Gartenhandel ,
Der Gartenhandel kann das Thema Wohnen offensiv aufgreifen. 

Garden Trends Report 

Die neuen Gärtner kommen

Krise? War da was? Das Gegenteil ist der Fall, jedenfalls in der grünen Branche: Das ist die Botschaft des Garden Trends Report 2022. Seit einigen Jahren bereits legt die US-amerikanische Garden Media Group jährlich einen solchen Report vor. Für das Jahr 2022, dem Jahr drei der Pandemie, fällt er… besonders optimistisch aus.

„From crisis to innovation“ lautet das Motto, unter das die Autoren ihre Bestandsaufnahme und Trendprognose gestellt haben, und gleich zu Beginn geben sie den optimistischen Ton vor für alles, was folgt: „Wir befinden uns in einem Wirtschaftsboom.“ Auch wenn sie die meisten ihrer Aussagen mit US-amerikanischen Wirtschaftsdaten untermauern – so zum Beispiel, dass die National Retail Federation (NRF) ein Wachstum des Einzelhandels um 10,5 Prozent voraussagt –, bestätigen sich die Trends auch auf dieser Seite des Atlantiks und lässt sich vieles auf Europa und Deutschland übertragen, vielleicht sogar die Prognose: „2022 könnte das stärkste Jahr seit 1984 werden.“

Diese Annahme ist nur logisch, wenn man das Jahr 2021 so interpretiert, wie es der Garden Trend Report tut: Es war „the great reset“, „der große Neustart“. Aus „vorsichtigen Planern“ seien Menschen geworden, die nach dem Yolo-Prinzip handeln: „you only live once“ („du lebst nur einmal“).

Gartentrends, Usambaraveilchen
Es ist wieder da, war aber natürlich nie weg:  Das Usambaraveilchen wird jetzt auch von den  jungen Leuten geliebt. 

Und was heißt das jetzt für den Garten? Genauer gesagt: für die Kunden, die Hersteller und die Händler auf dem Gartenmarkt? Die Autoren des Reports raten den Gartenprofis, Plattformen wie Etsy im Blick zu behalten, wo Kreative sich neu erfinden, und natürlich auch Instagram, wo man sieht, wie diese Zielgruppen leben und wohnen.

Dass diese Menschen ihr Heil nicht nur im Internet suchen, auch das hält der Report fest: Die Hälfte der Kunden aus der Generation Z (53 Prozent) und der Millennials (49 Prozent) nehmen sich vor, weniger bei Amazon zu bestellen, und alle haben Schuldgefühle, wenn sie es tun. Angebote für das Einkaufen bei den Locals, den Geschäften in der Nähe, das den Verbrauchern das Gefühl gibt, dass ihr Geld dort bleibt, wo auch sie leben, könnten deshalb vielversprechende Konzepte sein – zum Beispiel Pflanzenshops um die Ecke.

Ausführlich geht der Report darauf ein, in welche Zonen die Verbraucher ihr Zuhause einteilen und wie sie diese Zonen gestalten – auch mit Pflanzen. Wie die Fassade vom Gehsteig aus gesehen wird, wie der Eingangsbereich gestaltet ist, das sei in den Social-Media-Kanälen wichtig wie nie. Folglich seien Kübelpflanzen gefragt, die gut aussehen und leicht zu pflegen sind.

grünes Wohnen, Gartenhandel
Auch Gartencenter können zeigen,  wie sich grünes Wohnen umsetzen lässt. 

Im Kinderbereich sind Trampoline oder Spielhäuser angesagt – zusammen mit Bäumen und Sträuchern, deren dichtes Laub abschirmt und Schatten spendet. Dann ist da die Work-from-home-Zone. Wer sie beispielsweise auch auf der Terrasse einrichten kann, achtet auf Zäune und Pergolen und eine dichte Bepflanzung, um eine Umgebung für möglichst ungestörtes Arbeiten zu schaffen. In der Freizeit-Zone werden üppige Pflanzen, Blumenampeln und exotische Pflanzen empfohlen, die ein Staycation-Feeling erzeugen.

