Normalerweise sind Gesellschafterversammlungen von Kooperationen in den Sommermonaten journalistisch eher Pflichtveranstaltungen. Der Neuigkeitswert ist eher gering. Normalerweise, wie gesagt. Die Gesellschafterversammlung der Eurobaustoff in Wien überraschte durch offene Diskussionen darüber, wie weit die Solidarität der Gesellschafter untereinander gehe. In einigen Wortbeiträgen (Wolf, Bechtold, Riedel, große Beilage., siehe Bericht in diesem Heft) wurden deutlich kritische Bemerkungen in Richtung Gesellschafter und Zentrale gerichtet. In Wien kam beileibe keine Walzerseligkeit auf. Wächst da wirklich zusammen, was zusammen gehört? Die Vorbehalte zahlreicher ehemaliger Interbaustoffler gegenüber allem, was auch nur den Namen „I&M“ trägt, bestehen immer noch und sind offensichtlich größer, als bisher nach außen deutlich wurde. Wenn von diesen beispielsweise die „I&M-Zentrallager“ u. a. auch deshalb nicht akzeptiert werden, nur weil sie diesen alten, durch so manches Feindbild aufgeladenen Namen tragen, dann müssen im Jahr Zwei der neu gegründeten Kooperation bei allen Verantwortungsträgern die Alarmsirenen schrillen. Da kann Ulrich Wolf noch so sehr bei steigenden Zentrallager-Umsätzen mit zu erwartenden Bonussteigerungen locken: Ob in drei Jahren wirklich 95 Prozent aller Eurobaustoff-Gesellschafter Mitglied der Zentrallager sind, das steht doch noch sehr in den Sternen. Überhaupt „Zentrallager“: Bisher waren diese neben den Autobahnen zusammen mit den darauf rollenden LKWs ein schöner Werbeträger für das Unternehmen. Doch leider stand da ja zum Leidwesen der Alt-Interbaustoffler überall „I&M“ drauf. Immerhin wurden beim Endverbraucher damit die I&M Baufachmärkte werbemäßig unterstützt. Jetzt soll alles anders werden. Eurobaustoff soll da drauf, wo (noch) gar kein Eurobaustoff drinnen ist. Was soll ein potenzieller Kunde aber mit einem Laster anfangen, der vor ihm fährt und auf dem „Eurobaustoff“ drauf steht? Wo findet er Logo und Schriftzug im Markt, in den Beilagen etc. wieder? In dieser Frage ist die Eurobaustoff vielleicht doch etwas zu kurz gesprungen. In der Branche gilt die Eurobaustoff bisher als schlafender Riese: viel Potenzial, wenig System, eher Bonusadditionsverein als selbstbewusster Marktteilnehmer. Das kann schnell anders werden, wenn die Bad Nauheimer und Karlsruher mitsamt ihren Gesellschaftern endlich einmal einen mutigen Schritt nach vorne tun. In Richtung Systematik, Kooperationstreue, geschlossener Außenauftritt, internationale Beschaffung etc. Das kann schneller gehen, als so manchem Wettbewerber lieb ist.
Dr. Joachim Bengelsdorf
Dr. Joachim Bengelsdorf