Begräbnisse können lustiger sein als so manche Taufe oder Hochzeit. Das ist eine nicht nur in Süddeutschland bekannte Weisheit. Ein gelungenes, meist pompöses Begräbnis wird, je nach landsmannschaftlicher Schreibweise, als „sche(e)ne“ oder „schöne Leich“ bezeichnet. War der Leichenschmaus ergiebig und gingen alle mit vollen Bäuchen nach Hause, war es ein gelungenes Begräbnis (= Leich). Man zögert natürlich, dieses etwas makabre Bild auf die augenblickliche Situation bei Praktiker anzuwenden, aber dennoch drängt sich ein Vergleich fast auf. Zuerst einmal setzt die Behandlung dieses Themas die Beantwortung der Frage voraus, ob denn Praktiker wirklich schon tot oder ob das Unternehmen noch am Leben ist. Spricht man mit Lieferanten, so sagen viele, es sei augenblicklich fast unmöglich, mit einem Sortimentsverantwortlichen von Praktiker sprechen zu können, geschweige denn, zu irgendeiner Übereinkunft zu kommen. Blickt man auf die personelle Struktur der Unternehmensspitze, so macht diese auch nicht den Eindruck, viel Zeit für die intensive Alltags- und Zukunftsarbeit aufbringen zu können. Selbst Spitzenposten werden nur auf Zeit vergeben, Baumarktkompetenz sucht man da vergebens. Das Provisorium wird zur Regel. Das Tagesgeschäft, einschließlich Delkredere, treibt konturlos bzw. nur mäßig ausgestattet vor sich hin. Und auch der Rettungsplan, so er denn konsequent umgesetzt wird, ist zu gering dimensioniert, um die angekündigte Anzahl von Praktiker-Standorten glaubhaft und nachhaltig auf Max Bahr umstellen zu können. Wenn Praktiker auch noch nicht klinisch tot ist, so macht das Unternehmen doch zumindest gerade Nahtoderfahrungen. Die geladenen Beerdigungsgäste, gleich ob Anchorage oder Semper Constantia/Maseltov/Isabella de Krasny, unterbreiten Angebote, die jedem normalen Kaufmann die Zornesröte ins Gesicht treiben würden. Nicht so offensichtlich den Praktiker-Verantwortlichen. Da wird von Kreditzinsen, Aktienbeteiligungen und Sicherheiten gesprochen, die das Unternehmen niemals wird aus dem laufenden Geschäft erfüllen können. Wie gesagt, eine Beerdigung kann lustiger sein als eine Hochzeit. Kommt nur drauf an, für wen. Die Leiche kann ja wohl nicht gemeint sein. Schon eher diejenigen, die sich an der Hinterlassenschaft des Toten bedienen. Für die kann die Beerdigung sogar ein Freudenfest werden. Dr. Joachim Bengelsdorf P.S.: Dieses Heft beschäftigt sich in seinem Schwerpunktthema mit „Made in Germany“. Das Thema hatten wir in diy bereits einmal vor über zweieinhalb Jahren. Heute ist es sogar noch aktueller als damals, wie die Beiträge zeigen. Viel Spaß beim Lesen. Download: A scheene Leich (PDF-Datei)