In diesem Heft haben wir, quasi aus aktuellen Anlass, das Sonderthema "Nachhaltigkeit" eingebaut. Ich gebe zu, dass ich vergangenes Jahr skeptisch nach Berlin zum Internationalen Baumarktkongress des BHB gefahren bin, weil ich mir im Vorfeld der Veranstaltung so gar keinen Zugang zum Kongressthema "Nachhaltigkeit" erarbeiten konnte. Vielleicht war ich zu sehr auf den Handel fixiert, denn dort spielte dieses Thema nur eine geringe Rolle. Auf meine Nachfragen nach der Relevanz von "Nachhaltigkeit" im DIY-Handel erhielt ich oft nur ein Schulterzucken. Diese, nennen wir es einmal Ignoranz des Handels, hat sich auch nach dem Kongress nur wenig gewandelt. Ich habe allerdings umgedacht und "Nachhaltigkeit im Baumarkt" für mich entdeckt. So auch wie die vielen Lieferanten und Dienstleister, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Während so manches Handelsunternehmen eher mit Allgemeinplätzen daher kommt, wenn es um Nachhaltigkeit geht, erstaunt es, mit wie großer Intensität, mit wie viel Ausdauer, mit welcher Kärrnerarbeit viele Lieferanten, gleich ob Hard- , Soft-DIY oder Garten, sich damit befassen. So mancher Händler subsumiert unter "Nachhaltigkeit" wohl nur Teilaspekte dessen, was diesen Begriff tatsächlich ausmacht. Ja, ökologische Nachhaltigkeit ist wichtig. Die Natur den Nachkommen möglichst so zu überlassen, dass unsere Erben diese auch noch nutzen können (u. a. Arten- und Klimaschutz etc.), das ist auch Nachhaltigkeit, aber eben nicht alles. Hier kommt die ökonomische Nachhaltigkeit ins Spiel, dass man also so wirtschaftet, dass dauerhaft der Wohlstand gesichert werden kann (u. a. Vermeidung der Ausbeutung von Ressourcen). Und schließlich gibt es noch die soziale Nachhaltigkeit. Sie soll eine zukunftsfähige, lebenswerte Gesellschaft ermöglichen, an der möglichst alle partizipieren. Wie gehen wir mit den Einwohnern anderer Länder um, zahlen wir gerechte Löhne, sind wir fair auch unseren eigenen Mitarbeitern gegenüber, bieten wir ihnen Chancen, fördern wir sie ausreichend? Dies sind die drei Standbeine, auf denen Nachhaltigkeit beruht. Fehlt eines, so kann der Begriff nicht stehen und fällt um. Wer glaubt, ein bisschen ökologischer Einsatz da, etwas nachhaltige Firmenphilosophie dort, ein wenig höhere Löhne für Arbeitnehmer in Indien oder das Unterschreiten von europäischen Produktionsrichtlinien bei uns würden allein ausreichen, um glaubhaft nachhaltig zu agieren, der täuscht sich. Der Kunde wird dies merken - und früher oder später diese halbherzigen Unternehmen abstrafen. Zu Recht.
Dr. Joachim Bengelsdorf