Mellerud feierte 2021 sein 40-jähriges Bestehen. 
Mellerud feierte 2021 sein 40-jähriges Bestehen. 

Mellerud

„Der Kunde ist unser höchster Richter“

Mellerud feierte im vergangenen Jahr seinen 40. Geburtstag. Dieses Jubiläum war Anlass für ein Gespräch mit Geschäftsführer Marcus Roth über Themen, die den Hersteller von Spezialreinigern jetzt und künftig bewegen.   

Guten Tag, Herr Roth. Wir sprechen heute über Mellerud, seine Vergangenheit und Gegenwart, und geben einen Ausblick in die Zukunft. Seit wann sind Sie eigentlich Geschäftsführer des Unternehmens?  

Marcus Roth: Ich bin seit vier Jahren bei Mellerud. In der Branche bin ich seit 33 Jahren aktiv und habe meine Ausbildung und mein Studium bei einer großen deutschen Baumarktkette absolviert. Zu diesem Zeitpunkt hat Heinz Riedel, der Gründer von Mellerud, gerade angefangen, mit diesem Händler zu arbeiten. Ich habe ihn damals gefragt: „Was macht man denn mit Reinigungsmitteln im Baumarkt?“ Und heute bin ich selbst Geschäftsführer des Unternehmens.  

Der Firmengründer ist vor rund einem Jahr verstorben. Auch wenn er seine Anteile vor über 15 Jahren bereits an seine Tochter Christina Riedel übertragen hat, war er noch bis zum Schluss mit voller Leidenschaft an dem Wohl der Firma und der Mitarbeitenden interessiert.

Marcus Roth ist seit vier Jahren  Geschäftsführer des Unternehmens. 
Marcus Roth ist seit vier Jahren  Geschäftsführer des Unternehmens. 

Was hat sich in den vergangenen 40 Jahren verändert, was ist geblieben?  

Als Mellerud gegründet wurde, gab es noch keine Spezialreiniger im Baumarkt. Da war das Unternehmen wirklich ein Pionier. Heute sind Spezialreiniger aus keinem Baumarkt mehr wegzudenken. 

Heute sind Spezialreiniger aus keinem Baumarkt mehr wegzudenken. 
Marcus Roth, Geschäftsführer Mellerud

Mellerud ist es in diesen vier Jahrzehnten gelungen, aus einem kleinen, mittelständischen Unternehmen eine bekannte Endverbraucher-Marke zu machen. Und nicht durch ein großes Marketingbudget, sondern weil die Produkte das gehalten haben, was sie bis heute versprechen: Wirksamkeit! Dieses Verbraucherversprechen, das wir über unsere Produktnamen und unseren Claim „Mellerud. Und gut.“ vermitteln, ist das größte Erbe, das ich als Geschäftsführer bewahren muss. Hier darf kein Produkt auf den Markt kommen, das nicht zu 100 Prozent funktioniert. Das gehört zu unserem Markenkern.

 

Wie lief denn das Jahr 2021 für Sie?

Es war zweigeteilt. In den ersten Monaten des Jahres mussten die Baumärkte aufgrund des Lockdowns schließen. Da der DIY-Handel nach wie vor unser größter Absatzkanal ist, haben wir die negativen Folgen der Pandemie schon sehr gespürt, in unseren Abverkäufen, aber auch in den internen Abläufen. Wir mussten erstmalig Kurzarbeit beantragen. Mit der Öffnung der Baumärkte hat sich unser Geschäft komplett gedreht. Dadurch konnten wir am Ende des Tages sogar sagen: „Wir haben das erreicht, was wir geplant haben – sowohl, was den Umsatz und das Ergebnis angeht.“ Alles in allem sind wir sehr zufrieden mit dem Jahr 2021. Hätte mir das jemand im Januar gesagt, als wir noch darüber nachgedacht haben, die Ausgaben und Investitionen einzufrieren, das hätte ich nicht für möglich gehalten. Es war natürlich nicht auf dem Niveau wie 2020. Es gab auch Dinge, die nicht mehr verkauft wurden. Zu Beginn der Pandemie waren Desinfektionsmittel das überbordende Thema, 2020 haben wir sehr große Mengen davon verkauft. Das ist im vergangenen Jahr komplett eingebrochen.

Der POS-Auftritt im Handel wird laufend optimiert. So dient etwa ein Farbleitsystem an allen Touchpoints als Kompass, damit Kunden das passende Produkt für ihr Problem sofort finden. 
Der POS-Auftritt im Handel wird laufend optimiert. So dient etwa ein Farbleitsystem an allen Touchpoints als Kompass, damit Kunden das passende Produkt für ihr Problem sofort finden. 

Welchen Anteil an ihren Vertriebswegen machen Baumärkte aus?

