Zugegeben, es klingt auf den ersten Blick nach Science-Fiction: Häuser aus dem 3D-Drucker. Dabei häufen sich seit Jahren die Beispiele gedruckter Pilot-Häuser und -Gewerbebauten weltweit. In Deutschland hielten die bisherigen Bauvorschriften ein „Haus aus der Düse“ von heimischem Boden fern – bis zum September 2020, als diese Hürde mit dem Druck des ersten Wohnhauses im nordrhein-westfälischen Beckum nun auch hierzulande fiel.
„Der Druck des Wohnhauses in Beckum ist ein Meilenstein für die 3D-Betondrucktechnologie“, so Thomas Imbacher, Geschäftsführer Innovation & Marketing der Peri GmbH, der ausführenden Baufirma. Statt wie sonst üblich Stein auf Stein wurde das zweigeschossige Einfamilienhaus mit rund 80 m² Wohnfläche pro Geschoss von einem 3D-Betondrucker Schicht auf Schicht hochgezogen. Hierbei fährt ein Druckroboter auf einem Schienensystem immer wieder den Grundriss des am Computer geplanten Gebäudes entlang und setzt aus einer Düse zentimeterdicke Betonwülste aufeinander, die ohne Schalung oder weitere Arbeitsschritte direkt vor Ort trocknen.
Die Konstruktion des Hauses besteht aus dreischaligen Wänden, die mit Isoliermasse verfüllt werden. Dabei berücksichtigt der Roboter bereits während des Druckvorgangs die später zu verlegenden Leitungen und Anschlüsse für Wasser oder Strom. Auch ist er dafür zertifiziert, dass während des Druckvorgangs im Druckraum gearbeitet werden kann: Manuelle Arbeiten, wie z. B. das Verlegen von Leerrohren und Anschlüssen, können auf diese Weise einfach in den Druckprozess integriert werden.
Bedient wird das Baugerät von zwei Facharbeitern, wobei Druckkopf und Druckergebnis per Kamera überwacht werden. Laut Peri ist der verwendete Betondrucker mit einer Geschwindigkeit von 1 Meter pro Sekunde aktuell der schnellste auf dem Markt. Für 1 m² doppelschalige Wand soll er rund fünf Minuten brauchen.
„3D-Betondruck verändert die Art und Weise, wie wir bauen, und den Prozess des Hausbaus grundsätzlich“, erklärt Leonhard Braig, Geschäftsführer Produktion & Supply Chain bei Peri. „Der in Beckum verwendete Drucker ist ein Portaldrucker, d. h. der Druckkopf bewegt sich über drei Achsen auf einem fest installierten Metallrahmen“, so Fabian Meyer-Brötz, Leiter 3D Construction Printing bei Peri. „Der Vorteil: Der Drucker kann sich in seinem Rahmen an jede Position innerhalb der Konstruktion bewegen und muss nur einmal kalibriert werden.“
In den Wochen und Monaten vor Baubeginn hatte die neue Bautechnik alle behördlichen…