Die Aussteller aus 55 Nationen lobten übereinstimmend gute Kontakte, deutliche Investitionsbereitschaft und generell den persönlichen Austausch. „Nach drei schweren Jahren stehen im Handel für die Zukunftsthemen Digitalisierung, Energy Management und Nachhaltigkeit wichtige Investitionen an“, resümierte Michael Gerling, Vorsitzender des EuroShop-Beirats und Geschäftsführer von EHI Retail Institute, dem Forschungs-, Bildungs- und Beratungsinstitut für den Handel und seine Partner. Die Messe als Impulsgeber für die Handelsbranche habe erneut gezeigt, dass Kunden es nach wie vor wünschten, in stationären Geschäften in Erlebniswelten einzutauchen und emotional angesprochen zu werden, andererseits aber auf Komfort, Schnelligkeit und Personalisierung beim Online-Shopping nicht verzichten wollten.
Neben Neuigkeiten zu Ladenbau und POS-Gestaltung, Handelstechnologien, Instore-Logistik und Warenwirtschaft oder Gastronomie gab es zahlreiche Vorträge wie auch Live-Highlight-Rundgänge, die allesamt noch bei der EuroShop abgerufen werden können.
Trend zu edel und hochwertig
Eines der ganz großen Themen sind Bildschirme für den POS und elektronische Preisschilder (ESL), welche mit dem Kassen- oder Warenwirtschaftssystem verbunden sind. Bei Permaplay Media Solutions aus Baden-Baden etwa wurde großes Interesse an Regal-LCD-Bildschirmen, digitalen Kundenstoppern und linearen Touchscreen-Monitoren deutlich.
„Dazu ist ein klarer Trend hin zu edlen, immer hochwertigeren Ladeneinrichtungen mit zusätzlichen Infos per Display zu beobachten“, erklärte Managing Director Werner Vogt. Besonders die Regal-LCDs mit interaktivem System auf Android-Basis könnten Produkte unterhaltsam animieren. „Das Ganze kann dank Bewegungssensor sehr stromsparend sein und ist per USB, WLAN oder Cloud updatebar.“
decor metall haben sich auf Displays und Ladenbau spezialisiert. Jetzt wird aber auch mittels Virtual und Augmented Reality (VR/AR) die Marke eines Kunden am POS noch vor der Produktion eines Prototyps inszeniert. „Bei uns erhalten Sie nicht nur technische Zeichnungen und Visualisierungen, um das Konzept für ihre Warenpräsentation zu prüfen. Auf Wunsch können Sie es auch interaktiv am Bildschirm ansehen und als virtuelles Modell in der realen Welt aus allen Perspektiven prüfen, ob es ihren Vorstellungen entspricht und beeindruckt“, machte Key Account Manager Jörg Peters klar. Entwickelt wird am Sitz des Familienunternehmens in Bad Salzufeln.
Von manuell bis ESL
Sowohl manuelle Preisauszeichner wie Industrieetiketten und Drucksysteme als auch ESL-Schilder bieten contact Auszeichnungssysteme von der K-D Hermann GmbH an. Bei den Hessen glaubt man, die Handauszeichner wird es auch noch lange geben: „Sie brauchen keinen Strom und sind extra flexibel in verschiedenen Größen“, so Alexander Diesendorf, Teamleader Regional Key Account. Neuerdings liefern sie auch elektronische Preisschilder, die eben per Funk gesteuert werden. „Wir unterscheiden uns vom Wettbewerb dadurch, dass bei uns die häufig sehr teure Software inkludiert ist.“
Auch Delfi Technologies bieten ESL an, seit 2009. „Für die Mitarbeiter ist das eine gut funktionierende Lösung“, sagt Sales Director Matthias Brod, und die 868-MHz-Funktechnologie sei entscheidend, um große Flächen energieeffizient bespielen zu können. Die E-Ink-Schilder sollen unter schlechtesten Bedingungen mindestens fünf Jahre mit einer Knopfzelle halten – schließlich wird nur Strom bei einer Änderung der Anzeige verbraucht. „Wir können das schönste ESL zeigen, wenn der Kunde es nicht ans Regal bringen kann, wird’s nix“, erläutert Brod die eigenen Befestigungssysteme. Personal entlasten könnten im nächsten Schritt Displays, die Aushilfskräften anzeigen, wo die Ware eingeräumt werden muss.