Wir sind groß geworden mit dem DIY-Handel. Mittlerweile nutzen wir auch andere Handelsformate, wie Cash & Carry oder den großflächigen LEH, aber der Baumarkt hat immer noch den größten Anteil. 

 

Was haben Sie in der Pandemie gelernt?

Wir mussten in kurzer Zeit viel digitaler werden und unsere IT so aufstellen, dass wir von Zuhause aus arbeiten konnten. Mittlerweile hat sich das bewährt. Und wir haben die Pandemie von Anfang an als Chance gesehen. Denn solche Chancen gibt es nicht so häufig für Unternehmen. Und die Kommunikation mit unseren Kunden ist besser geworden, weil sie digitaler stattfindet. Sie wurde viel häufiger und regelmäßiger, da man nicht erst einen Termin machen und zum Kunden fahren musste. Man hat die Probleme gemeinsam gelöst und ist enger zusammengewachsen, hat also eine engere Kundenbindung erreicht.

 

Ist Social Media für Sie wichtiger geworden?

Der Kunde holt sich heutzutage die Informationen, die er benötigt, über das Internet. Daher sind alle digitalen Kanäle wichtiger geworden. Man muss heute an allen Touchpoints der Customer Journey jederzeit gute Informationen bieten. Dazu gehören der POS und der Onlinebereich. Unsere Website wurde überarbeitet und der POS-Auftritt im Markt wird laufend optimiert. Vom Verbraucher her Produkte zu entwickeln, funktioniert mithilfe sozialer Medien und Onlinebewertungen besonders schnell und gut. Letztendlich ist der Endverbraucher unser höchster Richter. Der Handel listet gegebenenfalls ein Produkt, aber ob ein Endkunde das neue Produkt gut findet oder überhaupt benötigt, das sagt er uns über die Abverkäufe und Rezensionen. Auch sind Kundenbefragungen über diesen Kanal viel einfacher.

 

Haben Sie deshalb auch Ratgeber in Ihre Website integriert?

Genau. Es ist wichtig, die immer up to date zu halten. Es ist quasi das Produkt neben dem Produkt, das wir anbieten. Wir wollen nicht nur Reinigungsprodukte verkaufen, sondern den Menschen helfen, sich ein schönes und gepflegtes Zuhause zu schaffen. Dafür müssen wir den Kunden informieren, wie er das Produkt anwendet, welches Problem es löst, und dazu gehören auch diese Ratgeberseiten. Sie wachsen immer mehr, jede Woche kommen neue Texte hinzu, sodass sie irgendwann wie ein Blog funktionieren, in dem sich Kunden auch gegenseitig Ratschläge geben können. Hintergrund ist auch, dass oft die gleichen Fragen aufkommen. Wenn wir dann einmal nicht erreichbar sein sollten, erhält der Kunde so trotzdem rund um die Uhr die benötigten Informationen.

Auch die Präsentation für den internationalen Markt wird stetig angepasst.
Auch die Präsentation für den internationalen Markt wird stetig angepasst.

Aktuell bestimmen die  schwierige Situation auf dem Beschaffungsmarkt und steigende Preise die Branche. Hatten Sie auch mit solchen Problemen zu kämpfen?

Ja, sehr. Der Beschaffungsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren unglaublich gewandelt. Wir bestellen heute Rohstoffe und wissen teilweise nicht, ob, wann und zu welchem Preis wir sie bekommen. Das erschwert die Planbarkeit immens. Aktuell kaufen wir Rohstoffe zu fast jedem Preis, Hauptsache ist, sie sind lieferbar. Diese Komplexität wird in diesem Jahr weiter zunehmen. Wenn es Probleme in China gibt, spüren wir das letztendlich auch, selbst dann, wenn wir selbst nicht in China kaufen. Manchmal sind wir gezwungen, Rohstoffe auszutauschen und neue Rezepturen zu entwickeln. Allen Widrigkeiten zum Trotz konnten wir im vergangenen Jahr eine hervorragende Lieferquote erzielen. Angesichts der weiter fortbestehenden Problematiken bezweifle ich, dass wir dieses hohe Niveau in diesem Jahr aufrechterhalten können. Das ist auf allen Kanälen so. Bei einer Kartonage beispielsweise hat man normalerweise zehn Tage Lieferzeit, jetzt sind es 16 Wochen. Darauf versuchen wir uns bestmöglich einzustellen. Wir haben Außenläger angemietet, um mehr einkaufen zu können. Außerdem planen wir den Bau einer neuen Logistikhalle.

 

Welche Herausforderungen stellen sich darüber hinaus in der näheren Zukunft?  

