Bei diesem Unternehmen stimmt ja eigentlich gar nichts. Also nichts von dem, was man bisher über den Markt, in diesem Fall über den Grillmarkt, zu wissen meinte. Das Wachstum hat sich in den vergangenen Jahren abgeflacht? Nö. „Wir wachsen seit Jahren um jährlich 50 Prozent.“ Holzkohlegrills bilden das größte Umsatzsegment? Nö. „Wir machen den größten Teil des Umsatzes mit Gasgeräten und Zubehör. Trotzdem: Sogar der Umsatz mit Grillholzkohle ist höher als der mit Holzkohlegrills.“ Online ist für einen stationären Händler ein mühsames Geschäft? Nö. „Zusätzlich zum Onlineshop haben wir mit der Video-Beratung aus den Filialen heraus während Corona einen eigenen Vertriebskanal aufgemacht.“ Das Retail-Geschäft muss man also nicht von der Pike auf gelernt haben, um erfolgreich zu sein? Nö. „Mein Partner und ich sind Informatiker.“
In aller Seelenruhe zerpflückt Joachim Weber so ziemlich alle Gewissheiten, die man in Sachen Grillmarkt zu haben meinte. Vor gerade einmal elf Jahren hat er gemeinsam mit Ralf Geishauser eine Grillfachhandlung gegründet, und seither hat die Umsatzkurve stets nach oben geführt, in diesem Jahr auf voraussichtlich 55 bis 60 Mio. Euro. Im Jahr 2014 ist das Hauptgeschäft von Friedewald nach Bad Hersfeld gezogen – als der größte Grillfachmarkt Europas, wie das Unternehmen betont. Rund 2.000 m² stehen hier für Verkauf und, wenn das nach Corona wieder möglich wird, Live-Cooking in Seminaren zur Verfügung, die in vor-pandemischen Zeiten von 4.000 Teilnehmern jährlich besucht wurden.
Inzwischen betreibt Grillfürst deutschlandweit sieben Filialen mit Verkaufsflächen üblicherweise zwischen 700 m² und 1.000 m² (in München sind es 450 m²), alle in Eigenregie; eine erste Niederlassung wurde inzwischen in der Schweiz eröffnet. Zusätzlich gibt es ein Shop-in-Shop-System für den Einzelhandel, das in diesem Jahr in 70 Rewe-Märkten umgesetzt wurde.
Dabei soll es natürlich nicht bleiben. Zwar hat der Markt in Bad Hersfeld ein Einzugsgebiet von bis zu 400 km. „Es kommen Kunden aus Hamburg, das ist überhaupt kein Problem“, sagt Weber, denn ihnen werde hier ein in Deutschland einzigartiges Profisortiment geboten. Aber üblicherweise decken die Grillfürst-Märkte einen Radius von 100 km ab. Wenigstens diese alte Handelsweisheit stimmt: Es gibt noch weiße Flecken auf der Landkarte. Also arbeiten Weber und sein Team von insgesamt 90 Mitarbeitenden daran…