Fakt ist: Gärtnern ist hipper denn je, und neue Trends entwickeln sich dank digitaler Medien und nahezu unbegrenzter Mobilität schneller, als wir sie fassen können. Einige von ihnen verpuffen bereits nach kurzer Zeit - andere könnten die Zielgruppen maßgeblich prägen und den Markt verändern. Was früher eine notwendige Pflicht war, ist heute eine anerkannte Freizeitaktivität. Gärtnern wird zum Volkssport und der Garten zum zweiten Wohnzimmer. Die Kleingartenvereine können sich vor Anfragen kaum retten.
Diesen Imagewandel hat die Grünfläche vor allem einem zu verdanken: dem Homo Urbanus. Das Leben der Menschen ist heute von einer neuen Form von Arbeit, Freizeit und sozialen Werteprämissen bestimmt. Der Homo Urbanus sucht nicht nach einer Stadt, sondern nach einer Heimat, Nähe zur Natur und gesunder Ernährung. Er schließt sich Bürgerbewegungen wie Urban Gardening, Guerilla Gardening, die essbare Stadt oder mobilen Kinder- und Schulgärten an; er schafft grüne Wände und gärtnert auf Dächern.
Diese Zone der Ruhe richtet sich der Homo Urbanus entsprechend liebevoll ein. So wird aus dem Garten ein zusätzlicher Wohnraum, der ähnlich dekoriert und ausgestattet wie das eigene Haus oder die Wohnung daherkommt. Der Trend geht so weit, dass in den warmen Monaten im Grunde alles im Freien passieren kann - auch das Kochen.
Die Zeiten, in denen höchstens ab und zu mal ein Würstchen auf dem Grill gar wurde, sind vorbei. Heute entstehen im Garten ganze Menüs, entweder in komfortablen Hightech-Grills oder neuerdings immer häufiger auch in Outdoor-Küchen.
Diese Entwicklung lässt nicht nur den Absatz der Geräte kontinuierlich wachsen, sondern pusht gleichzeitig den Markt für Grill-Zubehör. Denn wer heute mit Kohle oder Gas sein Essen zubereitet, benötigt mehr als eine Zange: Räucherplanken, Salzsteine, Fischbräter, Geflügelhalter - ja sogar Marinade-Injektionsspritzen, Raclette-Pfännchen und Pizzasteine sind in deutschen Gärten keine Seltenheit mehr.
Die Ansprüche der Konsumenten steigen. Sie machen aus dem Grillen ein Erlebnis, eine tagesfüllende Aufgabe. Mit den besonderen Kniffen, dem Zubehör und den Geräten beeindrucken die Gourmet-Griller ihre Gäste. Kein Wunder also, dass auch Barbecue-Smoker, Steak-Beefer und Co. den Markt im Sturm erobern.
So aufwendig die Warenzubereitung ist, so unkompliziert sollte die Gartenarbeit sein. Denn hier gilt das Prinzip "beeindrucken, ohne zu beanspruchen", kurz: Easy Gardening. Der Gartenbesitzer von heute bevorzugt demnach ein tolles Ergebnis mit möglichst wenig Aufwand.
Da ist es nur folgerichtig, dass Mähroboter hohe Zuwachsraten verzeichnen. Und auch die Akkutechnologie legt stetig zu. Der Grund: Eine akkubetriebene Heckenschere ist viel flexibler als eine elektrische. Damit vereinfacht sie die Pflanzenpflege ungemein.
Allerdings ist es mehr als nur die Bequemlichkeit, die den Hobby-Gärtner bewegt. Denn nicht nur in der Einstellung der Gesellschaft findet derzeit ein Wandel statt, sondern auch in ihrer Demographie. Die Bevölkerung wird immer älter - eine Entwicklung, die sicherlich auch in die Trendforschung einfließen sollte. Immerhin führt sie derzeit unter anderem dazu, dass Hochbeete regelrecht boomen. Die Naturverbundenheit des Homo Urbanus hat noch einen weiteren Nebeneffekt: Tierschutz ist trendiger denn je. Vor einigen Jahren noch ungeliebter Kuchenmitesser, mausert sich die Biene derzeit zum Lieblingsobjekt vieler Kampagnen: Lebensmittelhäuser, Baumärkte und sogar TV-Sender werben für Spendenaktionen zum Schutz der gelb-schwarzen Tierchen.
In diesem Zusammenhang entwickelt sich ganz beiläufig auch ein neuer Trend: Urban Beekeeping. Auf dem Abgeordnetenhaus in Berlin sind die Bienen mittlerweile ebenso zuhause wie auf Hochhäusern in Kopenhagen, dem Dach der Garnier-Oper in Paris und vielen privaten Balkonen in den Großstädten. Immer mehr junge Menschen in den Metropolen schaffen sich Bienen an, weil es hip ist, etwas für die Umwelt zu tun, weil es Spaß macht und nicht allzu teuer ist. Allein im Berliner Stadtgebiet ist die Zahl der Imker von 2012 bis 2013 um zwölf Prozent gestiegen, in Hamburg um mehr als acht Prozent.
Weltweit beobachten Forscher hunderte Mikrotrends, die für die grüne Branche relevant sind oder sein könnten. Einige davon sind skurril, andere beeindruckend, viele werden genauso schnell verpuffen, wie sie aufgetreten sind. Dennoch ist es für die Branche enorm wichtig, die kleinen und großen Entwicklungen genau zu beobachten. Denn wer weiß, vielleicht wird aus Urban Beekeeping mehr als nur eine kurze Bienenliebe.