„Wir kochen hier unser eigenständiges Süppchen“, betont Tobias Gölz, der für den Profibereich zuständige Geschäftsführer der Bio Pin Naturfarben GmbH Co. KG. Auch wenn die Meffert-Unternehmensgruppe im Jahr 2022 die Mehrheitsanteile des Naturfarbenherstellers übernommen hat, lässt sie den Nordlichtern freie Hand. „Es gibt natürlich Synergien, aber wir positionieren uns komplett im Bereich der Beschichtungen auf nachwachsenden Rohstoffen“, versichert Gölz. Den Urschwaben hat es 2019 nach Jever verschlagen, nachdem er ein Jahr zuvor mit seinem eigenen Unternehmen Gnature Bestandteil von Bio Pin geworden war.
Tobias Gölz weiß, wovon er spricht: „Ich mache seit über 20 Jahren nichts anderes als Naturfarben“. So wie Bio Pin seit 41 Jahren – das Unternehmen wurde 1982 in Wilhelmshaven als einer der ersten reinen Naturfarbenhersteller in Deutschland gegründet. Gründer Ben Palm stammte aus den Niederlanden. Seine Familie war seit 1888 im Bereich der Herstellung von Pflanzenölen als Farbrohstoff tätig. Schon die Großmutter hatte 1924 Bindemittel auf Basis von niederländischen Leinölen und chinesischen Tungöl hergestellt. Noch heute fertigt man einen Teil der Produkte auf diesen Rezepturen.
Bio Pin zog 1997 ins friesische Jever um und fand 2022 mit der Meffert AG ein Unternehmen, das durch seine Vertriebspower die ideale Unterstützung leistet. „Wer hier eine typische Lackfabrik erwartet, wird bei uns etwas anderes sehen“, verspricht der 43-jährige Gölz und klärt auf, dass hier alle Lacke, Lasuren, Wachse, Öle und Naturfarben ohne „Plastik-Rohstoffe“ wie Acrylate, Styrole oder Polyurethane hergestellt werden. „Sie bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen wie pflanzlichen Ölen, Harzen und ungiftigen Mineralpigmenten.“
„Der Fokus unserer Rezepturen liegt auf Wohngesundheit für den Kunden und Ressourcenschonung bei der Herstellung“, so Patrick Steinbach, der 29-jährige Prokurist und technische Leiter. „Das liegt in den Genen der Bio-Pin-Produktion, seit der Gründung können und wollen wir nichts anderes produzieren als Produkte auf Basis von Pflanzenölen.“
„Wir müssen ehrlich sein und erkennen, dass bei unseren Kunden das Thema der eigenen Gesundheit im Fokus der Kaufentscheidung steht und weniger der Schutz der Umwelt. Aber genau hier sehen wir den Grund, warum es uns noch gibt.“ Als reiner Naturfarbenhersteller stehe man nicht im Verdacht, Greenwashing zu betreiben. „Die Gesundheit unserer Kunden nehmen wir ernst und verkaufen keine Plastikbeschichtungen“, ergänzt Thomas Klapproth, der für die DIY-Kunden zuständige Geschäftsführer.
Angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung und dem immer stärkeren Fokus auf Umwelt und Nachhaltigkeit erwartet Bio Pin für die Naturfarben stetes Wachstum, auch im Baumarkt. Zahlreiche Produkte der Marken Bio Pin (DIY) und Gnature (Profibereich) werden dort schon geführt, und auch das Segment Pflege- und Reinigungsprodukte für Holz werde sicher noch zulegen.
Bio Pin produziert heute mit 25 Mitarbeitern auf über 20.000 m2 Fläche Bindemittel und Naturfarben und -lacke. Nach eigenen Angaben verfügt das Unternehmen über die größte und technologisch am weitesten entwickelte Produktion von Naturfarben. Tobias Gölz selbst besucht regelmäßig in China und Kasachstan die Plantagen für Lein- und Tungöl.
Als Naturfarbenhersteller ist die eigene Fertigung der Bindmittel wichtig. Hierbei werden Öle, Wachse und Harze unter hohen Temperaturen in großen Reaktoren miteinander zu Bindemitteln verkocht. Durch diese Bindemittel benötigen etwa wässrige Innenlasuren der Bio Pin keine Konservierungsmittel.
Nachhaltigkeit bedeutet bei Bio Pin aber nicht nur ökologisch, es soll auch sozial verträglich sein. „In der Produktion haben wir zusätzlich eine kleine Manufaktur in der vier Mitarbeiter der Lebenshilfe beschäftigt sind. Die gehören mit zur Familie“, berichtet Gölz, während eben diese Mitarbeiter der Lebenshilfe gerade Etiketten auf Flaschen in Handarbeit kleben.
Jede Charge aus Jever wird einzeln geprüft, „die Qualität muss stimmen“, weiß der 43-jährige Industriekaufmann Tobias Gölz. Dabei gehen sie bei Bio Pin so weit, dass Farbe und Lasur auf typischen Produkten aufgetragen werden, es wird nicht nur simuliert. Dann wird die Trocknung beobachtet, auf den Verlauf geachtet, auf Festkörper und den pH-Wert.
Zusätzlich gibt es im Labor für die Qualitätssicherung eine Wettersimulation mit Feuchtigkeit und UV-Licht. „Küste, Sonne, Salzgehalt, da sind sämtliche Erdteile drin programmiert“.
Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 9/2023.