Obi-Marketplace

Kuratierte Partnerschaft

Michael Maihaus, Vice President Product Partnering, will noch deutlich mehr externe Händler auf den Obi-Marktplatz holen.(Quelle: Obi)
Michael Maihaus, Vice President Product Partnering, will noch deutlich mehr externe Händler auf den Obi-Marktplatz holen.
20.06.2024
Obi hat jetzt seinen Onlineshop um einen Marktplatz erweitert. Warum tut ein Baumarktunternehmen das? Jedenfalls nicht, um die Unendlichkeit zu listen, sondern um das beste Angebot für die Kunden zu machen, sagt VP Michael Maihaus.

Als zweiter deutscher Baumarktbetreiber hat Obi Ende Februar einen eigenen Online-Marktplatz im Rahmen des Shops auf obi.de eröffnet. Seit Oktober ist Hornbach, die Nummer drei im deutschen Branchenranking, in diesem Geschäftsfeld tätig. Bauhaus hat ein Engagement als Marktplatzbetreiber angekündigt, ist damit aber noch nicht live gegangen.

Aber was ist so reizvoll an diesem Geschäftsmodell, mit dem man sich doch eigentlich die Konkurrenz ins Haus holt? Warum macht man das als Baumarktbetreiber? Stellt man Michael Maihaus, der als Vice President Product Partnering bei Obi für den neuen Marktplatz zuständig ist, diese Frage, wird er zunächst grundsätzlich: Es sei Teil der Strategie, den Kunden ein noch breiteres und tieferes Produktangebot zu bieten, welches das aktuelle Retail-Sortiment ergänzt, und hierfür mit neuen Partnern zusammenzuarbeiten.

Und es sei überhaupt Teil des Partner-Gedankens bei Obi; er nennt die Franchisepartner, die Lieferanten, die als Partner gesehen werden, die Verzahnung des stationären Handels im Omnichannel-Konzept und das bei Obi so genannte Solution Partnering, also die Planung und Umsetzung kompletter Projekte durch externe Anbieter – Partner eben. Es gehe um die – in der Baumarktbranche seit einiger Zeit häufig genannte – „Befähigung des Kunden und darum, ihm die besten Angebote mit den besten Partnern zur Verfügung zu stellen“. Auf Produktebene kommt da nun eben der Marketplace hinzu, der das Sortiment erweitert um die potenziell passenderen Produkte. Aus Kundensicht gesehen: „Es gibt so viele unterschiedliche Kundenbedarfe und -geschmäcker, dass – auch wenn wir heute schon über 200.000 Artikel stationär und online anbieten – wir bei weitem noch nicht alles abdecken, was es an relevantem Heim- und Gartensortiment gibt.“

Es geht um die Befähigung des Kunden
Michael Maihaus, Vice President Product Partnering bei Obi

Auf diese Weise will Obi einen der Vorteile für sich gewinnen, mit dem der Onlinehandel punkten will, seit es ihn gibt: den sogenannten Long Tail, also die Verlängerung des Regals mit Artikeln, die stationär nicht vorgehalten werden, etwa weil sie zu selten nachgefragt oder in der Logistik zu umständlich sind. Beispiele dafür wären Gartenmöbel, Gartenhäuser oder Badefässer, deren Nachfrage aktuell enorm steigt. So gewinnt der Marktplatzbetreiber einerseits schneller Einblicke in Trends und kann andererseits Produkte schneller anbieten, ohne selbst ins Risiko gehen zu müssen.

Gartenhäuser sind ein typisches Marktplatz-Produkt.
Gartenhäuser sind ein typisches Marktplatz-Produkt. (Quelle: Obi)

Allerdings: Ziel sei es ausdrücklich nicht, „die Unendlichkeit zu listen“. Deshalb lautet die Zauberformel auch bei Obi: kuratiertes Sortiment. Zuständig dafür ist ein mehrköpfiges Team von – klar – Partner-Managern, die die Aspiranten aus dem großen Kreis potenzieller Seller unter die Lupe nehmen. Aktuell sind 40 externe Händler mit mehr als 25.000 Artikeln auf obi.de unterwegs, aber das Ziel ist, dass es „deutlich, deutlich mehr“ werden, sagt Maihaus.

