Im Jahr 2023 ist das ohnehin hohe Niveau an Ladendiebstählen in Deutschland noch einmal um 15 Prozent gestiegen, berichtet das EHI Retail Institute in seiner neuen Studie „Inventurdifferenzen 2024“. Baumärkte konnten demnach ihr Niveau halten, während im Lebensmitteleinzelhandel, bei Drogeriemärkten und im Bekleidungshandel die prozentualen Inventurdifferenzen gestiegen sind und alle übrigen Branchen die Inventurdifferenzen sogar überwiegend reduzieren konnten.
Insbesondere der organisierte und gewerbsmäßige Ladendiebstahl habe dem Einzelhandel in den letzten Jahren zum Teil schmerzliche Verluste beschert. „Die Zunahme der Diebstähle im Jahr 2022 stellte noch eine Rückkehr zur ‚Normalität‘ der Vor-Corona-Zeit dar. Nun ist aber ein Wendepunkt erreicht, an dem die Zunahme der Ladendiebstähle eine besondere Dimension annimmt und besondere Aufmerksamkeit erfordert“, erklärt Frank Horst, Studienautor beim EHI.
Die EHI-Studie ermittelt für 2023 durchschnittliche Inventurdifferenzen – bewertet zu Einkaufspreisen in Relation zum Nettoumsatz – in Höhe von 0,67 Prozent. Im gesamten stationären deutschen Einzelhandel summieren sich dadurch auf Basis eines Umsatzes in Höhe von 485 Mrd. Euro die – zu Verkaufspreisen bewerteten – Inventurdifferenzen auf 4,8 Mrd. Euro. Damit seien die Inventurdifferenzen im Vergleich zum Vorjahr um rund 5 Prozent gestiegen, so das Kölner Handelsinstitut.
Nach Einschätzung der Handelsfachleute wird der Kundschaft ein Schaden durch Diebstähle in Höhe von 2,82 Mrd. Euro zugemessen, eigene Angestellte verursachen etwa 910 Mio. Euro und Servicekräfte sowie Beschäftigte von Lieferanten rund 370 Mio. Euro Schaden. Insgesamt investiere der Handel jährlich 1,55 Mrd. Euro in Präventiv- und Sicherungsmaßnahmen. Statistisch gesehen entfalle so auf jeden Bundesbürger jährlich ein Warenwert von rund 34 Euro, der nicht bezahlt wird oder: jeder 200. Einkaufswagen passiert unbezahlt die Kasse.
Das entspricht außerdem einem volkswirtschaftlichen Schaden durch entgangene Umsatzsteuer von rund 560 Mio. Euro allein durch Straftaten unehrlicher Kundschaft. 700 Mio. Euro entfallen auf organisatorische Mängel wie beispielsweise eine falsche Preisauszeichnung, Erfassungs- und Bewertungsfehler.
Polizeilich angezeigte Ladendiebstähle haben laut EHI im Jahr 2023 um 23,6 Prozent auf 426.096 Fälle zugenommen. Aus dem durchschnittlichen Schaden aller angezeigten Diebstähle und dem per Inventur festgestellten Warenschwund im Handel ergibt sich, dass jährlich etwa 24 Millionen Ladendiebstähle im Wert von je 117 Euro unentdeckt bleiben, was rund 100.000 Ladendiebstählen je Verkaufstag entspricht. Ein Höchststand wurde bei schwerem Ladendiebstahl erreicht, mit 27.452 angezeigten Fällen. Schwerer Diebstahl liegt etwa dann vor, wenn das Diebesgut durch ein verschlossenes Behältnis wie eine Vitrine oder eine andere Schutzvorrichtung wie eine Warensicherung gegen Wegnahme besonders gesichert und nicht von geringem Wert ist. Allerdings wird längst nicht jeder Ladendiebstahl angezeigt.
An der aktuellen Untersuchung beteiligten sich 84 Unternehmen oder Vertriebsschienen mit insgesamt 17.426 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von rund 82,4 Mrd. Euro erwirtschaftet haben.
Die komplette Studie steht beim EHI zum Download bereit.