In Zell am Moos ist die Welt noch in Ordnung. Dieses Gefühl beschleicht einen Besucher, wenn er über die grünen Hügel, an den blauen Seen vorbei in das österreichische Städtchen fährt, in dem FN Neuhofer beheimatet ist. Die Laune ist gut, die Unternehmerfamilie strahlt eine große Herzlichkeit aus. Auch die Umsätze des zurückliegenden sowie dieses Jahres sind zufriedenstellend. Und die Arbeiten zum Bau von neuen Produktions-, Ausstellungs- und Büroflächen konnten sogar noch vor dem geplanten Termin fertiggestellt werden. Trotz alledem hat auch Neuhofer mit aktuellen Herausforderungen wie gestiegenen Preisen, langen Lieferzeiten und dem Fachkräftemangel zu kämpfen.
Umso glücklicher ist man in dem Familienbetrieb, dass der Neubau noch weitgehend vor Beginn der Versorgungskrise fertiggestellt werden konnte. Im Rahmen der Vision 2025 setzen die Leistenspezialisten aktuell die laut eigenen Angaben größte Investition in der Unternehmensgeschichte um. „Bis 2025 bleiben doch noch zwei Jahre?“, mag sich da manch einer fragen. „Das Projekt ist damit noch nicht abgeschlossen“, erklärt Geschäftsführer Franz Neuhofer. Zu der Vision 2025 der Österreicher gehört auch ein vollautomatisierter Maschinenpark. So laufen etwa die Produktionslinie für MDF-Leisten, die Paletten-Verpackungsmaschine, der Qualitätsscanner oder die Ummantelungsanlage größtenteils automatisiert, die wenigen Mitarbeiter dienen lediglich der Überwachung oder dem Auswechseln der Produktträger. „Kein Mitarbeiter verliert durch die Automatisierung der Anlagen seine Anstellung“, betont Alexander Schachl, technischer Leiter bei Neuhofer. Die betroffenen Beschäftigten werden umgeschult und an anderer Stelle eingesetzt.
Die neue Leistenanlage sei die modernste am Markt, hebt er hervor. Die Maschine kann Leisten von 1,80 bis 5,90 m Länge herstellen. Die vier Maschinenführer dienen als Supervisor, denn die Anlage weiß selbst, was sie zu tun hat. 22 Kameras überwachen jeden Arbeitsschritt. Teil der neuen Linie ist auch eine elf-spindlige Hobelanlage, also ein Gerät, in das elf Werkzeuge integriert sind. Rund 10 Mio. Euro hat Neuhofer in diese Linie investiert.
Besonders stolz sind die Österreicher auf ihre Digitaldruckmaschinen: Hier werden Sockelleisten mit Böden „verheiratet“, erklärt Schachl. Die Bodenbelagshersteller, mit denen Neuhofer zusammenarbeitet, stellen Muster ihrer Produkte zur Verfügung, an die die Leisten angepasst werden. Die dabei entstehenden Dekore wiederum werden in eine Datenbank eingepflegt. So wächst die Auswahl an Designmöglichkeiten Stück für Stück an. Man bleibt dabei aber nicht nur auf den Boden beschränkt, erklärt der technische Leiter: „Früher wurden Leisten vor allem an den Boden angepasst, heute zunehmend auch an die Wand.“ Mit der Digitaldruckanlage ist es darüber hinaus möglich, Leisten mit jedem Design zu gestalten, das der Kunde wünscht.
Die größte Neuerung aber bringt die dritte Digitaldruckanlage mit sich, die im Dezember 2022 in Betrieb genommen wurde: Damit lassen sich statt einer Folie, die auf den Untergrund appliziert wird, ganze Platten aus MDF, Metall, Kunststoff-Hartschaum, Weichschaum, Drei-Schichtplatten aus Fichte, Pressspan-Platten sowie Karton und Glas bis zu einer Breite von 250 cm bedrucken. So können beispielsweise Profilbretter, Dielen, Wandverkleidungen und Küchenrückwände individuell gestaltet werden.
Möglich ist auch das Bedrucken von Akustikpaneelen. FN Neuhofer setzt große Hoffnungen in diesen neuen Produktbereich. „Das ist ein Trend, der bleiben wird“, zeigt sich Franz Neuhofer überzeugt. FN Acustico dient zum Schallschutz und als gestalterisches Element. Die Grundplatte besteht zu 60 Prozent aus recycelten PET-Fasern, kombiniert mit furnierten oder folierten MDF-Lamellen. Kunden können zwischen einem individuell bedruckten Modell oder zwischen Dekoren in Eiche, Nuss, Esche, Zebra-, Vintage- oder Betonoptik wählen.
