Zudem hat der Anbieter Fußmatten neu ins Sortiment aufgenommen. Für den Anfang stehen zehn Qualitäten aus Kokos-, Kokos-Gummi- und synthetischer Faser zur Verfügung.

Fußmatten gibt es jetzt auch beim Teppich-Experten Lalee.  
Fußmatten gibt es jetzt auch beim Teppich-Experten Lalee.   (Quelle: Dähne Verlag, Rinn)
Geometrische Muster und Farbverläufe sind gerade angesagt und zieren auch Sauberlaufmatten. 
Geometrische Muster und Farbverläufe sind gerade angesagt und zieren auch Sauberlaufmatten.  (Quelle: Dähne Verlag, Rinn)
Die Trendausstellung stand in diesem Jahr unter dem Titel „Future Continuous“. 
Die Trendausstellung stand in diesem Jahr unter dem Titel „Future Continuous“.  (Quelle: Dähne Verlag, Rinn)
Patricia Urquiola und Detlef Braun eröffneten die Messe vor der Installation „Among-us“. 
Patricia Urquiola und Detlef Braun eröffneten die Messe vor der Installation „Among-us“.  (Quelle: Dähne Verlag, Rinn)

Mit Fußmatten kennt sich auch Golze aus. In den vergangenen Jahren eher auf der Domotex in Hannover präsent, entschied sich das Unternehmen nach der Absage dieser Veranstaltung nun für eine Teilnahme an der Frankfurter Textilmesse – hier aber zunächst mit einem kompakteren Stand, der sich auf Neuheiten der Marken Joop, Astra und Matten aus der Kooperation mit der Schöner Wohnen-Kollektion beschränkt. Unter dieser kuratierten Marke waren neue Designs zu sehen: „Farbverläufe und grafische Motive sind gerade angesagt“, weiß Geschäftsführer Florian Müller, der für den diesjährigen Auftritt ein sehr zufriedenes Resümee zieht: „So viele Kunden trotz des kleinen Auftritts!“, freut er sich. Auch viele große Baumarktvertreter seien darunter gewesen.

Verbraucher wollen sich den Aufwand sparen, aber trotzdem Individualität in ihr Zuhause bringen.
Michael Schlingmann, Geschäftsführer Rasch 

Die Zusammenarbeit mit den Experten der Schöner Wohnen-Kollektion hat auch ein Tapetenhersteller gestartet, der auf der Heimtextil gemeinsam mit drei anderen Firmen ausstellte: Gebrüder Rasch arbeitet seit vergangenem Jahr mit den Einrichtungsexperten aus Hamburg. Eine weitere Kooperation, die ebenfalls mit einem Unternehmen aus dem Norden Deutschlands zustande gekommen ist, prägte gleichwohl stärker den diesjährigen Messeauftritt: Gemeinsam mit Tesa bringt Rasch die erste selbstklebende Tapete auf den Markt. „Verbraucher wollen sich den Aufwand sparen, aber trotzdem Individualität in ihr Zuhause bringen“, schätzt Geschäftsführer Michael Schlingmann die aktuelle Marktsituation ein – auf die die Hersteller mit ihrer Neuheit reagieren. Bislang habe er sehr gutes Feedback für das Konzept bekommen, betont er und merkt an: „Es fühlt sich gut an, hier zu sein.“ Was den Kunden derzeit mit Blick auf das Design gefalle, so Schlingmann: natürliche und florale Muster, Eyecatcher wie Flamingos, Industrial Chic, Holzpaneele und Geometrie.

Rasch-Geschäftsführer Michael Schlingmann zog ein positives Messefazit. 
Rasch-Geschäftsführer Michael Schlingmann zog ein positives Messefazit.  (Quelle: Dähne Verlag, Rinn)

Ließ man den Blick durch die Hallen streifen, decken sich diese Beobachtungen mit dem ersten Eindruck: Man sieht immer wieder Blattmuster, Ornamente, einfarbiges in Kombination mit Mustern, Mustermixe, Marmor-Optiken sowie Gold- und Glitzerelemente.

Glitzer und Glamour ist bei der neuen Kollektion der Marburger Tapetenfabrik ein zentrales Element. Es ist aber weniger das Produkt selbst, sondern eher dessen Designer und Impulsgeber, der am ersten Messetag für einen riesigen Ansturm auf den Stand sorgte: Papis Loveday, das meistgebuchte männliche Model weltweit, wie der Moderator hervorhob, erklärte in einem Meet & Greet, was ihn zu den Designs inspiriert hatte. Seine afrikanische Herkunft hatte darauf ebenso Einfluss wie die Modedesigner, mit denen er zusammengearbeitet hat. Dementsprechend finde sich viel Couture auf den Wänden – etwa in Form von Strass. Luxus und dreidimensionale Optiken nennt er dementsprechend auch als aktuelle Trends.