Weiterhin anhaltendes Wachstum erwartet der Garden Trends Report für Zimmerpflanzen, beispielsweise für das Homeoffice. Der Retro-Trend bestimmt auch die Pflanzenwahl. „Die Leute schauen nostalgisch auf die 70er“, hält der Report fest. „Sie lieben Efeu, Ficus, Grünlilie, Usambaraveilchen und Farne – jede Menge Farne.“

Was die Branche dabei aber beachten muss: Viele dieser Kunden sind Garten-Anfänger. Nach Ansicht der Studienautoren kommt es nun also darauf an, diese Gelegenheitsgärtner, die sich in der Pandemie etwas Gutes tun wollten, zu „lifetime gardeners“ zu machen. „Diese Menschen haben 2021 mit dem großen Neuanfang zugebracht. Und wie bei jedem anderen Neuanfang auch werden Sie mit Basiswissen beginnen müssen“, raten sie der Branche. Das Potenzial ist jedenfalls beachtlich: In den USA geht es um 18,3 Millionen Neu-Gärtner – und laut McKinsey wollen drei Vier tel von ihnen auch nach der Pandemie bei ihrem neuen Hobby bleiben.

Die spannende Frage ist natürlich: Was für Produkte wollen sie dort kaufen? Natürlich zunächst einmal Einsteigerprodukte und Basics, „Zubehör, das das Rätselraten überflüssig macht“, wie es im Report heißt, also zum Beispiel Hochbeete, die schick aussehen und gleichzeitig die Bewässerung übernehmen. Beim Pflanzensortiment bestätigt der Report den Trend zu Obst und Gemüse, sieht Wachstum aber auch bei Zierpflanzen. In jedem Fall aber werden Öko- und Naturprodukte nachgefragt.

Mit anderen Worten: Auch bei Pflanzen geht es um das perfekte und gleichzeitig einfach zu handhabende Produkt, das am besten gleich im Komplett-Kit geliefert wird, also zum Beispiel als Grow-

your-own-Paket mit Erde, Kübel, Pflanzen, Stützen und Dünger. Dabei erwarten diese Kunden neuen Typs gar nicht die Riesen-Auswahl, sondern schöne Produkte und Qualität. „Wir sind den ganzen Tag von unseren Sachen umgeben – wir haben keine Geduld für schlechte Qualität“, wird diese Haltung auf den Punkt gebracht.

Scheurich
Willkommen im modernen Cozy Cottage: So inszeniert beispielsweise Scheurich den Urban Jungle.
Zimmerpflanzen
Auch Zimmerpflanzen tragen Retro-Look: Ob extravagante Sukkulenten, mehrfarbiger Bogenhanf oder opulentes Fensterblatt – Grünpflanzenhits von früher liegen wieder im Trend. (Quelle: Foto: GMH/PRE)
Farne
„Jede Menge Farne“: Mit dem Blick auf die 70er Jahre bleibt auch diese Pflanze beliebt.  (Quelle: Foto: Scheurich)

Vögel und Naturgarten sind weitere Themen, denen der Garden Trend Report eine aus Sicht der Verbraucher wachsende Bedeutung zumisst – auch das Trends, die man in Europa ebenfalls beobachtet und bereits bedient.

Besondere Beachtung schenkt der Report dem Bereich Schnittblumen – schließlich seien Blumen die neue Umarmung. In den USA beispielsweise ist der Umsatz gegenüber 2020, als er 6,5 Mrd. USD (5,5 Mrd. Euro) erreicht hatte, um 9,8 Prozent gestiegen. Die Hälfte davon entfiel allerdings auf den Lebensmitteleinzelhandel. Wie auch immer: Blumen bleiben in, Blumenmuster finden sich sowohl auf Kleidern als auch auf Tapeten wieder.

Übrigens denken die Autoren des Garden Trends Report dabei nicht nur an den Verkauf von Sträußen in Blumenläden oder den Floristik-Abteilungen von Gartencentern. Sie ermutigen den Handel dazu, das Thema breiter anzugehen: Gemeinschaftsgärten unterstützen, Workshops zum Sträuße-

Binden oder über essbare Blüten anbieten, lokal erzeugte Ware in den Vordergrund stellen. Und warum nicht eine Guerilla-Pflanz-Party anzetteln?

Grün, so viel steht für die Garden Media Group fest, ist die Farbe der Erneuerung und des Neuaufbruchs, der nun ansteht. Natur ist angesagt, auch in der Mode mit floralen Designs. In seinem Optimismus ist der Garden Trends Report eindeutig: Für die Gartenbranche sind das sehr gute Aussichten.

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