Anspruch und Wirklichkeit

Dieses Kommentarthema ist wirklich ein alter Hut, das tut mir aufrichtig leid. Aber nur weil es um das leidige Thema "Lieferantenlistung" geht und weil die Diskussionen dazu so alt sind wie die Baumarktbranche, ist es nicht obsolet bzw. von gestern. Denn in Gesprächen mit Lieferanten wird auch 2016 praktisch jedes Mal deutlich, wie heikel und gespalten Lieferanten- und Handelsseite in dieser Frage ticken und agieren.
Wir hören ja permanent auf Symposien und Kongressen, wie wichtig es gerade für den stationären Baumarkthandel sei, sich nicht nur über den Preis und die Auswahl gegen konkurrierende stationäre und elektronische Vertriebswege zu positionieren. Echte Neuheiten, die diesen Namen auch verdienen, Problemlösungen, komplexe Beratungsleistungen, neue Präsentationsformen, mehr Erlebnischarakter, Nachhaltigkeitsaspekte -- all das wird ex cathedra von vielen Referenten und Baumarkthäuptlingen eingefordert.

Gelebt wird dies jedoch bei Listungsgesprächen, schenkt man den Lieferanten Glauben, so gut wie nie. Ein Hersteller schilderte mir, wie die modernen, so oft geforderten "soften" Faktoren, die der Lieferant mit den Einkäufern eines Baumarktbetreibers ausgehandelt hatte, immer mehr vom Faktor "Preis" verdrängt wurden, je höher man mit den Gesprächen in der Entscheidungsebene kam. Am Schluss, bei einem Geschäftsführer angelangt, spielte dann nur noch der Preis die entscheidende Rolle, ob eine Listung erfolgen konnte oder nicht.
Die Handelsunternehmen seien, so viele Lieferanten, immer noch rein einkaufs- und preisfixiert, echtes Category Management finde dort, trotz des sich immer mehr verschärfenden Wettbewerbs, auch heute noch nicht richtig statt. Man kann wahrscheinlich von einem gelernten klassischen Einkäufer auch fast nicht erwarten, dass er einfach in seinem Denken umswitcht und nun plötzlich als waschechter "Catman" agiert. Von seinen Chefs sollte man dies allerdings schon erwarten können. Solange aber Erfolg auf Einkäuferseite immer noch in erster Linie über das Drücken von Preisen, das Aushandeln von WKZs und Sonderkonditionen etc. gemessen wird, wird das alte Spiel weitergespielt werden, und Anspruch und Wirklichkeit werden noch weiter auseinanderklaffen.Joachim BengelsdorfPS: Inzwischen sind bereits zahlreiche ausgefüllte Fragenbögen unserer großen Leserumfrage bei uns eingegangen. Mit ihr wollen wir von Ihnen wissen, wie das Heft, das Layout und die Artikel von Ihnen wahrgenommen und genutzt werden, und auch, was wir in Zukunft für Sie noch besser machen können. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie sich die Zeit nehmen, den Fragebogen auszufüllen: Zeitbedarf ca. zehn Minuten. Den Fragenbogen finden Sie hier im Heft. Noch schneller geht es unter www.daehne.de/leserbefragung-diy