Die neuen digitalen Preisschilder von Instore Solutions laden sich über die Beleuchtung im Handel auf. Sie benötigen keine Batterien. 
Die neuen digitalen Preisschilder von Instore Solutions laden sich über die Beleuchtung im Handel auf. Sie benötigen keine Batterien. 

EuroCIS

Offline war gestern – die Zukunft ist vernetzt

Welche Möglichkeiten die Verschmelzung der stationären Märkte mit der digitalisierten Welt dem Handel eröffnet, präsentierte die Messe EuroCIS.

Als ein „Innovationsfeuerwerk“ kündigte Ulrich Spaan, Mitglied der Geschäftsleitung des EHI Retail Institutes, die auf der EuroCIS 2022 ausgestellten Produkte, Technologien und Konzepte an. Seit 25 Jahren sei das Handelsinstitut schon Partner der Messe für Handelstechnologien: „Es ist sehr beeindruckend, was sich in dieser Zeit getan hat“, berichtete er im Rahmen eines Presserundgangs am ersten Tag der Schau. Die Pandemie habe einige ohnehin schon angestoßene Veränderungen in der Branche noch beschleunigt. Es habe einen gigantischen Digitalisierungsschub gegeben, was sich im veränderten Einkaufsverhalten und einer intensivierten Smartphone-Nutzung niederschlage. Die Kundschaft erwarte auf allen Kanälen reibungslose Erlebnisse und personalisierte Services. Petra Cullmann, Executive Director der Messe Düsseldorf, pflichtete ihm bei: „Die Pandemie hat viele technologische Innovationen getriggert.“ Auch im Handel habe sich extrem viel getan. Dieser habe in kurzer Zeit Omnichannel-Strategien umgesetzt und in die Digitalisierung seiner Märkte investiert.

Die Pandemie hat viele technologische Innovationen getriggert. 
Petra Cullmann, Executive Director Messe Düsseldorf

Was Konsumenten künftig beim Einkaufen erwartet und wie Händler Prozesse optimieren können, präsentierten Aussteller auf dem Messegelände in Düsseldorf: Im Fokus standen in diesem Jahr die Themen Analytics, Payment, intuitiv nutzbare Checkout-Lösungen, Connected Retail, Omnichannel, künstliche Intelligenz, kassenlose Stores und kundenzentriertes Marketing. So trägt etwa die Firma Partnertech dem infolge der Pandemie gestiegenen Hygienebedürfnis mit einem Holo-Display Rechnung. Der Bildschirm lässt sich bedienen, ohne dass der Nutzer die Hardware berühren muss.

Der Roboter Shelfie Pro des belgischen Anbieters Deduco arbeitet mit künstlicher Intelligenz. Er überwacht die Regalbestände im Markt, kommuniziert mit den Kunden und kann sie zum gesuchten Produkt führen. Gleichzeitig dient er mit einem rotierenden 360-Grad-Bildschirm als Werbemittel.

Das Unternehmen Shopreme zeigte auf der Messe eine Scan-und-Go-Lösung, die in Baumärkten, Drogerien oder dem Lebensmittelhandel eingesetzt werden kann und einen kassenlosen Markt ermöglicht. Sie funktioniert über eine Web-Applikation. Kunden müssen daher vor der Nutzung des Dienstes keine App auf ihrem Smartphone installieren.

Futuristisch mutete der Auftritt von Ameria an: Über Displays am Point of Sale lassen sich Avatare erstellen, die wie ein Spiegel auf Kundengesten reagieren – etwa beim Anprobieren von Kleidung. Kunden können damit ganz ohne VR-Brille in das Metaverse eintauchen. So soll ein Einkaufserlebnis geschaffen werden, dass Ladenbesucher sich, vor Ort eingescannt, auf ihrem Smartphone mit nach Hause nehmen können. Möglich sind auch verschiedene Gaming-Elemente. Im Baumarkt sei die Technik aktuell noch nicht zu finden, erklärte ein Sprecher des Unternehmens. In Zukunft könne man über das Tool beispielsweise Liveberatung anbieten.

Der Dienstleister Instore Solutions stellte die Green Tag ESLs in den Fokus seiner Ausstellung. Die digitalen Preisetiketten sind so konzipiert, dass sie völlig ohne Batterien auskommen, weil sie die nötige Energie über ausgelagerte Solarmodule aus der LED-Beleuchtung im Markt gewinnen. Das soll Kosten für Beschaffung, Austausch und Entsorgung der Batterien sparen und die Umwelt schonen.

NCR zeigte, wie man vom POS über die Analytik bis zum Backoffice und darüber hinaus Abläufe integrieren und vereinfachen kann. Die Soft- und Hardware-Lösungen des Unternehmens helfen bei der Implementierung neuer Services in bestehende Filialsysteme, der Modernisierung des Geschäfts mittels Einzelhandelstechnologie und dem Einsatz intelligenter Selbstbedienungstechnologien.

