Der Industrieverband Garten (IVG) spricht zum wiederholten Mal das Thema Preiserhöhungen im Gartenmarkt an. Deutsche Verbraucher und Unternehmen müssten sich auch weiterhin darauf einstellen, so der Verband. Das gilt ausdrücklich auch für die Gartenbranche. „Die Themen der Kostenentwicklung und der Verfügbarkeit von wichtigen Rohstoffen holen auch die Grüne Branche Anfang des Jahres mit voller Wucht und teilweise unerwartet wieder ein“, heißt es wörtlich in einer Pressemitteilung. Betroffen sind den Angaben zufolge insbesondere die Hersteller von Düngemitteln und damit auch die Produzenten von Blumenerden und Substraten sowie die Hersteller von Gartengeräten.
Wir dokumentieren die Mitteilung des IVG mit der ausführlichen Darlegung der Rohstoff- und Lieferproblematik hier im Wortlaut:
Grüne Branche: Weiter steigende Kosten für Unternehmen haben Preiserhöhungen für Verbraucher zur Folge
Düsseldorf, Januar 2022. Deutsche Verbraucher und Unternehmen müssen sich auch weiterhin auf Preiserhöhungen einstellen. Denn die normalerweise zum Jahresende einsetzende Entspannung auf den Rohstoff- und Transportmärkten ist ausgeblieben. Die schon seit Monaten steigende Nachfrage und ein begrenztes Angebot lassen die Rohstoffpreise rapide nach oben schnellen. Engpässe in der Lieferkette und hohe Energiepreise verschärfen diese Situation zusätzlich. Zahlreiche Branchen mussten ihre Preise bereits anpassen. Von dieser Entwicklung bleibt auch der Gartenmarkt nicht verschont. Hersteller von Substraten, Pflanzerden und Düngemitteln sowie Geräte- und Hartwarenhersteller sind gezwungen, die Mehrkosten erneut an den Handel und damit an den Endverbraucher weiterzugeben.
Das neue Jahr beginnt, wie das alte aufgehört hat: Das ifo Institut rechnet mit weiteren Preiserhöhungen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Nach einem Rekordstand im November 2021 sind die ifo-Preiserwartungen im Dezember nur geringfügig gesunken. Die Themen der Kostenentwicklung und der Verfügbarkeit von wichtigen Rohstoffen holen auch die Grüne Branche Anfang des Jahres mit voller Wucht und teilweise unerwartet wieder ein.
Enorme Kostenentwicklung im Düngemittelmarkt
Normalerweise rechnet die Industrie, vor allem im Bereich Dünger, im 4. Quartal durch den regulären Rückgang der Nachfrage aus der Landwirtschaft mit einem Kostenrückgang und kalkuliert diesen in die Preisgestaltung für das neue Jahr ein. Dieser Effekt ist, bedingt durch die angespannte Situation auf den hochvolatilen internationalen Märkten, dieses Mal nicht eingetreten. So sind beispielweise die Preise für Harnstoff gegenüber 2020 um das Vierfache angestiegen. Hauptursache für die hohen Preise für Düngemittel ist der außergewöhnliche Preisanstieg von Erdgas. Dieses ist bei der Herstellung von Ammoniak und Stickstoffdüngemitteln als Rohstoff und Energiequelle von entscheidender Bedeutung. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) übersprang Ende 2021 der Preis für den Erdgasbezug im Jahr 2022 die Marke von 100 Euro/MWh und erreichte ein Niveau von fast 140 Euro/MWh. Nationen mit großem Anteil am Weltmarkt wie Russland, China, die Ukraine oder die Türkei haben zudem ihre Exporte eingeschränkt – bei einer gleichzeitig ansteigenden, globalen Nachfrage. Darüber hinaus führen auch politische Krisen zu einer massiven Preissteigerung zum Beispiel bei Kalidünger. Eine Stabilisierung der Situation ist nicht abzusehen. Hinzu kommt, dass die hohen Energiepreise die Unternehmen auch bei der eigenen Produktion belasten. Zudem sind die Transportkosten, sowohl auf dem Seeweg als auch auf der Straße, zuletzt stark explodiert, was sich gerade bei großvolumigen Produkten deutlich auf die Gesamtkosten niederschlägt. Die gesamte Entwicklung trifft die Hersteller von Düngern und damit auch die Hersteller von Blumenerden und Substraten, da diese mit Dünger angereichert werden. Diese Gemengelage stellt auch eine erhebliche Gefahr für die angestrebte Torfminderung dar, denn Torfersatzprodukte und deren Ausgangsstoffe wie Holzfasern, Rinden oder Cocos verteuern und verknappen sich weiter.
Gerätehersteller leiden unter Materialmangel
Der Materialmangel in der deutschen Industrie hat sich laut ifo Institut im Dezember nochmals verschärft. 81,9 Prozent der Firmen klagten über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. Betroffen davon sind auch die Hersteller von Gartengeräten. Die globalen Lieferketten sind aufgrund der Corona-Pandemie stark unter Druck geraten und die Lage hat sich bisher nicht entspannt. Im Gegenteil. Laut des Schweizer Logistikers Kühne + Nagel lagen Mitte Januar 612 Containerschiffe vor den großen Häfen der Welt fest. Erhebliche Abfertigungsschwierigkeiten gibt es derzeit insbesondere in den USA. Diese führen dazu, dass die Container auf See gebunden sind und zum Transport nach Europa fehlen, was wiederum die nationalen Lieferketten unter Druck setzt. Aufgrund dieses Mangels ist gegenwärtig ein drastischer Preisaufschlag bei den Transportkosten zu beobachten, der weltweit eine Verteuerung der Güter zur Folge hat. Laut Destatis ist unter anderem eine extreme Preisentwicklung im Bereich der interkontinentalen Seefracht zu beobachten – Eingangsseefrachten aus Asien haben sich von September 2020 bis September 2021 um 550 Prozent verteuert. Ein weiteres Problem stellt Chinas strikte Null-Covid-Strategie dar. Coronabedingte Produktionsstopps und die Schließung wichtiger Häfen führen zu starken Verzögerungen entlang der gesamten Lieferkette. Die Unternehmen müssen teils Wochen oder Monate auf bestellte Materialien warten.
Angespannte Lage zwingt Unternehmen zu Preisanpassungen
Viele Unternehmen haben in den vergangenen Monaten ihre Lieferketten an die herausfordernde Situation angepasst. Dort, wo zugekaufte Rohmaterialien fehlen, bemühen sich die Hersteller, technische Alternativen und neue Lieferanten zu finden und setzen ihre Anstrengungen fort, die Produktion auf hohem Niveau zu halten. Nichtsdestotrotz bleibt die Lage angespannt. „Viele unserer Mitgliedsunternehmen haben in den vergangenen Monaten alles Mögliche unternommen, um lieferfähig zu bleiben und den gewohnten Service zu gewährleisten“, sagt Anna Hackstein, Geschäftsführerin beim Industrieverband Garten (IVG) e.V. „Doch die Entwicklung der letzten Monate und die ausbleibende Entspannung auf dem Weltmarkt, die voraussichtlich bis ins Frühjahr hineinreichen wird, zwingt die Unternehmen dazu, erneut Preisanpassungen vorzunehmen, um weiterhin wirtschaftlich produzieren und die Versorgungslage sicherstellen zu können.“