Der Schaden durch Inventurdifferenzen im deutschen Einzelhandel ist im vergangenen Jahr weiter gestiegen. „4,4 Milliarden Euro entgingen 2019 dem Handel durch Diebstähle und organisationsbedingte Verluste – das sind rund 5 Prozent mehr als im Vorjahr“, kommentiert Frank Horst, Sicherheitsexperte des EHI Retail Institute, die Ergebnisse der aktuellen Studie „Inventurdifferenzen im deutschen Handel 2020“. „Rein statistisch gesehen wird durch jede Person in Deutschland ein Warenwert von knapp 30 Euro pro Jahr gestohlen.“
Hinter den hohen Zahlen steckt vor allem eins: Diebstahl. Von den 4,4 Mrd. Euro Inventurverlusten (branchengewichtete Hochrechnung für den gesamten deutschen Einzelhandel) entstehen 3,75 Mrd. Euro durch Entwendung. Waren im Wert von 2,44 Mrd. Euro werden durch Kundinnen und Kunden gestohlen, Waren für 950 Mrd. Euro werden von eigenen Mitarbeitenden entwendet, und 360 Mio. Euro Verlust gehen auf Diebstähle durch Lieferanten und Servicekräfte zurück. 660 Mio. Euro Schaden entstehen durch organisatorische Mängel, beispielsweise durch falsche Preisauszeichnung. Dem Staat entsteht mit dem Diebstahl ein Schaden von 510 Mio. Euro im Jahr durch die Mehrwertsteuer-Ausfälle.
Dem Einzelhandel schwächen die Inventurdifferenzen erheblich die Rendite. Setzt man die entgangenen Verkaufspreise in Bezug zum Bruttoumsatz, entsprechen sie in branchengewichteter Hochrechnung einem Wert von rund 1 Prozent des Umsatzes. Zusammen mit den Ausgaben für Diebstahlprävention und Sicherungsmaßnahmen entgeht dem Handel so rund 1,32 Prozent seines Umsatzes.
Auch wenn das Thema Diebstahl ein Dauerbrenner ist: 2019 sind die angezeigten Ladendiebstähle laut polizeilicher Kriminalstatistik um 3,9 Prozent auf insgesamt 325.786 Fälle zurückgegangen. Während die Zahl der einfachen Ladendiebstähle seit 1997 nahezu kontinuierlich gesunken ist, haben sich schwere Ladendiebstähle in den letzten dreizehn Jahren nahezu verdreifacht. Durch die hohe Dunkelziffer von über 98 Prozent besitzt die Statistik nur eine eingeschränkte Aussagefähigkeit.