So viele Deutschlandfahnen und -fähnchen hat kein Baumarkbetreiber ordern können, wie in den vergangenen Wochen nachgefragt wurden. Gut, nach ersten Umfragen wurde beileibe nicht so viel in deutschen Vorgärten gegrillt wie erwartet (so dass auch die Nachfrage nach neuen Grills nicht merklich nach oben schnellte) und während der WM-Euphorie stand Heimwerken und Gartenarbeit auch nicht gerade im Mittelpunkt des Freizeitinteresses in Deutschland. Die nationale Freude wurde konsummäßig eher passiv umgesetzt, sprich man ging in Biergärten und genoss „public viewing“, man ließ sich unterhalten.
Und dennoch: Die Stimmung im Lande hat vor allen Dingen viele Deutsche, mich eingeschlossen, selbst überrascht. Deutschland einig Party-Land, Schwarz-Rot-Gold nicht als Bedrohungszeichen, sondern als karnevalistische Schminkfarben mit hohem Unterhaltungswert.
Ach, könnten wir doch von dieser Stimmung einmal etwas in unsere DIY-Branche rüber retten. Hinweg mit den Leisetretern und schmallippigen Miesepetern, den ewigen Preisdrückern und Rabattexperten, den Renditesuchern und knickrigen Kostensenkern.
Willkommen dagegen die mutigen Visionäre und Ideenspinner, die Anpacker und begeisterungsfähigen Verkäufer, die mutigen Einkäufer und Neuheitenverrückten. Die Stimmung, auch diese gewisse Spur Selbstverliebtheit, die zur WM herrscht, kann auch in der Bau- und Heimwerkerbrache, kann bei den Gartencentern nicht schädlich sein. Ideologisch verbohrte Schmalspurmanager und am Chefstuhl fest getackerte Besitzstandwahrer haben wir viel zu viel. Was wir brauchen, sind die unorthodoxen Führungspersönlichkeiten, die durch ehrlich und überzeugend selbst gelebte Begeisterung für ihr Produkt und ihr Unternehmen zuerst ihre Mitarbeiter neu motivieren und dann letztendlich auch den Kunden ganz neu ansprechen und „verführen“. Dann sind wir wirklich ein Land voller Weltmeister, auch Konsum-Weltmeister.
Dr. Joachim Bengelsdorf
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