„Die Koelnmesse kämpft um die Spoga+Gafa 2020, und ihr unermüdlichster Kämpfer ist Stefan Lohrberg.“ So hat ein Text begonnen, den das Fachmagazin diy auf seiner Website diyonline.de noch Ende Juni nach einem langen Telefonat mit dem Director Spoga+Gafa der Koelnmesse veröffentlicht hat. Es ging darum, „Sicherheit für verunsicherte Aussteller“ zu schaffen, wie die Überschrift lautete. Denn das war zu diesem Zeitpunkt die wichtigste Aufgabe des Messemanagements.
Bis zuletzt haben sie in Köln versucht, das – in den Augen vieler – Unabwendbare doch noch abzuwenden und die Absage der Spoga+Gafa 2020 zu verhindern. Am frühen Abend des 6. Juli kam dann die Nachricht, mit der viele in der Branche letztlich doch gerechnet haben – das aber zusammen mit einer Nachricht, mit der viele dann doch nicht gerechnet haben: Die Spoga+Gafa 2020 wird abgesagt, und darüber hinaus wechselt die Weltleitmesse für die Garten- und Lifestylebranche künftig auf einen Termin rund drei Monate früher im Jahr.
Das heißt konkret: Die nächste Spoga+Gafa findet vom 30. Mai bis 1. Juni 2021 statt. Somit bleibt die Tagesfolge Sonntag bis Dienstag bestehen. Der Termin liegt im nächsten Jahr für drei Bundesländer in den Pfingstferien sowie kurz vor dem in sechs Bundesländern begangenen Feiertag Fronleichnam. Es gibt außerdem – aber das wird für die wenigsten Aussteller und Besucher relevant sein – eine Überschneidung mit der Interzoo vom 1. bis 4. Juni in Nürnberg.
Viel wichtiger ist, dass der neue Termin auf einem für weite Teile der Branchen besseren Orderzeitpunkt liegt, wie der Veranstalter betont. „Auf Wunsch der Branche verschiebt die Koelnmesse den Termin der Spoga+Gafa dauerhaft in die jeweils erste Jahreshälfte“, heißt es gleich zu Beginn der Pressemitteilung.
Zur Absage der Messe in diesem Jahr hat sich die Koelnmesse „trotz einer fast ausgebuchten Gesamtfläche im Frühjahr 2020 und damit einem exzellenten Anmeldestatus“ entschlossen, wie es in einem Schreiben an die Aussteller heißt. Und in der Tat hat auch Stefan Lohrberg immer wieder gesagt, dass in großen Teilen der Ausstellerschaft der Wunsch bestand, die Messe stattfinden zu lassen.
Gleichzeitig hatte die Messegesellschaft nicht nur ein umfassendes Hygienekonzept ausgearbeitet, sondern vorab sich selbst sowie Aussteller und Besucher auf eine geänderte Situation vorbereitet: Es war klar, dass sie auf Aussteller und Besucher aus Übersee würde verzichten müssen und die Messe „ein vollkommen europäisches Bild“ zeigen würde, wie Lohrberg gesagt hatte.
Dennoch: Vor dem Hintergrund der aktuellen Covid-19-Entwicklung, der Nachrichten um neue Infektionsfälle in Deutschland und der Reisesituation insbesondere auf interkontinentaler Ebene habe sich eine große Mehrheit der Aussteller und Fachbesucher schließlich entschlossen, die Spoga+Gafa nicht zu besuchen. Mit dem Fachbeirat habe man die Gesamtsituation deshalb neu bewertet.
Dass das keinem der Beteiligten leicht gefallen ist, darf man getrost annehmen. Schließlich steckt die Spoga+Gafa in einer Phase qualitativen und quantitativen Wachstums. Die Entwicklung der Spoga+Gafa hin zu einer global relevanten Mehrwert- und Kommunikationsplattform stehe dabei im strategischen Fokus der Messeausrichtung, schreiben die Kölner. Darauf aufbauend habe die Koelnmesse die Einflüsse der jüngsten Vergangenheit genutzt und gemeinsam mit den beteiligten Gremien über den zukünftigen Veranstaltungstermin der größten Gartenlifestyle-Messe der Welt beraten. Oliver Frese, COO der Koelnmesse, fasst die Überlegungen so zusammen: „Ziel unserer Gespräche mit der Branche ist es, gemeinsam einer starken Messe die Chance zu geben, noch weiter an Stärke und Marktrelevanz zu gewinnen. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei das über die Jahre angepasste Orderverhalten innerhalb vieler Teile der Branche. Um diesem noch besser gerecht zu werden, findet die Spoga+Gafa, beginnend im kommenden Jahr, dauerhaft Ende Mai oder Anfang Juni statt.”