Der Roboter Shelfie Pro kann im Markt zum gesuchten Regal navigieren, aktuelle Aktionen anzeigen und behält gleichzeitig die Ware im Blick. 
Der Roboter Shelfie Pro kann im Markt zum gesuchten Regal navigieren, aktuelle Aktionen anzeigen und behält gleichzeitig die Ware im Blick. 
Das Smartphone ist ein zentrales Element vieler Omnichannel-Lösungen. Kunden können es, etwa durch Einscannen eines QR-Codes, für weitere Informationen zum Produkt und dessen Anwendung oder zum Bezahlen nutzen. 
Das Smartphone ist ein zentrales Element vieler Omnichannel-Lösungen. Kunden können es, etwa durch Einscannen eines QR-Codes, für weitere Informationen zum Produkt und dessen Anwendung oder zum Bezahlen nutzen. 
Einfach Produkte einscannen, in den Einkaufswagen legen und auschecken: Die Web-Applikation von Shopreme soll einen kassenlosen Markt ermöglichen.
Einfach Produkte einscannen, in den Einkaufswagen legen und auschecken: Die Web-Applikation von Shopreme soll einen kassenlosen Markt ermöglichen.
Auf den POS-Displays von Ameria können Kunden Avatare erstellen und mit diesen beispielsweise Kleidung anprobieren. Das Abbild auf dem Bildschirm reagiert auf die Bewegungen seines Gegenübers.
Auf den POS-Displays von Ameria können Kunden Avatare erstellen und mit diesen beispielsweise Kleidung anprobieren. Das Abbild auf dem Bildschirm reagiert auf die Bewegungen seines Gegenübers.

Das EHI stellte im Rahmen der Messe zwei Studien vor. Das Handelsforschungsinstitut untersuche regelmäßig die Top 1.000 umsatzstärksten Onlineshops, berichtete Lars Hofacker, Leiter Forschungsbereich E-Commerce. Dabei sei aufgefallen, dass jeder zweite auch stationäre Geschäfte betreibe. Rund ein Drittel davon biete wiederum Omnichannel-Services an, also einen nahtlosen Übergang zwischen den On- und Offline-Verkaufskanälen. Der Trend richte sich dabei in Richtung Connected Retail, einem vernetzten Handel, in den Kunden aktiv eingebunden sind und Plattformen möglich werden. Für die Studie „Connected Retail 2022“ habe man 115 Entscheider aus dem deutschsprachigen Handel befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Händler in Zukunft vor allem auf schnellere Liefergeschwindigkeiten und digitale Touchpoints konzentrieren wollen. Ein Beispiel dafür sei das Live-Shopping, auf das etwa Otto bereits setze. Die größte Relevanz unter den Omnichannel-Services hat nach Meinung der Befragten die Verfügbarkeitsanzeige stationärer Bestände im Onlineshop. Ebenfalls wichtig ist der Instore-Order-Service – eine Bestellung in der Filiale und anschließende Lieferung nach Hause. Dahinter folgen Click & Collect mit stationärer Bezahlung sowie eine Videoberatung in der Filiale. Dennoch stoßen die Händler weiterhin auf Hindernisse bei der Umsetzung und Optimierung von Omnichannel-Services. Als größte Herausforderung wird der Bereich IT gesehen. Die zweite große Aufgabe ist mit dem Fachkräftemangel verbunden und an dritter Stelle wird die Logistik genannt. Ein weiteres Ergebnis: Die befragten Händler zeigen ihren Bestand mehrheitlich in Echtzeit an – egal, ob online oder offline.

Gemeinsam mit Microsoft nahm das EHI auch das Thema Nachhaltigkeit unter die Lupe. „Immer mehr Unternehmen im Handel und entlang seiner Wertschöpfungskette möchten klimaneutral werden“, berichtete Benjamin Chini, Projektleiter Klima & Energie beim EHI. Die Ansätze, um das zu erreichen, seien allerdings so vielfältig, dass sie zu Verunsicherung bei der Priorisierung führten. An dieser Stelle setzt das Whitepaper an. Es zeigt den Status quo und gibt Handlungsempfehlungen zu Digitalisierung, Energie, Lieferketten, Produktion, Gebäude und Kreislaufwirtschaft. So sei die Nutzung fossil erzeugter Heizwärme im Handel bereits rückläufig, insbesondere durch den Ausbau der Wärmepumpentechnik. Die Händler wünschten sich Unabhängigkeit in der Energieversorgung. Das sei jedoch schwierig aufgrund steigender Preise, erklärte Chini. Bei Strombezug und -erzeugung werde zunehmend auf regenerative Quellen umgestellt. Man registriere außerdem einen sinkenden Trend bei den Stromverbräuchen.

Für einen klimaschonenden Energiehaushalt erforderten Handelsgebäude allerdings einen immer höheren Steuerungs- und Regelungsaufwand, merkte Xenia Giese, Senior Industry Advisor Retail & Consumer Goods bei Microsoft Deutschland an. Hier komme digitalen Lösungen eine wichtige Rolle zu. Zur Ausschöpfung der Einsparungspotenziale sei ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich. Erst damit würden die Effekte der Nachhaltigkeitsmaßnahmen mess- und bewertbar, so Giese.

Für unsere Kunden sind Messen als gesamtheitliches Erlebnis nicht zu ersetzen.   
Petra Cullmann, Executive Director Messe Düsseldorf 

An den drei Messetagen der EuroCIS wurden 9.070 Fachbesucher aus 88 Ländern gezählt. 345 Aussteller aus 33 Nationen nahmen teil. „Die Stimmung in den Messehallen war durchweg positiv und von Optimismus geprägt. Endlich konnten wieder persönlich Kontakte geknüpft und intensiviert werden“, zog Petra Cullmann Bilanz. Sie zeigte sich überzeugt: „Für unsere Kunden sind Messen als gesamtheitliches Erlebnis nicht zu ersetzen.“

[Das ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe 8/2022]

EHI gründet Initiative Klimaneutralität im Handel

Das EHI hat am 16. Mai die Initiative Klimaneutralität im Handel gestartet. Hier soll das Wissen der Experten strukturiert und unternehmensübergreifend vernetzt werden, um die Grundlage für Branchenlösungen auf dem Weg in die Klimaneutralität zu legen.

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