Einen anderen Ansatz verfolgt Instore Solutions mit den Green Tag ESLs, die ohne Batterien auskommen, weil sie die nötige Energie über ausgelagerte Solarmodule aus der LED-Beleuchtung im Markt gewinnen. Das soll Kosten für Beschaffung, Austausch und Entsorgung der Batterien sparen und die Umwelt schonen. Co-Founder Matthias Ernst: „Das Interesse an unseren batterielosen ESL war wiederum überwältigend.“
Smarte Einkaufswagen
Personalmangel, steigender Kostendruck, komplexere Supply Chain, sprunghaftes Käuferverhalten – der Handel sucht nach Lösungen und Retail-Spezialist Wanzl will mit smarten Trolleys, KI-gesteuerten Regalen und Backrobotern sowie der Weiterentwicklung seiner 24/7-Shopformate Antworten geben. Vollautomatischer Checkout, Handwerkerzugang oder digital einkaufen auch am Wochenende oder abends – „ich denke, das wird die Zukunft sein“, sagte Bianca Sauter, Vice President Marketing & Communication von Wanzl. Christoph Schäfer, Produktionsmanager Trolleys und Baskets, führte den smarten Einkaufswagen vor, der mit Tablet und Kamera versehen alle Produkte selbst erfasst und so der Self Checkout ganz simpel wird.
Der Backroboter Bakisto, der mit seiner KI aus Wetter, Saison und Erfahrungswerten den aktuellen Bedarf für Brötchen und Brot ermittelt, war jedenfalls ein Star und dauernd von filmenden Menschen umringt.
Häfele, vor allem wegen des Sortiments an Beschlagtechnik bekannt, zeigte einen Pop-up-Store mit Schwarzwaldatmosphäre, um unvergessliche Einkaufserlebnisse zu schaffen und eine engen Kontakt zur Marke herzustellen. Highlights hier die Lounge als stimmungsvolle Lichtinsel, Akustiklösungen im Baumscheiben-Look als Wandgestaltung oder die grifflose und unsichtbare Tapetentür zum Lager- oder Partyraum, die sich per Dialock öffnet.
Auch Bütema will dem Personalmangel entgegentreten. Der Chatbot Kira, eine Web-Applikation, soll einfache Beratungstätigkeiten ausführen können – anonym und ohne Anmeldung für den Kunden. So könne Kira etwa Alternativen zu Produkten vorschlagen, die nicht in der richtigen Farbe oder Größe vorrätig sind.
Remira hilft mit KI-Prognosen zu optimalen Beständen und bietet Lösungen für eine Unified Commerce Platform als Ganzes. Damit ist das Unternehmen in den letzten Jahren gewaltig gewachsen.
Volkmar Bloch (Product & Marketing Manager) stellte bei ingenico die neusten Entwicklungen im Bereich bargeldloses Bezahlen vor, unter anderem das Android-basierte Terminal Axium RX7000 mit einem großen Display für Kasseninformationen oder Interaktionsmöglichkeiten.
Insensiv zeigte seine neue automatisierte 24/7-Wechselstation für Gasflaschen, die vor Baumärkten aufgestellt werden kann. Für alle Flaschentypen geeignet können am „GasflaschenTauschAutomat“ kundenfreundlich rund um die Uhr Propangasbehälter mit den handelsüblichen 5, 8 und 11 kg gekauft, getauscht und zurückgegeben werden, erklärte Produktspezialist Niklas Tschöpe. Das nötige Knowhow für die Flaschenerkennung hat das Bielefelder Unternehmen von seinen Leergutautomaten für Pfandflaschen aus der Getränkebranche. Angesichts des Fachkräftemangels bedeute das, „für die wertvollen Mitarbeiter gute Kundenberatung statt Flaschen schleppen“.