Auch Köln kann Wumms
Nur Mut? Mehr als das: Mit Realitätssinn wurde die richtige Entscheidung getroffen. Ein Kommentar.
Mit Wumms, so hat es Finanzminister Olaf Scholz gesagt, als er das Corona-Konjunkturpaket angekündigt hat, werde Deutschland aus der Krise kommen. Dass nicht nur Berlin, sondern auch Köln Wumms kann (jedenfalls, aber hoffentlich nicht nur rhetorisch), hat die Koelnmesse gezeigt. Die Messegesellschaft hat viel Mut bewiesen, als sie die Spoga+Gafa für das Jahr 2020 abgesagt hat, und noch mehr Mut, als sie sie auf einen neuen Termin verschoben hat.
Nur Mut? Nein, sie hat mehr bewiesen: Realitätssinn und die Fähigkeit, auf geänderte Rahmenbedingungen mit neuen Lösungen zu reagieren – auch bei einem so unbeweglich scheinenden Dickschiff wie der Spoga+Gafa.
Dabei: Unbeweglich war diese Messe gerade in den jüngsten Jahren nicht. Darauf weisen die Kölner zu Recht hin. Rahmenprogramm, Messemotto, die POS-Inseln, die mit dem IVG auf die Beine gestellten Sonderflächen, auf die auch in früheren Jahren verloren gegangene Aussteller zurückgekehrt sind – all das belegt nicht nur, dass die Messemacher kreative waren und sind, sondern vor allem auch, dass sie durch kontinuierlichen Dialog ein Gespür dafür haben, was die Branche will und braucht.
Die Kombi aus Mut, Realitätssinn und Gespür führte nun auch zur, wie ich finde, richtigen Entscheidung, die Messe ein gutes Stück im Jahr vorzuverlegen. Dieser Termin wird nicht allen gefallen – aber das hat der bisherige auch nicht getan. Doch gerade für die Baumärkte und andere große Distributionsformen liegt er richtig.
Schon seit Jahren haben sich vor allem diejenigen Aussteller (und die für sie relevanten Besucher), die ihre Ware in Fernost produzieren (lassen), über den für ihr Geschäft viel zu späten Termin beklagt. Anfang September war der Drop längst gelutscht, wenn es um große Mengen in den Hauptsortimentsbereichen Gartenmöbel und Grills ging.
Mit Blick auf die Besuchergruppe der Gartencenter und des Fachhandels hieß es dabei immer: Für sie ist der Termin als letzte Ordermöglichkeit zur kommenden Saison gut. Doch dazu passte nicht, dass die – freilich viel kleinere – Gardiente von Anfang an auf den Frühsommertermin gesetzt hat, obwohl sie doch genau auf diese Sortimente und diese Besuchergruppe spezialisiert ist. Und auch die (in den vergangenen Jahren immer wieder gebeutelte) Tendence in Frankfurt findet Anfang Juli und damit deutlich früher als die Spoga+Gafa bislang statt.
Ob sie für oder gegen eine Absage waren: Alle potenziellen Aussteller haben in den viel beschworenen Corona-Zeiten das Problem, dass sie mit ihren Zielgruppen irgendwie kommunizieren müssen – ohne die Möglichkeit, ihre Produkte erlebbar zu machen, oft ohne den echten, nicht-virtuellen Kontakt von Mensch zu Mensch, dafür aber mit einem viel größeren Aufwand für alle Beteiligten.
Das Fehlen einer Messe verschärft dieses Problem nur noch weiter und zeigt dadurch, wie wichtig starke Messen für starke Branchen sind. Deshalb verstehe ich die Entscheidung der Koelnmesse als eine Entscheidung aus einer Position der Stärke heraus: Man hat die Krise zu nutzen gewusst – mit Wumms.
Rainer Strnad