Das ist zum einen: Wie digitalisiert man ein kleines mittelständisches Unternehmen? Die Veränderungsgeschwindigkeit in diesem Bereich nimmt unglaublich zu. Das zweite Thema ist Nachhaltigkeit, mit allen noch nicht planbaren politischen Rahmenbedingungen. Die fehlende Planbarkeit generell ist eine Herausforderung. Hinzu kommt, dass es heute etwa doppelt so lang dauert wie früher, geeignete Fachkräfte zu finden. Wir bilden deshalb auch mehr aus. Früher hatten wir zwei Auszubildende, heute haben wir sechs.

Der Anbieter entwickelt alle Produkte in seinem eigenen Labor am Unternehmensstandort in Brüggen am Niederrhein.
Der Anbieter entwickelt alle Produkte in seinem eigenen Labor am Unternehmensstandort in Brüggen am Niederrhein.

Was macht Mellerud in puncto Nachhaltigkeit?  

Wir verkaufen chemische Gemische in Kunststoffgebinden, das ist per se erst einmal nicht nachhaltig. Es gibt aber viele Bereiche, an denen unser Team Nachhaltigkeit arbeitet. Sei es der Einsatz von Rezyklaten bei Gebinden, nachwachsende Rohstoffe für unsere Rezepturen oder Fotovoltaik auf unseren Dächern. Wir betrachten das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich. In diesem Jahr werden wir ein komplett nachhaltiges Sortiment auf den Markt bringen. Als Familienunternehmen muss man meiner Meinung nach ohnehin nachhaltig sein, denn man denkt in Generationen.  

 

Wie haben sich Ihre Produkte in den vergangenen 40 Jahren verändert?  

Von außen betrachtet hat sich bei den Produkten wenig verändert. Wir müssen aber auf mehr achten, zum Beispiel REACH, die Biozid-Verordnung, Nachhaltigkeitsthemen. Was darf man noch verarbeiten, um weiterhin die Wirksamkeit des Produktes gewährleisten zu können? Das ist komplexer geworden. Wir haben heute zwei Mitarbeiter, die sich nur mit Gesetzesänderungen und neuen Regularien auseinandersetzen, das gab es früher gar nicht.  

 

In welchen Ländern vertreiben Sie Mellerud-Produkte?  

Wir sind in 36 Ländern aktiv, hauptsächlich in Europa, aber auch in Israel und Russland. Wir wollen und müssen hier weiterwachsen. Es gibt länderspezifisch unterschiedliche Anforderungen, sowohl auf Kundenseite, als auch vom jeweiligen Gesetzgeber, oder mit Blick auf die klimatischen Bedingungen sowie Gegebenheiten vor Ort.  

In welchem Bereich sehen Sie noch Wachstumspotenzial?  

Es gab ein starkes Wachstum bei den Reinigern in Tuben, da sind wir mit einem kleinen Sortiment von acht Tuben gestartet. Das wollen wir weiter ausbauen. Wir sprechen hier neue Kunden an, die nur gelegentlich den Bedarf an einem bestimmten Artikel haben. Mit der Größe der Produkte zahlen wir auf die aus dem demographischen Wandel resultierenden kleineren Haushaltsgrößen ein.  Darüber hinaus hat sich das Freizeitverhalten verändert. Caravaning wurde noch einmal neu aufgerollt. Wir haben die ersten Produkte rund um das Thema Poolreinigung. Zudem arbeiten wir an einer besseren Verknüpfung der On- und Offlinekanäle.  

 

Sehen Sie durch den Onlineboom den stationären Handel in Gefahr?  

Nein. Wir werden vielmehr einen hybriden Handel erleben. Das Sortiment im Baumarkt ist so komplex und projektgetrieben, dass wir die Beratungsmöglichkeiten vor Ort weiter brauchen. Die Einkaufsstätten werden sich aber verändern. Das Geschäft wird sich teilweise in den Onlinehandel verlagern, dafür muss man eigene Dienstleistungen anbieten. Wir als Industrie müssen unsere Handelspartner dabei unterstützen, indem wir ihnen ansprechenden Content zu unseren Produkten zur Verfügung stellen, aber auch die Belieferung der Endkunden per Dropshipping für sie übernehmen. Hinzu kommen weitere Services für Endverbraucher, wie unsere Labor-Hotline, die an sieben Tagen in der Woche erreichbar ist.

 

Wollen Sie damit auch neue Zielgruppen ansprechen?

Auf jeden Fall. Mellerud richtet sich bislang eher an eine ältere Generation, vorwiegend Eigenheimbesitzer. Der jüngeren Generation ist die Marke Mellerud noch nicht so bekannt. Wenn sie ein Problem haben, etwa Schimmel, stoßen sie über diese Kanäle auf uns. Werden sie dort gut beraten und unser Produkt wirkt, können wir neue Zielgruppen erschließen.

Die Mellerud Produktlinie gegen Schimmel.
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