NCR bietet Soft- und Hardware für die Implementierung neuer Services in bestehende Filialsysteme, die Modernisierung des Geschäfts mittels Einzelhandelstechnologie und den Einsatz intelligenter Selbstbedienungstechnologien.
Höhere Investitionen
Das EHI Retail Institute hatte im Rahmen der Messe wieder einige interessante Studien veröffentlicht. Trotz eines wirtschaftlich herausfordernden Umfelds mit Materialknappheit, Lieferengpässen und erheblichen Preissteigerungen investieren Händler demnach Milliarden in ihre Läden: „Der Investitionsbedarf für ein neues Geschäft hat sich besonders im Lebensmittel-, Drogerie- und preisorientierten Fachmärkten in den letzten Jahren um bis zu 20 Prozent erhöht“, erläuterte Claudia Horbert, Leiterin des Forschungsbereichs Ladenplanung und -einrichtung beim EHI und Autorin der Studie Laden-Monitor 2023. Handelsunternehmen in Deutschland haben 9,12 Mrd. Euro in 2022 insgesamt in Bau, Technik und Optik ihrer stationären Geschäfte investiert. Bei stark eingeschränkter Expansion lieg der Fokus für 68 Prozent der Händler klar auf Umbau- und Instandsetzungsmaßnahmen.
Die enge Bindung von 64 Prozent der befragten Händler an langjährige Stammlieferanten habe dafür gesorgt, dass Lieferfähigkeiten gesichert und bereits laufende oder geplante Ladenbauprojekte umgesetzt werden konnten. Dennoch geb es jetzt häufiger Lieferantenwechsel, im Bereich Beleuchtung stark getrieben von den Innovationsrhythmen bei der Weiterentwicklung der LED, um so angesichts massiv gestiegener Energiekosten weitere Energie- und damit Kosteneinsparungen realisieren zu können.
KI und Seamless Checkout
Künstliche Intelligenz bleibt die wichtigste Zukunftstechnologie für den Handel. Das geht aus den Ergebnissen der EHI-Studie „Technologie-Trends im Handel 2023“ hervor. Dem Seamless Checkout komme dabei eine besondere Bedeutung zu, schließlich werde die Automatisierung von Prozessen in Zeiten des Fachkräftemangels immer wichtiger.
Wie bereits in den Vorjahren dominiere KI beziehungsweise Machine Learning aus Sicht der IT-Verantwortlichen bei der Frage nach den wichtigsten Technologie-Trends der Zukunft. 52 Prozent halten diese Technologie für am wichtigsten, 2021 waren es noch 63 Prozent. Grund für den Rückgang: KI hat sich in vielen Unternehmen bereits etabliert und wird daher nicht mehr als Zukunftstechnologie wahrgenommen. So setzen 69 Prozent der Unternehmen KI bereits ein (2021: 56 Prozent), bei neun Prozent ist dies in Planung.
An zweiter Stelle folgt mit 41 Prozent der Seamless Checkout, der sowohl SCO/Self-Scanning als auch autonome Stores umfasst. Mit dem zunehmenden Personalmangel erwarten die IT-Verantwortlichen bei dieser Technologie die nächsten Entwicklungsschritte, sodass die Automatisierung des Checkouts weiter forciert wird.
Die durchschnittlichen IT-Budgets in Relation zum Nettoumsatz steigen auch 2023 weiter an und liegen nun bei 1,53 Prozent (2021: 1,47 Prozent). 76 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die IT-Budgets auch in den nächsten Jahren weiter steigen werden.
56 Prozent aller teilnehmenden Retailer geben an, bereits heute Electronic Shelf Labels (ESL) in ihren Filialen einzusetzen. Insbesondere der LEH hat in den letzten Jahren stark in ESL investiert und erreicht dort eine Abdeckung von 94 Prozent.
Die nächste EurShop findet vom 22. Bis 26. Februar 2026 in Düsseldorf statt.
Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 4/2023