Will Obi sich mit den europäischen Wettbewerbern vergleichen, ist das auch nötig. Beim britischen Kingfisher-Konzern etwa, der zweitgrößten Baumarktgruppe Europas, sind bereits 400 externe Verkäufer auf der erst vor noch nicht einmal zwei Jahren geöffneten Plattform diy.com unterwegs und bieten dort 340.000 Produkte an. Der Marketplace-Umsatz macht bereits ein Drittel des E-Commerce-Volumens von Kingfisher aus. Bei der französischen Gruppe Adeo, europäischer Marktführer und Mutter von Leroy Merlin, sind es nach einem Jahr bereits rund 640 Seller, wie diy bereits berichtet hat.

Eine konkrete Benchmark für Obi etwa auch in Bezug auf den Gross Merchandise Value, also den Außenumsatz der Partner mit den Obi-Kunden, will der Marktplatz-Chef zwar nicht nennen. Aber er spricht von einem ambitionierten Business Case mit einer „signifikanten Relevanz für Obi“ und nennt den Marktplatz einen Teil der Wachstumssäulen für die kommenden Jahre. Bezugsgröße dabei ist der deutsche Markt – auf dem Obi einen Umsatz von zuletzt rund 4,2 Mrd. Euro erzielt hat –, denn vorerst ist der Marktplatz nur auf der deutschen Obi-Seite freigeschaltet

Gleichzeitig betont Maihaus, dass es nicht nur um die Zahlen geht, sondern letztlich darum, mit den neuen Martkplatz-Partnern gemeinsam die Sortimentskompetenz von Obi zu steigern. Das Ziel: Das Angebot für die Kunden noch besser zu machen. Andererseits geht Obi wie jeder Marktplatzbetreiber ein gewisses Risiko ein, dass seine Markenwahrnehmung Schaden nehmen könnte: Ein unzufriedener Kunde wird es aus seiner Sicht Obi anlasten, wenn beim Kauf oder mit dem Produkt aus seiner Sicht etwas nicht in Ordnung ist.

Deshalb prüft Maihaus mit seinem Kuratoren-Team unter anderem, dass die Seller, nachdem sie sich erst einmal unter partner.obi.de mit ihren Basisinformationen vorgestellt haben, eine Reihe von Servicelevel-Agreements erfüllen. Das Geschäft muss in Deutschland abgewickelt werden, es muss also eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vorliegen; es ist festgelegt, wie schnell die Seller auf Kundenanfragen reagieren müssen; die Produkte müssen aus einem europäischen Lager verschickt werden; und die Kundenkommunikation muss auf Deutsch ablaufen.

Nicht nur Händler, sondern auch Hersteller wie beispielsweise der Schweißgeräteanbieter Stahlwerk nutzen den Marktplatz.
Nicht nur Händler, sondern auch Hersteller wie beispielsweise der Schweißgeräteanbieter Stahlwerk nutzen den Marktplatz. (Quelle: Obi)

Dabei handelt es sich sowohl um reine Händler als auch Hersteller, die mit ihren Produkten auf dem Marktplatz aktiv sind. Sind ihre Produkte im Marktplatz eingestellt, stehen sie zunächst ausschließlich für den Versand zum Kunden zur Verfügung; die Abholung im Markt etwa per Click & Collect ist (noch) nicht möglich. Allerdings können sich Kunden im Markt, online oder über die Plattform „Hey Obi“ beraten lassen.

Dass für das Ziel, die Expertise und Kompetenz unter dem Dach von Obi weiter zu steigern, genügend Seller gefunden werden können, davon ist man bei Obi nach den ersten Erfahrungen überzeugt. „Es gibt extrem viele hochgradig professionell aufgestellte Händler“, berichtet Maihaus aus der Partner-Akquise. „Wir stellen fest: Wow, die wissen ganz genau, was sie wollen, und sind sehr klar in ihrem Sortiment.“ Für Obi sei dies ein wichtiger Faktor, den es zu nutzen gelte, um den Kunden das beste Produktangebot zu bieten: die Expertise der Partner.

Zur Startseite
Mehr zum Thema
Das neue Abo: Print – Digital – Online
Jetzt gratis testen
diy Fachmagazin für die Baumarkt- und Gartenbranche
Lesen Sie auch