Papis Loveday war der Star des Messestands der Marburger Tapetenfabrik. Das Model war Ideengeber der aktuellen Kollektion. 
Papis Loveday war der Star des Messestands der Marburger Tapetenfabrik. Das Model war Ideengeber der aktuellen Kollektion.  (Quelle: Dähne Verlag, Rinn)

Wer einen umfassenden Überblick erhalten wollte über Textilien, die derzeit angesagt sind, musste derweil nur ein paar Schritte weiter zur Installation der Mailänder Agentur Alcova laufen. Ein langer Holzsteg hieß die Besucher willkommen. Am Anfang noch begehbar und mit einem Spruch beschriftet, der den Betrachter weiter voran lockte, führte er über Erhöhungen und Windungen wieder auf den Boden zurück zu einem anderen Anfang aus neuer Perspektive. Auf dem Steg waren zahlreiche Stoffmuster ausgestellt, passend zu den drei von den Designexperten identifizierten Trendrichtungen. Warmes und Pastelliges traf auf knallige Farben, viel Blau und Grün war dabei. Man sah Retro-Muster und Digitaldesign. Unter den Materialien war viel Natürliches, wie Hanf, Bio-Baum- oder Schafwolle.

Die Ausstellungsstücke zeigten, was heutzutage alles möglich ist in der Textilherstellung, wie Stoffe, die vollständig biologisch abbaubar sind oder Textilien, in die Ananasfasern eingearbeitet wurden, die sonst auf dem Müll gelandet wären. Gleichzeitig hob Designer Joseph Grima hervor, wie durchdacht viele der Designs sind: Stoffe aus Mono-Materialien lassen sich besser recyceln, verblichene Designs wirken einerseits trendy und eliminieren andererseits die Notwendigkeit, die Textilien zu entsorgen, wenn sie an Farbe verlieren.

Derweil zogen über den Köpfen der Besucher weitere Stoffmuster vorbei, die die Exponate so in Licht und Schatten präsentierten. Diese dauerhafte Bewegung stehe für den Kreislaufgedanken, erklärt Grima. In der Mitte der Ausstellung wählten zwei Roboterarme Stoffe aus und schwenken sie herum. Die Installation sei ein Tribut an die verspieltere Seite von Technologie, sie symbolisiere die Entwicklung von technischen Hilfsmitteln, die zunehmend menschlicher agierten, unterstrichen die Designer. 

Individualität wird wichtiger
Diana Gürzing, Marketingleiterin Komar

Technische Hilfsmittel können auch den Kunden der Hersteller von Nutzen sein. Das erläuterte Marketingleiterin Diana Gürzing von Komar: Der Tapetenanbieter, der an seinem Stand die farbenfrohe Flair-Kollektion und eine neue Disney-Kollektion vorstellte, hat einen Online-Konfigurator für Baumärkte entwickelt, mit dem die Händler die bestellten Formate auf ihre Bedürfnisse hin anpassen können. „Individualität wird wichtiger“, stellt Gürzing fest.

Für Händler ebenfalls sehr wichtig ist, wie die Ware am POS präsentiert wird. Entsprechende Konzepte hatte Erfurt & Sohn dabei. Dabei gebe es länderspezifisch große Unterschiede, konstatiert Marketingleiter Frank Seemann – während es den Deutschen eher auf die funktionalen Aspekte einer Tapete ankam, wie den Ausgleich von Unebenheiten mit der Vlies-Rauhfasertapete (die übrigens von Erfurt stammt und in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag feiert) oder den energiesparenden und schimmelvorbeugenden Eigenschaften der Klimatec-Produkte, werde im Ausland bei der Präsentation von Tapeten eher Wert auf eine emotionale Kundenansprache gelegt. Mit der Resonanz auf die POS-Konzepte am ersten Messetag sei er zufrieden, betont Seemann.

Erfurt konzentrierte sich in diesem Jahr auf den POS, etwa mit einem Sonder-Display zum Jubiläum der Vlies-Raufasertapete. 
Erfurt konzentrierte sich in diesem Jahr auf den POS, etwa mit einem Sonder-Display zum Jubiläum der Vlies-Rauhfasertapete.  (Quelle: Dähne Verlag, Rinn)

Auch bei Buchheister zieht man eine erste positive Bilanz. Der Lieferant von Sonnen- und Sichtschutz, Fenster- und Duschvorhängen holte auf der Heimtextil die Meinung des Handels zu seinen neuen Filzpaneelen ein. Paneele liegen derzeit im Trend – jedoch lasse die akustische Wirksamkeit bei Produkten aus Holz oder Kunststoff zu wünschen übrig, führt Marketingleiterin Sarah Hegener aus. Während der Schall bei den herkömmlichen Materialen zu 65 reflektiert werde, reflektiere Filz nur 30 Prozent.  

Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 3/2025

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