Die Akustikpaneele standen auch auf der Ausstellungsfläche von Neuhofer auf der Bodenbelagsmesse Domotex Anfang dieses Jahres im Fokus. Die Ausstattung aus der vorherigen Ausgabe der Messe hatte das Unternehmen kurzerhand wiederverwertet: Es ziert nun den Eingangsbereich des Showrooms, der in dem Neubau entstanden ist. Schautafeln führen durch die über 370-jährige Geschichte des Anbieters, der aus einer kleinen Sägemühle entstanden ist, und informieren über das Sortiment. Ein Café im Entrée bietet Platz für kurze Gespräche. Für Besprechungen wurden zusätzliche Räumlichkeiten geschaffen. „Zehn Konferenzräume waren nicht genug“, berichtet Helga Neuhofer, die Frau des Geschäftsführers, die im Marketing tätig ist.
Die Holzexperten stellen den Eingangsbereich kostenlos der Gemeinde und verschiedenen Organisationen aus der Region zur Verfügung. So trifft sich hier etwa die Feuerwehr. „Wir machen uns auf“, betont Helga Neuhofer, und bezieht sich damit auch auf die Tage der offenen Tür, zu denen der Hersteller nach Abschluss der Bauarbeiten im Sommer 2022 geladen hatte. Dabei waren neben Kunden auch zahlreiche Interessierte aus der näheren Umgebung gekommen – mit durchweg positiven Rückmeldungen, wie Franz Neuhofer unterstreicht. „Es war ein Booster auch für unsere Personalsituation“, sagt er. Die Veranstaltung habe ihnen zahlreiche Bewerber eingebracht.
Gleichzeitig öffnet sich das Unternehmen für jüngere Zielgruppen und passt dafür seine digitale Kommunikation an. Ab diesem Jahr startet auf der Videoplattform Youtube eine Heimwerkershow. Außerdem will man auf sozialen Medien wie Tiktok sichtbar werden. Und auch die Website wurde überarbeitet. Modern und anwenderfreundlich führt sie nun schnell zu dem gesuchten Bereich.
Vor allem aber war es dem Team wichtig, ihren Kunden den neuen Showroom zu präsentieren. „Rund 1.000 Besucher waren da. Wir hatten ursprünglich eine große Feier geplant, uns dann aber doch für Einzeltermine im Zuge der FN Eröffnungswochen entschieden. Das war absolut richtig. So konnten wir uns viel Zeit für die Kunden nehmen und die Qualität war eine ganz andere“, berichtet Helga Neuhofer. Der Showroom ist aufgeteilt in einen Baumarkt- und einen Fachhandelsbereich. Für den DIY-Handel sind die typischen Regalaufbauten und weiteres POS-Material zu sehen, die auf Wunsch individuell zusammengestellt werden können. So lässt sich noch vor der Installation im Markt ein Eindruck von dem Erscheinungsbild des Auftritts am Point of Sale gewinnen. Passend sind hier auch die großen und hellen Hallen, die denen eines Großflächenmarktes ähneln.
Dieses Erscheinungsbild zieht sich ebenfalls durch die weiteren Räume, die der Neubau beherbergt. So sind etwa die Büros offen und freundlich gestaltet. Glas trennt die Besprechungszimmer und die der Führungskräfte von dem Großraumbüro. Schalldämpfende Möbel sorgen für eine ruhige Arbeitsatmosphäre. Nebenan wurde eine neue Kantine geschaffen.
Insgesamt wurde in eineinhalb Jahren eine Gesamtfläche von 14.550 m² verbaut, mit einer Planungszeit von lediglich einem Dreivierteljahr. Damit wurde die Produktionskapazität um 50 Prozent gesteigert, erklärt Neuhofer. Die Dachflächen bedeckt eine 1-Megawatt-Photovoltaikanlage. Sie deckt ein Achtel des gesamten Stromverbrauchs. Einen weiteren Teil zur Energieversorgung tragen zwei firmeneigene Wasserkraftwerke bei, der Rest kommt von einem regionalen Energieversorger. In Zukunft sollen alle Dach- und Fassadenflächen mit PV-Anlagen bestückt sein, kündigt Schachl an. Darüber hinaus wurde eine neue Heizanlage installiert, die mit Holzspänen betrieben wird, die als Reste der Produktion anfallen. In Summe wurden 54 Mio. Euro investiert.
Das Unternehmen hat bereits weitere Pläne. In Zukunft soll sich das Firmenareal verdoppeln, von jetzt 100.000 m² auf 200.000 m2. Eine Fläche hat der Hersteller dafür bereits erworben, an weiteren sei man dran, so Franz Neuhofer. Das Ziel ist, auf einer Straßenseite die Logistik samt einem Hochregallager unterzubringen und auf der anderen Seite die Produktion. „Wichtig ist, dass man die nächste Vision schon hat und weiß, wo es hingeht“, merkt der Geschäftsführer an.
Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 2/2023.